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Wo die coolen Kerle wohnen

Wo die coolen Kerle wohnen

Titel: Wo die coolen Kerle wohnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Friedmann
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und führte eine Wochenendehe. Ich arbeitete in Stuttgart und lebte dort unter der Woche als Single, während meine Familie in einem Dorf in der Nähe von Ulm wohnte.
    Meine Frau hat mir mein vermeintlich freies Leben und meinen beruflichen Erfolg in der Stadt immer geneidet, dabei habe ich mich da bloß abgearbeitet. Sie wollte unbedingt ganz für die Familie da sein und nicht arbeiten gehen und hat dann mit aller Macht durchgesetzt, dass wir noch ein drittes Kind bekommen. Ich wollte das nicht, ich habe sie beschworen: Wir sind nicht mehr jung, die Risiken steigen auch fürs Kind, wir haben zwei wunderbare gesunde Kinder, wir wollen es dabei bewenden lassen! Aber es ging dann so weit, dass sie drohte: ›Entweder von dir, oder ich lass mir von einem anderen ein drittes Kind machen.‹
    So bekamen wir unseren Jüngsten. Felix wurde zu früh geboren. Er hat eine schwere Behinderung, eine autistische Störung, so dass er rund um die Uhr betreut werden muss.
    »Ein Therapeut diagnostizierte Burn-out.«
    Ich war damals als Führungskraft komplett auf Leistung getrimmt und hatte große Schwierigkeiten, dieses Kind anzunehmen. Im Jahr 2008 war ich dann schließlich komplett aufgerieben auf allen Ebenen meines Lebens, und ein Therapeut diagnostizierte Burn-out.
    Ich konnte glücklicherweise aus dem Job aussteigen. Damit kam allerdings der große finanzielle Einbruch, und genau in dieser Situation hat meine Frau mich verlassen. Eine unglaubliche Niederlage. Allein der Imageverlust. Stellen Sie sich vor: Da war vorher der angesehene, supererfolgreiche Unternehmer. Es gab ein großes Haus, zwei große Autos standen davor – und dann auf einmal gar nichts mehr …
    Wenn Sie mich fragen, ob ich meiner Exfrau etwas vorwerfe – schwer zu sagen. Oder doch. Sie war schon sehr fordernd und kompromisslos. Sie hat immer nur geschaut, was für sie wichtig war, und nie gefragt: ›Wo könnte ich mal zurückstecken?‹ Sie hatte die Haltung, Frauen sind grundsätzlich das bessere Geschlecht, weil multitaskingfähig und einfach intelligenter. Männer haben gemäß diesem Klischee eigentlich keine Funktion, höchstens als Väter und Versorger.
    Ich muss zugeben, dass ich bis Ende vierzig garnicht wusste, wie mein eigener Standpunkt überhaupt aussah. Aussehen könnte. Nicht nur in der Beziehung zu meiner Frau, sondern überhaupt – wer ich war, und meine innere Haltung zur Welt.Ich fühlte mich meiner Frau und ihrer Biologie ausgeliefert, weil ich noch auf der Suche war.
    Ich musste eine eigenständige Sicht der Welt erst noch entwickeln; grundsätzlich war ich noch immer stark von meiner Herkunftsfamilie bestimmt. Sehr katholisch-konservativ und konventionell. Es hat lange, lange gebraucht, bis ich diese Normen beiseiteschieben konnte.
    Heute kann ich auch offen über meinen Sohn sprechen, denn ich habe mein Prestigedenken abgelegt, Gott sei Dank. Jetzt freue ich mich an meinem Jüngsten, dem Felix. Ich liebe ihn und habe gemerkt: So ein behindertes Kind macht einem auch klar, was wichtig ist im Leben, das vertieft viele Themen.«
    Johannes
    Johannes schüttelt den Kopf, wenn er zurückdenkt. Er ist jetzt 54 und erinnert sich an seine größte Lebenskrise mit 43. Einige Jahre zuvor hatte er eine Fernbeziehung begonnen: Mannheim-Hannover. »Für mich war das in Ordnung. Ich fühlte mich als ständig Reisender, als Nomade. Wenn ich mit Evelyn zusammen war, war es schön, ich fand sie körperlich sehr attraktiv, aber dann bin ich wieder weggefahren, und das war auch gut. Ich wollte einfach kommen und gehen, wie es mir passt.
    Ich hatte keinerlei Vorstellung, kein Bewusstsein davon, was eine Beziehung überhaupt sein könnte. Ich hab einfach mein Ding gemacht, mir geholt, worauf ich Lust hatte, und konsumiert. Es war eine Art Beziehungs-Blindheit. Null Sensorium in dem Bereich. Regelrecht unterentwickelt. So sehr, dass ich nicht einmal unter meinem Mangel an Beziehungsfähigkeit litt.
    Aber dann wurde Evelyn schwanger, und ich geriet in die Krise. Ein Gefühl von totaler Orientierungslosigkeit. Als das Kind da war, fuhr ich alle zwei Wochen nach Hannover, zugleich hatte ich ständig ein schlechtes Gewissen, weil ich als Vater nicht wirklich präsent war. Ich kam von der Frau nicht los. Das ging jahrelang so unentschieden weiter: Ich war nicht da, aber auch nicht weg. Ich war ein ›Wischiwaschi‹. Der Höhepunkt dieser Phase war mit 43 erreicht.
    Aber dann hab ich den Absprung geschafft, weil ich plötzlich ein berufliches Thema hatte,

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