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Wo die Liebe beginnt

Wo die Liebe beginnt

Titel: Wo die Liebe beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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hochsteigt, immer zwei auf einmal nehmend, sehe ich, dass Marian heftig atmet. Zum ersten Mal überhaupt erlebe ich sie in einem Zustand, in dem sie sich nicht total im Griff hat. Selbst bei unserer ersten Begegnung war sie ja ziemlich beherrscht. Aus irgendeinem Grund fühle ich mich ihr dadurch näher. Und ich merke, dass ich sie liebenswerter finde. Ohne groß zu überlegen, tätschele ich ihren Arm und sage: »Das war doch ein guter Anfang.«
    Â»Er hasst mich«, sagt sie, als wir nebeneinander auf der untersten Stufe sitzen.
    Â»Das ist besser als gar kein Gefühl«, sage ich, obwohl ich in Wirklichkeit eher kalte Gleichgültigkeit als Hass bei ihm gespürt habe.
    Â»Findest du?« Sie schaut mich an, als hoffte sie, es wäre tatsächlich so.
    Ich nicke und schreibe Philip schnell, dass ich gerade meinen Vater gesehen habe.
    Eine Minute später geht die Tür auf, und Conrad erscheint wieder. Wir springen auf und gehen in Habacht-Stellung. Jetzt stehen wir uns wieder gegenüber. Ich bemerke, dass er seinen Schal abgelegt und Flipflops statt der Stiefel angezogen hat, als hätte die kurze Begegnung ihn erhitzt. Ich betrachte das als ein gutes Zeichen. Aber was erhoffe ich mir eigentlich genau von ihm? Was wünsche ich mir von ihm, außer dass er meine Geburt – und mich – zur Kenntnis nimmt? Und kann er mich denn akzeptieren, wenn er sie doch hasst?
    Er schaut mir in die Augen, als würde er mich zum ersten Mal sehen. »Ich bin Conrad«, sagt er, ohne mir die Hand hinzustrecken.
    Ãœberwältigt starre ich ihn an. Genausogut hätte er sagen können: »Ich bin George Clooney« – das hätte die gleiche Wirkung auf mich gehabt. Für mich ist er so anbetungswürdig wie ein Hollywoodschauspieler.
    Â»Und wie heißt du?«, fragt er.
    Â»Kirby.« Ich komme mir blöd vor, weil ich vergessen habe, mich vorzustellen.
    Â»Aha. Kirby«, sagt er leicht genervt. Meine paranoide Übersetzung lautet: Danke, dass du mir deinen Namen gesagt hast, aber wer bist du eigentlich und was machst du hier mit Marian?
    Marian räuspert sich und fragt: »Wo wollen wir hingehen?«
    Er zuckt mit den Schultern. »Ein paar Blocks von hier ist eine Tee-Bar. An der Sheffield.«
    Â»Okay«, erwidert sie. »Klingt super.«
    Er schaut sie ausdruckslos an, wohl um ihr mitzuteilen, dass nichts an der Situation gerade »super« ist. Vielmehr ist sie bizarr und unangenehm – im besten Fall. Im schlimmsten ist sie direkt mit Feindseligkeit aufgeladen. Aber er kommt die letzten paar Stufen herunter und wendet sich nach links. Marian und ich laufen hinter ihm her, schweigend und im Gänsemarsch.
    Als wir die Tee-Bar betreten, empfinde ich das Gewimmel darin als Erleichterung. Das warme Licht und der Duft von Backwaren tun auch gut. Conrad stellt sich in die Schlange und sagt: »Sucht schon mal einen Tisch, ich bestelle. Was möchtet ihr?«
    Â»Ich hätte gern … einen grünen Tee, bitte«, sagt Marian und schaut zu mir.
    Â»Ich auch«, sage ich, obwohl ich überhaupt keinen Tee mag.
    Marian zieht ihr Portemonnaie hervor und wühlt nach einem Schein, aber Conrad sieht sie höhnisch an. »Das geht auf mich«, sagt er.
    Â»Danke«, erwidert sie und steckt das Portemonnaie weg.
    Â»Danke«, wiederhole ich und folge Marian zu einem freien Tisch mitten im Raum.
    Nachdem wir uns hingesetzt haben, fordere ich: »Du musst es ihm sagen. Sobald er bei uns am Tisch ist, musst du ihm sagen, wer ich bin.«
    Â»Das hast du doch schon selbst getan«, gibt sie zurück.
    Ich verdrehe die Augen. So dämlich kann doch niemand sein. »Sag ihm, dass ich seine Tochter bin«, präzisiere ich. »Sonst tue ich es.«

28 – Marian
    Als er mit dem Tee an unseren Tisch kommt, bin ich mit den Nerven völlig am Ende. Ich greife nach meiner Tasse und bemerke (und Kirby und Conrad vermutlich auch), dass meine Hände zittern. Mir ist schwindlig, ich schwitze und bekomme meine Atmung nicht unter Kontrolle.
    Â»Und wie ist es dir so ergangen?«, beginne ich. Gleichzeitig hasse ich mich selbst für diese absurd-banale Einleitung. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Kirby mir einen wütenden Blick zuwirft.
    Â»Hm, gut«, antwortet Conrad. »Und dir?«
    Â»Super«, sage ich. »Gut.«
    Â»Schön.« Er öffnet den Plastikdeckel seiner Tasse einen Spaltbreit, um nach dem Beutel zu sehen,

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