Wo die letzten Menschen hausen
Vor ihm senkte sich der Wald zum Sumpf hinab, die Bäume ragten zum Himmel, umgeben von Wasserpfützen und Schlick.
Verzweifelnd hetzte Trebor dahin, mit vor Angst schmerzenden Beinen. Die große Bestie blieb in der verschwommenen Ferne zurück, aber seine Angst nahm zu; schlich sie sich nicht heimlich an? Er stolperte ein Stück in den Sumpf, dann blieb er keuchend stehen und starrte wachsam in alle Richtungen.
Der Boden stürzte aus seiner Welt, und für einen Augenblick überkam ihn Dunkelheit; sein Magen wurde aus ihm herausgeschöpft; wenn ihm noch Atem geblieben wäre, er hätte geschrien. Dann begriff er, daß ein Großer Wurm das Maul geöffnet hatte, und wie ein Tobsüchtiger stieß er mit den Füßen, stach zu, Angst und Ekel in sich, die eine Berserkerwut anstachelten. Der Wurm brach zusammen, und er wankte hinaus, knietief im Schlamm, keuchend und zitternd vor Angst.
Der Baum, an den er sich lehnte, quoll über seinen Kragen, kalt, schleimig … er sprang mit einem zuckenden Ruck davon. Die Schnecke erbebte in ihrer ganzen Masse – er sah an den ungeheuren Seiten, wo sie sich vor den Sternen wölbten, Bäume weggebogen – und floß schwabbelnd auf ihn zu. Floß ohne Laut, glitt sanft über den Sumpf, quetschte Bäume mühelos zur Seite. Einen Augenblick danach schwappte sie um seine zerfetzten Stiefel, tastete nach den Löchern vom Ankertau.
Er taumelte davon, stach wild um sich, spürte aber das Schwert nicht. Die Klinge drang ein, riß Schleim heraus, rief jedoch keine Verletzung hervor. Hirnlos floß die Gallertmasse auf ihn zu. Von Übelkeit geschüttelt, fuhr er herum und stolperte davon. Das Riesentier strömte ihm hinterher, langsam, aber unbeirrt. Nach einiger Zeit wurde er müde, blieb jedoch nicht stehen. Es war nicht weit hinter ihm … er wurde noch erschöpfter, rastete, bis es auf Steinwurfweite herangekrochen war, eilte weiter, um wieder Abstand zu gewinnen, rastete erneut … dann wartete er einmal zu lang, und es beschleunigte plötzlich seinen Kriechfuß, sprang ihn beinahe an.
Verzweifelt riß er sich los, floh blindlings weiter … Irgend etwas ragte vor ihm auf, und er schlug entsetzt einen Haken – es war ein Riesen-Webspinner –, nein, es war Randire –
Er erwachte.
Nicht wagend, sich zu bewegen, lag er zusammengerollt auf seiner harten Wurzel und atmete schwer. In der Dunkelheit des Schlafes wartete der Tod. Menschen sterben in ihren Träumen, wenn solche Träume von einem Meister geschickt wurden. Er wagte nicht, hier liegenzubleiben, um nicht wieder einzuschlafen. Mit äußerster Anstrengung stand er auf, fühlte sich matt, so, als läge ein Teil von ihm noch auf der harten Wurzel; er spürte noch immer ihren scharfen Druck an seiner Seite.
Weiter; er mußte weitergehen. Er befragte seinen Richtungssinn, der ungewiß schwankte, und machte sich entschlossen und getrieben auf den Weg, nach Nordwesten eilend. Es war tiefste Nacht, aber schwaches Licht durchdrang die Szenerie. Die riesigen Baumstämme selbst leuchteten hell genug, um sichtbar zu sein, wenn auch zu schwach, um irgend etwas anderes hervortreten zu lassen; jeder stand in einem Kreis von Dunkelheit. Er beobachtete diese schwach schimmernden Lichtstreifen scharf danach, ob irgend etwas sie kreuzte.
Wer mochte wissen, welche Ungeheuer nach Einbruch der Dunkelheit den Wald durchstreiften? Aber er zwang sich, nicht in Panik zu geraten. Er kannte mindestens einen, dessen Gedanken ihn fortwährend suchen würden, wo immer er auch in dieser Nacht rasten mochte. Er stapfte weiter. Die Dunkelheit war ein Ort ohne Form, ein Nebel, in dem langsam blasse Lichtstrahlen auftauchten, heller wurden, zurückblieben.
Er war gefangen in der Mitte des Nebels. Dieser wurde stärker, weit, ganz weit von der sicheren und heimeligen Wurzel entfernt, auf der er eingeschlafen war. Aus der Entfernung sah er, spürte er, wie sein zusammengerollter, schlafender Körper den Halt verlor und in den Schlick stürzte.
Die ganze Welt löste sich vor seinen hinausgreifenden Händen auf, vor seinen stapfenden Füßen. Verzweifelt fühlte er, wie sein Körper aufhörte, sich zu wehren. Die Enge in seiner Lunge wurde zu einem schwarzen Loch der Qual. Er hieb in einem letzten Krampf um sich, um die Schmerzen zu lindern –
– und erwachte.
Er setzte sich langsam auf, rieb sich die schmerzende Seite, starrte dumpf in die Dunkelheit. Es nützte nichts, daß ein Gefühl belustigten Staunens über seinen Alptraum in ihm aufstieg; er wußte, daß
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