Wo die letzten Menschen hausen
trug.
Während er gebannt hinüberglotzte, drehte sich ihm das Gesicht ganz zu; es blickte herüber, dann beschattete eine Hand die Augen. Einen Moment lang blieb Trebor ruhig, weil er wußte, daß es dem Oger unmöglich war, auf eine halbe Meile Entfernung im Unkraut seinen Kopf zu sehen; dann ließ er mit einem Fluch das magische Auge fallen und starrte hinüber. Der Andathroid drehte sich herum und winkte wild; ein ferner, tiefer Schrei drang schwach zu Trebor. Das Wesen hatte seine Linse aufblitzen sehen.
Trebor lief den Mid hinunter und unterrichtete rasch die Mädchen.
»Wir müssen in die Mids zurückflüchten; wir können es nicht wagen, hier, vor der freien Landschaft, überrascht zu werden. Wenn wir ihnen nur ausweichen können, bis es dunkel wird –«
Sie liefen und trabten und liefen, schlängelten sich zwischen den Minds hindurch, starrten immer wieder zu den Kämmen hinauf. Sie rannten weiter, bis ihre Furcht nachließ und Trebor Bedenken bekam, daß sie auf einen Suchtrupp stoßen könnten.
Er erstieg einen Mid und schaute sich um. Zu seiner Betroffenheit entdeckte er, daß sie wieder in die Nähe des Plateaus gelangt waren. Er war jetzt überzeugt davon, daß sie sich zu weit westlich befanden, denn auf dem Plateau gab es eine Wölbung, die weit rechts von ihm gewesen war, als er es das erste Mal erstiegen und den Rauch gesehen hatte.
Ein plötzlicher Schrei nahm ihm für einen Augenblick alle Kraft. Er rang nach Atem und brachte seine zitternden Knie unter Kontrolle, als er begriff, daß es kein Schreckensruf gewesen war. Er kroch rückwärts langsam den Hang hinunter und schaute sich überall nach dem Rufer um. Seine Herzen schlugen immer noch heftig, ein-nn, zwei-ei-i. Wieder kam der Ruf: »Jurn! Jurn!« Dann ein tiefes, dröhnendes Gemurmel und noch ein Ruf. Die Echos zwischen den Mids waren zu täuschend, um zu verraten, woher sie kamen .
Die Mädchen waren bleich wie alte Statuen. Lissa befeuchtete ihre Lippen und flüsterte: »Hier ist ein Loch – könnten wir uns verstecken?«
Ein Grubenschacht. Trebor führte sie vorsichtig hinab. Über ihnen waren bröckelndes Plastikholz und Steinholzbretter, die letzteren noch einigermaßen fest, das erstere aber von Würmern und Käfern zerfressen. Verrottendes Plastik lag am Boden verstreut und erfüllte die Luft mit seinem muffigen Geruch. Muschelschalen und Knochen, zumeist aus Plastik, lagen herum, und Sandkörner des namenlosen Materials aus der Aufbruchs-Zeit, weder Glas noch Stein noch Metall, aber mit den Eigenschaften aller drei Stoffe. So schwer das zu glauben auch fiel, dieser unglaubliche Stoff war zerbrochen und zerschlagen zu Bruchstücken. Selbst diese winzigen Körner zeigten die charakteristisch leuchtende Farbe und Durchsichtigkeit. Größere Stücke, geschliffen und poliert, waren die berühmten Juwelen des Aufbruchs.
Der Tunnel verzweigte sich, wo sie im verblassenden Licht stehenblieben, im Kühlen mühelos atmend. Dann hallten gespenstisch dumpfe tiefe Stimmen, so, als befänden die Sprecher sich im Inneren des Tunnels. Ein Stück weit hinein, und die alte Abstützung der Wände fehlte hier, und das lockere Erdreich war herausgestürzt. Dahinter, auf der rechten Seite, befand sich eine Nische. Trebor trieb die Mädchen zu dem Geröll an der linken Seite; sie standen darin bis zu den Knöcheln, und ihre Köpfe streiften die Decke.
Das Dröhnen wurde lauter. Der ganze Tunnel hallte von einem Schrei wider. Das tiefe Gemurmel kam näher, wurde verständlich.
»Dieser Mistkerl Yngvi …«
Einer von ihnen spuckte aus.
»Hätt' nie zurückkommen sollen. Hatte auch eine prima Stellung. Nackig für einen von den Künstlern in Amballa stehen. Mit einer kleinen Nackigen auf der Schulter, verstehst du?«
»War sie was?«
»Nee, eigentlich nicht, zu klein. Aber gut anzupacken. Jedenfalls warf mich das Stück, das den Laden führte, 'raus, weil ich ihn nicht runtertun konnte …«
Bis die Stimmen und Schritte auf sie zutappten, hatten ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt. Zwei riesige Gestalten wankten um die Ecke, mit polternden Geräuschen, im lockeren Geröll rutschend, voran ihr übler Gestank nach säuerlichem Schweiß.
Lissas Finger legten sich auf Trebors linken Arm; er spürte ihre Brust und das Zittern ihres kleinen Körpers. Vianis Atem stockte, und sie schob sich näher an ihn heran, aber die Oger bemerkten das Rasseln im Geröll nicht.
Sie gingen gebückt unter dem Dach und mußten aufgerichtet acht Fuß
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