Wo die Liebe beginnt

nicht wahr sein, er hat es noch immer nicht begriffen. Und dann wandert sein Blick zu ihr, und ich sehe, wie die Erkenntnis ihn überkommt. Alles scheint gleichzeitig auf ihn einzustürzen.
    Â»Verdammt«, flüstert er. »Dann bist du …«
    Â»Ja«, sagt Kirby vollkommen souverän. »Die bin ich.«
    Â»Meine Tochter?«, fragt er und starrt ihr in die Augen. In seine Augen.
    Â»Ja, so ungefähr«, erwidert sie.
    Er betrachtet sie noch immer und schüttelt perplex den Kopf. Und ich sage noch einmal – an beide gerichtet –, wie leid mir das alles tut.

29 – Kirby
    Â»Wie heißt du noch mal?«, fragt Conrad mich, nachdem Marian es geschafft hat, das Überbringen der Nachricht total zu vermasseln. Überraschung, es ist ein Mädchen! Ach, und übrigens, du bist der Vater. Danach hat sie irgendeine Entschuldigung gestammelt, die er noch nicht angenommen hat. Soweit ich erkennen kann, hat er das auch nicht vor. Und das kann ich ihm nicht mal übel nehmen.
    Â»Kirby«, sage ich. Vielleicht sollte ich noch eine biogra phische Information hinzufügen: Kirby, aus St. Louis. Kirby, Musikerkollegin. Kirby, und ich bin nicht hier, um Alimente aus dir herauszuholen.
    Â»Kirby«, wiederholt er. »Ich sollte jetzt wahrscheinlich etwas wirklich Tiefsinniges sagen, aber …« Er zeigt uns seine leeren Handflächen.
    Ich nicke. Plötzlich möchte ich ihm unbedingt gefallen – oder ihn wenigstens nicht noch mehr verärgern. »Ich brauche nichts Tiefsinniges«, erwidere ich.
    Â»Ja, gut. Ich habe nämlich nichts zu sagen.«
    Â»Das ist schon in Ordnung«, flüstere ich.
    Â»Und ich muss jetzt sowieso zur Arbeit.« Er zieht ein iPhone aus der Tasche und sagt: »Magst du mir deine Nummer geben? Vielleicht können wir uns ja mal unterhalten. Über die letzten … wie alt bist du noch mal?«
    Â»Achtzehn.«
    Â»Ãœber die letzten achtzehn Jahre.« Er schüttelt den Kopf und murmelt irgendwas, das klingt wie »so was Abgefahrenes«.
    Ich schlucke und gebe ihm meine Nummer. Ich beobachte ihn genau dabei, wie er sie in sein Telefon eingibt. Wird er mich je anrufen?
    Â»Und wie heißt du mit Nachnamen?«, will er wissen und schaut mich wieder an.
    Â»Rose«, sage ich verunsichert.
    Er tippt die vier Buchstaben ein. »Schöner Name.«
    Â»Danke.«
    Â»Sind sie denn nett zu dir?«
    Â»Wer?«
    Â»Die Roses. Deine Familie.«
    Â»Ach so. Ja. Ganz nett. Normal halt.«
    Â»Aha. Das ist schön. Da bin ich wirklich froh«, sagt er. Seine Stimme klingt ärgerlich, aber beherrscht, und er wirft Marian einen zornigen Blick zu. Dann nimmt er seinen Teebecher und steht auf. »Also, ich muss los. Aber danke, dass ihr gekommen seid, ihr beide. Hat mich wirklich gefreut.«
    Marian nickt, noch immer auf den Tisch starrend. Dann sieht er mich an. »Schön, dich kennengelernt zu haben, Kirby.«
    Â»Finde ich auch«, sage ich und muss mir eine Träne verkneifen. Ich weiß, dass Marian daran schuld ist, aber es trifft mich trotzdem, dass er nicht länger bleiben und mit mir reden will. Das Ganze fühlt sich so furchtbar an. Er verlässt unseren Tisch, geht zur Tür hinaus und verschwindet um die Ecke. Weg.
    Ich bin schrecklich enttäuscht, sage mir aber, dass ich es nicht persönlich nehmen darf. Und außerdem gehört Zurückweisung einfach zum Thema Adoption dazu. Was habe ich denn erwartet? Ich kann froh sein, dass man mir nicht gleich zweimal die Tür vor der Nase zugeschlagen hat.
    Â»Hm«, sage ich und nehme einen Schluck bitteren Tee, der zu meiner Stimmung passt. »Das ist ja super gelaufen.«
    Als wir zu Marian nach Hause kommen, hat ihre Mutter schon wieder ein köstliches Mahl gezaubert. Anscheinend wissen ihre Eltern, was wir vorhatten, und stellen ein paar vorsichtige Fragen. Schnell wird klar, dass unser Treffen nicht gerade ein Erfolg auf ganzer Linie war.
    Marians Mom lächelt selbstgefällig, was mich nervt, und murmelt etwas wie: »Ich habe es euch doch gesagt«, und: »So ist es am besten.« Marians Dad dagegen scheint zu verstehen, dass es so eben nicht am besten ist, jedenfalls nicht für mich. Er legt mir eine Hand auf die Schulter und versucht mich zu trösten.
    Â»Er muss das erst mal verdauen«, sagt er. »Das war einfach ein bisschen viel auf einmal. Aber er wird sich schon wieder beruhigen.«
    Marian sieht so