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Wo die coolen Kerle wohnen

Wo die coolen Kerle wohnen

Titel: Wo die coolen Kerle wohnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Friedmann
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groß, übergewichtig und glatzköpfig. Sie wollen sich anlehnen. Haben mir aber gar nichts zu bieten – außer ihrer Jugend. Sie wollen von mir, von meiner Lebenserfahrung profitieren, mich anzapfen, statt selbst ihre eigenen Erfahrungen zu machen. Sie wollen etwas von meiner inneren Sicherheit abkriegen, und auch von der finanziellen, die ich mir in langwierigen, auch mühsamen Prozessen erworben habe. Das interessiert mich nicht. Ich habe lange genug für meine wesentlich jüngere Exfrau den Programmmacher-Papa gespielt. Sicherlich habe ich sie durch diese Rollenverteilung auch an ihrer eigenen Entwicklung gehindert. Aber als ich mich mit Mitte vierzig in meiner Midlife-Crisis noch mal eklatant weiterentwickelt habe, hat sie nicht mitgezogen. Sie wollte nicht wachsen, sie wollte ›die Kleine‹ bleiben. Dass sie nicht aufholte, hat letztlich zur Trennung geführt. Heute bin ich ›Papa‹ nur noch für meine Töchter.«
    Martin ist 47, und seit er über vierzig ist, kann er sich nicht mehr vorstellen, mit einer gleich alten Frau zusammen zu sein. »Für mich kommt ganz klar nur eine junge Frau in Betracht. In eine ältere verliebe ich mich einfach nicht. Graue Haare, Falten, Hängebusen, das finde ich nicht anziehend. Nichts zu machen.« Auf den Einwand, dass er mit seiner Glatze, dem Bauchansatz und den Männerbrüsten auch nicht mehr taufrisch wirkt, antwortet er selbstbewusst: »Junge Frauen sagen mir oft, dass von mir etwas Beruhigendes ausgeht. Ich bin einfühlsam und kann gut zuhören. Ich bin auch groß, und gerade die zierlichen, hübschen jungen Frauen, die mir gefallen, finden mich nicht dick, sondern stattlich.« Und was macht Martin, wenn er sich in eine 30-Jährige verliebt, mit der er zusammenbleiben möchte? Dürfte diese junge Frau dann an seiner Seite älter werden? Das sei ihm erst einmal im Leben passiert, meint Martin. Da hätte er tatsächlich gesagt: »Mit der bleibe ich zusammen, selbst wenn sie Hängebrüste bekommt. Aber sie hat mich verlassen, weil sie Kinder wollte und ich nicht. Es ist echt nicht einfach: Wir Männer wollen immer, dass die Frauen so bleiben, wie sie sind, wenn wir uns in sie verlieben. Und die Frauen wollen immer, dass wir Männer uns ändern.«
    »Ich erinnere mich an den Moment, als ich zum ersten Mal bemerkte, dass meine Frau und ich wegen unseres Altersunterschiedes in verschiedenen Welten lebten«, erzählt Hermann. »Das war ein Schock. Carolin war 38, ich war 50, und wir verbrachten gemeinsame Ferien in Südfrankreich. Eine laue Sommernacht. Der Mond schien auf unsere Terrasse. Carolin sagte verträumt: ›Das Geräusch des Sommers: Herrlich, wie die Grillen zirpen!‹ Ich verstand gar nicht, was sie meinte. Was? Wo? Ich hörte keine Grillen. Carolin dachte erst, ich mache Witze. Aber ich konnte tatsächlich diese extrem hohen Frequenzen nicht mehr hören. Altersbedingte Schwerhörigkeit. Das geht bei manchen sogar schon mit vierzig los. Aber meine Sommernacht war trotzdem keineswegs still, sondern erfüllt vom sanften Rauschen des Flusses, das aus dem Tal heraufdrang. Diese tieferen Töne konnte ich noch gut hören. Ich sagte zu Carolin: ›Das Geräusch des Sommers – herrlich, wie der Fluss rauscht.‹ ›Was? Wo?‹, sagte Carolin darauf. ›Ich höre kein Flussrauschen, beim besten Willen nicht – die Grillen zirpen viel zu laut.‹
    Wir mussten lachen, aber wir erschraken auch. Wir erlebten in dieser Nacht, dicht beisammen, im selben Moment, am selben Ort, nicht dasselbe. Wir konnten uns nicht über dasselbe Erlebnis austauschen. Man kann das als Bereicherung sehen: Jeder teilt dem anderen etwas aus seiner Erfahrungswelt mit. Man kann es aber auch als Mangel, als etwas Trennendes empfinden: Jeder filtert sich nur jene Erfahrung heraus, für die er, seinem Alter entsprechend, zugänglich ist.
    Ich habe unseren Altersabstand als gegenseitige Bereicherung empfunden, Carolin dagegen vermisste immer mehr das gemeinsame, gleiche Erleben. Drei Jahre nach dieser Sommernacht in Frankreich hat sie mich verlassen. Sie fand mich zu alt, hat sie gesagt, sie hätte die Verbindung zu mir verloren.«
    »Wenn ich an der Münchner Uni vorbeikomme und sehe da die Zwanzig- bis Fünfundzwanzigjährigen, dann interessieren die mich überhaupt nicht«, sagt Hannes, 51. »Die sind in einer so anderen Lebensphase, das ist ganz weit weg. Ihre Welt ist einfach nicht mehr die meine. Klar sehen die hübsch aus, und ich könnte mir ausmalen, wie sie riechen und sich anfühlen. Aber

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