Wo die Hoffnung blüht - [Roman]: Wo die Hoffnung blueht
ich dir begegnet bin, habe ich mehr Glück erfahren als in meinem ganzen bisherigen Leben davor. Was dort drüben geschehen ist, hat nichts mit uns zu tun, Dan. Wenn ich nicht meine Nase in fremder Leute Angelegenheiten gesteckt hätte, hätte jemand anderer sie gefunden.«
»Ich wünschte, so wäre es gewesen«, murmelte er und drehte sich wieder zu ihr um. »Ich habe Angst, dass dieses Erlebnis dich noch lange verfolgen wird.«
Sie saßen schweigend am Fenster und sahen zu, wie das Tageslicht langsam verblasste. Es war ein wunderschöner Sonnenuntergang. Der Himmel verwandelte sich in ein Meer verschiedenster Rottöne, von Rosa über Malvenrot bis hin zu Purpur.
Sie schalteten keine Lampen ein, sondern blieben wie angewurzelt in ihren Sesseln sitzen und hielten einander bei den Händen. Als es dunkel wurde, konnten sie in das Haus der Muckles hineinschauen, denn dort brannten alle Lichter. Gestalten huschten von Zimmer zu Zimmer, während die Polizisten das Haus gründlich durchsuchten. Ein Weilchen später sahen sie in dem Fenster im obersten Stockwerk Blitze aufzucken, wahrscheinlich von einer Kamera, und kurz darauf kam ein Leichenwagen. Zwei Männer gingen in das Haus und kamen wenige Minuten später mit einer abgedeckten Bahre zurück. Zwei Polizisten, die vor dem Eingang postiert waren, wechselten einige scharfe Worte mit den Schaulustigen, die sich daraufhin beschämt zurückzogen.
Dann wurde in Nummer elf ein Licht nach dem anderen ausgeschaltet. Die beiden Polizisten an der Tür befahlen den Leuten, die Straße zu räumen, und gingen anschließend ebenfalls weg.
Jetzt sah es so aus, als wäre das Haus verlassen. Aber es waren zuvor mindestens ein Dutzend Männer dort gewesen, von denen nicht einmal die Hälfte wieder herausgekommen war. Fifi hatte Mitleid mit den Beamten, die in dieser stinkenden Hölle zurückgeblieben waren. Zwei von ihnen stahlen sich hinaus und gingen zu dem Kohlenhof, wo sie vermutlich Alfie auflauern wollten, falls er versuchen sollte, über diesen Weg zu fliehen. Wahrscheinlich waren drüben vor dem Laden und dem Pub und auch in der Straße hinter der Dale Street weitere Polizisten postiert.
Während die Zeiger der Uhr langsam über die Zehn hinwegkrochen, spannte sich jeder einzelne Muskel in Fifis Körper an, als bereitete sie sich auf ein Rennen vor. Dan, der auf der Kante seines Sessels saß und den Blick starr auf den Laden an der Ecke gerichtet hielt, erging es genauso.
Die Straße war jetzt menschenleer, aber Fifi wusste, dass fast alle Nachbarn das weitere Geschehen genauso erwarteten wie sie, denn viele Fenster, die normalerweise zu dieser Stunde hell erleuchtet waren, lagen im Dunkeln.
Das leise Scharren von Schritten ließ Fifi aufhorchen.
»Das ist Yvette«, flüsterte Dan. »Ich hatte sie ganz vergessen! War sie den ganzen Tag über fort? Wenn ja, wird sie keine Ahnung haben, was vorgeht.«
Fifi hatte der Polizei erzählt, dass Yvette nicht zu Hause gewesen sei, als sie früher am Tag an ihre Tür geklopft hatte, aber seither hatte sie nicht mehr an die Französin gedacht. Das berichtete sie Dan jetzt mit leiser Stimme und fügte auch hinzu, dass Mr. und Mrs. Balstrode, die über Yvette wohnten, sie gewiss rasch ins Bild setzen würden.
»Die arme Frau, sie wirkt so erschöpft«, sagte Dan.
Er hatte Recht, fand Fifi. Yvette sah so aus, als fiele es ihr schwer, einen Fuß vor den anderen zu setzen. »Sie hat sicher das Hochzeitskleid, an dem sie bei ihrer Kundin zu Hause arbeitet, fertig gestellt«, meinte Fifi. »Normalerweise kommt sie immer vor Einbruch der Dunkelheit zurück, weil sie so ängstlich ist.«
»Das Leben neben den Muckles muss deutlich gefährlicher sein als Spaziergänge im Dunkeln«, erwiderte Dan grimmig. »Ob sie heute Morgen wohl irgendetwas gehört hat?«
Sie beobachteten, wie Yvette durch die Haustür trat. Sie schaltete ein Licht ein, und Dan und Fifi sahen für einige Sekunden ihre Silhouette im Fenster, während sie die Vorhänge zuzog.
Zehn Minuten später, gerade als Fifis Aufmerksamkeit wegen des Brandys, den sie getrunken hatte, nachließ, legte Dan ihr eine Hand aufs Knie.
»Sie kommen«, zischte er.
Sofort kehrte die Anspannung zurück. Fifi stand auf, um besser zu sehen, und tatsächlich, die Muckles kamen die Straße hinunter, und sowohl Alfie als auch Molly trugen so etwas wie Strandhüte auf dem Kopf. Sie waren möglicherweise betrunken, denn sie gingen Arm in Arm, die drei Kinder zockelten hinter ihnen her, und Dora
Weitere Kostenlose Bücher