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Wo die Liebe beginnt

Wo die Liebe beginnt

Titel: Wo die Liebe beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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Lenkrad, als müsste sie sich irgendwo festhalten. »Nein, ich bin bereit.«
    Wir steigen aus, gehen über den Bürgersteig und steigen die Stufen zum Haus hoch, als wären wir auf dem Weg zu einer Beerdigung. Mit zitternder Hand drückt sie auf den Klingelknopf mit der Aufschrift »2C Knight«. Wir warten. Nichts. Ihr Finger schwebt über dem Knopf, dann atmet sie tief durch und drückt noch einmal. Sekunden vergehen. Immer noch nichts.
    Â»Er könnte verreist sein«, sage ich, insgeheim erleichtert, jedenfalls stellvertretend für Marian.
    Â»Oder er ist vielleicht bloß einkaufen«, sagt sie. Ich habe Angst, dass sie gleich in Ohnmacht fällt. »Wir können es ja in einer Stunde noch mal probieren. Vielleicht essen wir schnell was und kommen dann wieder?«
    Â»Okay«, sage ich widerstrebend und drehe mich auf dem Absatz um. Am Fuß der Treppe zögert Marian kurz, wendet sich nach rechts, entscheidet sich dann wieder um und macht eine Drehung um hundertachtzig Grad. Dabei stößt sie fast mit einem Mann zusammen, den ich plötzlich erkenne, noch bevor Marian oder der Mann irgendwie reagieren. Als sie beide einen Schritt zurücktreten, merkt man, dass ihnen ein Licht aufgeht. Ich kriege Gänsehaut, als ich sie so zusammen sehe. Meine Eltern. Hier sind wir drei vereint, geht es mir durch den Kopf. Zum ersten Mal sehe ich, was hätte sein können.
    Mein nächster Gedanke ist ziemlich peinlich, und der lautet: Mein Vater sieht verdammt scharf aus. Viel besser als alle anderen Väter, die ich kenne. Ein künstlerhafter Typ mit markanten Gesichtszügen, dunklem, lockigem Haar und tollen Augen. Er trägt verwaschene Jeans, braune Lederstiefel, eine Kreuzung aus Cowboy- und Bauarbeiterstiefel, ein weißes Hemd, das ihm aus der Hose hängt, und einen langen, gemusterten Baumwollschal, den er sich locker um den Hals geschlungen hat. Ich kann mir vorstellen, dass er nach Räucherstäbchen oder Gras riecht, und dann merke ich, dass er tatsächlich so einen Duft verströmt, zumindest, was den Teil mit den Räucherstäbchen angeht. Im Arm hält er eine Einkaufstüte aus Stoff, aus der oben ein Baguette schaut. Er verströmt einfach coolen Großstadtflair.
    Die beiden starren sich weiter an, ohne eine Miene zu verziehen oder sich zu bewegen. Es ist die seltsamste Begegnung, die ich je miterlebt habe. Es scheint, als versuchten beide, den anderen zum ersten Satz zu zwingen. Sie schauen sich an wie Fremde, aber wenn sie sich wirklich fremd wären, würde bald einer von beiden etwas sagen und sich verlegen entschuldigen. Ich frage mich inzwischen, ob es wirklich so schlau ist, dass sich meine Eltern wiederbegegnen.
    Schließlich sagt er etwas: ihren Namen, ganz sachlich, und nickt zaghaft. Und dann: »Was verschlägt dich hierher?« Er klingt nicht unfreundlich, aber doch distanziert und ziemlich kühl. Er nimmt die Tüte in den anderen Arm, und ich betrachte seine Hand. Kein Ring.
    Marian öffnet den Mund, um etwas zu sagen, sieht mich dann aber verzweifelt an. Ich wusste ja, dass sie nervös ist, aber ich hatte keine Ahnung, dass sie so fertig ist. »Ich … wir … ich wollte mit dir reden«, stottert sie.
    Sehr souverän , denke ich.
    Â»Mit mir reden?«, fragt er und legt den Kopf schief.
    Â»Ja.«
    Â»Worüber denn?«, fragt er ganz cool.
    Sie schaut wieder zu mir hin. Will sie am Ende alles hier auf der Straße ausbreiten? Ich schüttele den Kopf, um ihr zu signalisieren, dass das kein guter Plan ist. Aber sie guckt jetzt wieder ihn an. »Können wir irgendwo hingehen, um … zu reden? Vielleicht irgendwo einen Kaffee trinken?«
    Â»Ich trinke keinen Kaffee.«
    Â»Hast du früher aber.«
    Â»Jetzt nicht mehr.«
    Ich merke, dass ich den Atem anhalte, während ich ihnen zuschaue. Es ist so spannend wie im Fernsehen. Ich zwinge mich auszuatmen.
    Â»Dann vielleicht einen Tee?«, fragt sie. »Wir können uns auch einfach irgendwo hinsetzen.«
    Er zuckt mit den Schultern und schaut zum ersten Mal zu mir hin. Nichts deutet darauf hin, dass er mich erkennt. Er guckt mich gleichgültig an, mit einem Anflug von Gereiztheit. Dann schaut er auf die Uhr und murmelt, dass er nicht viel Zeit hat.
    Â»Es dauert nicht lang«, sagt sie.
    Er nickt. »Na schön. Ich verstaue nur noch eben meine Einkäufe. Bin gleich wieder da.«
    Während er die Stufen

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