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Wo die Liebe beginnt

Wo die Liebe beginnt

Titel: Wo die Liebe beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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dass ich wahrscheinlich doch an dem Wettbewerb teilgenommen habe. Vielleicht haben ihre kleinen Bemerkungen mich deshalb so genervt. Und vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass ich nicht wollte, dass Janie oder sonst jemand die Wahrheit erfährt. Ich hatte vermutlich Angst davor, dass sie sich an meiner misslichen Lage weiden würden. Man hatte mich zu jener Schülerin gewählt, die am wahrscheinlichsten eine große Karriere machen würde, ich hatte ein akademisches Stipendium für Michigan in der Tasche, ich kam aus guter Familie, mein Vater war erfolgreicher Anwalt – und dann das: schwanger mit achtzehn, und auch noch von Conrad Knight. Was für ein Absturz.
    Heute verstehe ich auch, wie ichbezogen ich damals gedacht habe, indem ich glaubte, mein Schicksal würde irgendjemanden großartig tangieren. Die Leute hätten sich ein paar Wochen lang das Maul über mich zerrissen – oder vielleicht auch nur einen Abend lang –, und dann wären sie zu einem anderen Thema übergegangen. Vor allem wäre es doch vollkommen egal gewesen, was sie über mich gesagt hätten. Erst jetzt wird mir klar, wie unwichtig das alles gewesen wäre. Wie viel ich für einen Fehler geopfert habe, auch die Freundschaft mit Janie. Ich vermisse sie zwar schon lange nicht mehr, aber ich bereue, dass ich unsere Freundschaft nicht gepflegt habe. Obwohl wir nicht mehr viel gemeinsam haben, hätten wir immer noch die Vergangenheit gehabt, und die ist auf bestimmte Weise genauso wichtig wie die Gegenwart und die Zukunft. Die Vergangenheit hat uns geprägt und zu den Menschen gemacht, die wir heute sind.
    Ich sehe Kirby an. Sie betrachtet Mrs. Wattenberg mit einer gewissen Verachtung. Sollen wir schnell weiterfahren? Nein, ich weiß genau, was ich jetzt tun muss. Ich räuspere mich und wage den Schritt. »Ach, Mrs. Wattenberg, es tut mir leid, dass ich vergessen habe, Ihnen Kirby Rose vorzustellen.«
    Â»Hi«, sagt Mrs. Wattenberg ohne das geringste Interesse. Nun, das wird sich gleich ändern.
    Â»Kirby ist meine Tochter«, sage ich.
    Mrs. Wattenberg erstarrt. Eine Weile hat es ihr die Sprache verschlagen. »Bitte? Deine Tochter?«, lacht sie nervös. »Du hast doch gar keine Tochter. Moment mal«, sagt sie und schaut sich um, als würde sie ein Kamerateam hinter der Hecke vermuten. »Ist das die versteckte Kamera oder so was?«
    Â»Nein, das ist nicht fürs Fernsehen«, sage ich. »Das ist echt.«
    Â»Aber … was soll das heißen?«
    Â»Kirby ist meine Tochter«, wiederhole ich. »Stimmt’s, Kirby?«
    Kirby nickt grinsend und begreift sofort, was sie sagen soll. »Stimmt genau, Mom .«
    Â»Aber …«, keucht Mrs. Wattenberg. »Ist sie deine Stief…«
    Â»Nein.« Ich schüttele den Kopf. »Sie ist meine leibliche Tochter.«
    Â»Aber … wie alt bist du denn?«, fragt sie Kirby mit plötzlicher Faszination.
    Â»Achtzehn«, erwidert Kirby.
    Â»Ja, Mrs. Wattenberg. Ich wurde in dem Sommer nach dem Schulabschluss schwanger. Das ist nämlich der wahre Grund dafür, dass ich ein Jahr später mit dem College angefangen habe. Ich habe sie zur Welt gebracht und dann beschlossen, sie zur Adoption freizugeben. Damals hielt ich das für das Richtige. Aber zum Glück hat sie mich jetzt gefunden. Und jetzt lernen wir uns alle kennen.« Ganz emotionslos erzähle ich das alles, denn es geht nicht mehr um die Nachricht an sich. Es geht darum, dass ich es ihr endlich gesagt habe. Ich fühle mich seltsam befreit. Die Ehrlichkeit tut mir gut. So und nicht anders bin ich. Akzeptiert es, oder lasst mich in Ruhe.
    Â»Meine Güte. Ich hatte ja keine Ahnung«, flüstert Mrs. Wattenberg. Sie wirkt nicht nur überrascht, sondern regelrecht durcheinander. Wahrscheinlich, weil sie nicht daran gewöhnt ist, solch delikate Geschichten einfach auf dem Silbertablett serviert zu bekommen; normalerweise muss sie sich Klatsch und Tratsch hart erarbeiten, Stück für Stück.
    Â»Das ist schon in Ordnung, Mrs. Wattenberg, niemand hat davon gewusst. Wir haben es geheim gehalten. Aber wir hätten es nicht tun sollen. Bitte sagen Sie es Janie, und richten Sie ihr aus, es tut mir leid, dass ich sie angelogen habe. Sie dürfen es auch gerne allen anderen weitersagen.« Als hätte sie diese wunderbare Geschichte nicht auch ohne meine Erlaubnis allen in der klatschsüchtigen Nachbarschaft

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