Wo die letzten Menschen hausen
Hemd war so grob gewoben wie Sackrupfen und aus demselben Material, nämlich gröberen, ausgeschiedenen Plastikfäden, die von den weniger wertvollen Webspinner-Käfern und – Würmern gesponnen waren. Es war ungebleicht und ungefärbt, um die Hüften mit einem Strick aus den gleichen Fasern festgehalten, und an den Oberarmen in zu weiten, unten zerfetzten Ärmeln endend. Des Eremiten dürre, knochige Beine liefen in riesengroße, nackte Füße mit enormen, wulstigen Zehen aus, die wie Finger wirkten; seine Hände waren knorrig und vom jahrelangen unermüdlichen Graben dick beschwielt. Sein Haar war sehr weiß, mit Schmutzstreifen, und stand wie eine Aureole um seinen Kopf. Sein Gesicht war so mager und knorrig wie der ganze Körper, mit einem breiten Lächeln, das große, gelbe Zähne freigab, einer hochgewölbten Nase und großen, dunklen Augen, die für ihre Höhlen zu groß zu sein schienen.
Die Augen glühten mit einem schlichten, gutmütigen Wahn von der Art, den alle rechtdenkenden Menschen achten. Es war der Wahn eines Mannes, der sich einem Werk verschrieben hat, das größer ist als er. Trebor kam nicht einmal auf den Gedanken, sich zu fragen, warum der Alte nichts von dem kostbaren Stoff trug, den er aus der fernsten Vergangenheit geborgen hatte.
»Erlaubt mir, mich und meine Begleiter Euch vorzustellen, gnädiger Herr«, sagte Trebor und zog seinen Schwertknauf bedachtsam näher heran. »Ich bin Trebor, Sohn von Sirrom, Sohn von Leinard dem Buller, Kommandeur-Erbe der Vorbeuger von Amballa und Nachkomme von zwei Generationen Panarchen dieser Nation. Dies, meine Lady-Ehefrau, ist Viani, die Tochter Vions, Prinzberater und Kanzler des Throns von Linllallal. Und ihre treue Dienerin Lissa.«
Der Eremit erwiderte ihre Höflichkeitsbezeugungen erneut und sagte: »Ich bin Wächtererhalter der Selbsternannte, örtlicher Leiter des Ehrsamen Ordens der Förderer von Fortschritt und Sucher nach dem Neuen Aufbruch« – Trebor und Viani stockte der Atem –, »gewöhnlich als Theiks bekannt.« Mit einer neuen Verbeugung.
»Wir sind wahrhaftig tiefer geehrt, als wir uns je hätten träumen lassen. Ich hatte die Theiks ausgerottet und ihr ganzes Werk beim Untergang des Ersten Irenischen Reiches und erneut während des Zweiten vernichtet geglaubt.«
Ein Ausdruck tiefster Melancholie erschien auf dem Gesicht des Wächtererhalters mit den eingefallenen Wangen.
»Ja, dreimal wurde der Orden zerstört; noch dreimal wird er zerstört werden, bevor seine Arbeit getan ist. Wißt, o Trebor von Amballa, daß ich in den Ehrsamen Orden im Zweiten Reich eintrat« – die Mädchen stöhnten auf –, »während er geheim und versteckt sein Dasein fristete. Ich hatte bis zur dritten Zerstörung, beim Sturz des Zweiten Reiches, ein wenig Ehre und Beförderung erworben. Als ich sah, daß die Zeit nicht reif war, suchte ich Zuflucht in den Hochländern, wo es viele Städte aus dem Aufbruch gibt, die noch gut erhalten sind, bis das Dritte Imperium entstand. Während dieser Zeit wanderte ich über dem Tiefland hin und her und suchte immer nach Reliquien aus dem Aufbruch; sieben Verstecke mit heiligen Reliquien legte ich an. Nach dem Sturz des Dritten Imperiums und der Aufgabe der Minen hier kam ich hierher, um meine Arbeit fortzusetzen. Seither habe ich die oberen Mids dreimal durchforscht. Ich entsinne mich immer noch meiner Freude, als ich während des Dritten Imperiums von der Entdeckung der Middendump-Minen hörte. Ich glaubte an den unmittelbar bevorstehenden Beginn des Neuen Aufbruchs.« Er seufzte. »Aber ich hatte die Prophezeiung des Größeren Theik vergessen, daß der Orden dreimal und dreimal vernichtet werden würde. Sobald das Vierte Reich gegründet wird, muß ich hinauf, um den Ehrsamen Orden erneut entstehen zu lassen.
Wißt, o Mann von Amballa und Frauen von Linllallal, daß ich es mir zur Pflicht gemacht habe, die unirdische Schönheit des Aufbruchs in allen seinen heiligen Reliquien zu bewahren; ohne Skrupel stehle ich sie auch den Vulgären, die sie zu niedrigem Gebrauch bestimmen«, sagte er traurig. Trebor dachte schuldbewußt an den mit Aufbruchs-Material geschmückten Brunnen der Vorbeuger.
»Betrachtet dieses Gefäß der Impressionisten des Vierten Zyklus. Erinnert es Euch nicht an einen Fisch? Wie? Seht die Wölbung vom Mund zum Sockel, die Flossen hier, wo ein Henkel angebracht gewesen sein mag – zweifellos, um es besser ergreifen zu können. Gewiß kann es nur einen kostbaren Duft enthalten haben,
Weitere Kostenlose Bücher