Wo die letzten Menschen hausen
das kein Alptraum war. Es war ein Zauberangriff, der ihn beinahe das Leben gekostet hätte. Selbst jetzt hämmerten seine Herzen noch in versetztem Rhythmus gegeneinander.
Er rieb sich wieder die Seite.
Der nächtliche Wald war eine dunkle Leere ringsumher, in der Bäume standen. Hinter ihnen und hinter der Dunkelheit lag Er und webte seine tödlichen Träume, seine Mordbeschwörungen. Tod, lautlos, gedämpfter Tod kroch ihn wie das Dunkel an. Was tun? Sollte er fliehen?
Es war undurchdringlich finster. Und wer wußte, welche Scheußlichkeiten im nächtlichen Wald noch warteten?
Am besten hierbleiben, wach. Vielleicht sich sogar wehren … Seine Beschwörungen auf ihn zurückwenden … Trebors Gedanken gingen zurück zu den dämonischen Träumen. Er stellte sich vor, wie Er zwischen den Wurzeln eines Riesenbaumes, einer Klippe gleich, kauerte, seine Beschwörungen webend und hinausschickend … Trebor fing den dünnen Nebelfühler des Gedankens auf und zog ihn vorsichtig heran, spürte, wie der andere ihn freudig nachschob. Er zog dünne Gedankenfetzen heran, festere dann, als Er seinen Traum verstärkte, noch festere Gedanken … nun strömten die Gedanken, Bilder, Stimmungen aus Ihm wie Wasser aus einem Krug … nun nahm Er seinen Verlust wahr, nun mühte Er sich verzweifelt, den Strom zu hemmen, nun fühlte Er sich aus sich selbst herausgezogen … schwarzer Tod der Gedankenleere gähnte …
Dann war Er ihm an der Kehle.
Trebor hatte seinen Feind über die Distanz zwischen ihnen zu sich herangezogen … nicht seinen festen Körper, sondern die böse Gemeinheit seiner Gedanken. Die schwarze Leere schwamm vor ihm, umwirbelte ihn. Er spürte, wie die Welt gegen ihn aufstand, die Bäume selbst, Wurzeln und Steine sich belebten, um seinen Untergang herbeizuführen. Er kauerte körperlos im Dunst, wartete angespannt auf die Annäherung des Todes.
Licht schwoll an, zeigte eine Gestalt, eine Person … eine Frau … Nein … es war Lyantha, endlich herbeigerufen, um ihn zu holen. Verzweifelt kämpfte er seine Erregung nieder, tastete nach seinem Schwert.
Es war fort!
Sie näherte sich aus den Nebeln, der schwarze Umhang, das schwarze Haar umflatterten sie, wild, frei, entrückt. Sie schwebte, ohne zu gehen, ihre Augen waren gesenkt … er konnte sich nicht bewegen, konnte sein überwältigendes Begehren nicht unterdrücken … der Umhang klaffte auf, wehte davon. Sie trug ihren Körper wie eine Königin. Dann begann sie zu ihm hinaufzusteigen …
Er spürte einen aus der Not geborenen Drang, sich zu erleichtern … als sie zu ihm aufsah … er steigerte sein Bedürfnis verzweifelt, überzeugte sich, daß es dringend war … spürte schon die vorbereitenden Schmerzen qualvollen Todes durch sich strömen … halt, nicht, nicht das Bett benässen …
Verzweifelt konzentrierte er sich auf diesen mächtigen Drang, beachtete die Gefahr nicht, in der er sich befand, verschloß sein Denken vor der bedrohlichen Annäherung, hörte auf, sich zu wehren. Nun mühte er sich allein noch zu erwachen. Scham und Notwendigkeit lagen im Streit mit dem Schlaf. Er steigerte beides, so daß die Frau vor ihm zu einer streng blickenden Mutter wurde.
Dieses Bild schwankte, und wieder war sie ganz Frau, unendlich begehrenswert … aber er mußte gehen, mußte jetzt fort, wenn er sich nicht in der Öffentlichkeit schandbar benehmen wollte …
Dann ein heftiger Kampf in warm-beleuchteter Dunkelheit, ein bauchverkrampfender Kampf gegen Muskel, die nicht reagieren wollten, mit einem Gehirn, das nicht länger fähig war, einen Kurs zum Wachzustand zu halten …
Mit einem ungeheuren Ruck erwachte Trebor.
Und noch immer war es Nacht.
9
Die Yens von Yang
Die Hummer fiepten zu ihm herab. Trebor gab es auf. Er hatte Steine nach ihnen geworfen, in der Hoffnung, einen herunterzuholen. Nun schmerzte sein Arm, und Steine waren nicht leicht zu finden.
Es war noch immer früher Morgen, kein übermäßig heißer Morgen, obschon er nicht mehr so kühl war wie vorher. Trebors Hunger war ein dumpfes Gewicht in ihm, nicht so schwer wie gestern. Aber Trebor begann eine unheimliche Trägheit zu spüren, die nicht nur von Erschöpfung oder unterbrochenem Schlaf kam.
Ozziwuns Traumangriff auf ihn hatte ihn schwer erschüttert. Er war einige Stunden vor dem Morgengrauen wachgeworden und langsam nach Nordwesten gegangen, ab und zu rastend, einmal in einen leichten Schlummer verfallend. Sein Richtungssinn leitete ihn sogar in der
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