Wo die Liebe beginnt
zurückzuzahlen, und uns angefleht, ihrer Mutter nichts zu verraten.«
»Und wollt ihr es ihr sagen oder nicht?«
»Wir müssen es ihr sagen«, antwortet mein Dad. »Wenn du so etwas getan hättest, würden wir das auch wissen wollen.«
»Das würde ich aber nicht tun«, sage ich.
»Das wissen wir. Sie hat uns von eurem Streit erzählt. Und warum du nicht zum Schulball gehen wolltest.«
Ich nicke und warte darauf, dass sie mir vorwerfen, dass ich mich ihnen nicht anvertraut habe. Aber meine Mutter sagt: »Das muss dir sehr schwergefallen sein, Kirby.«
Mein Vater nickt. »Ja, die meisten Leute hätten das wohl nicht durchgehalten.«
Beschämt schaue ich auf den Boden, obwohl ich nicht genau weiÃ, wieso. Wahrscheinlich weil ich diese Art von Aufmerksamkeit nicht gewöhnt bin. Meine Eltern haben mir schon lange nicht mehr gesagt, dass sie stolz auf mich sind. »Ich wollte aber auch nach Chicago«, murmele ich und frage mich, warum ich das Lob nicht einfach annehmen kann.
»Ruf doch gleich mal Belinda an«, schlägt mein Dad vor. »Sie wartet auf dich.«
Kurz darauf stehe ich vor der Tür von Belindas Haus. Dieses Mal klopfe ich an. Sie macht sofort auf und führt mich nach oben in ihr Zimmer. Schweigend setzen wir uns nebeneinander auf ihr Bett. Sie sieht furchtbar aus, so als hätte sie entweder geweint oder ihren Kummer im Alkohol ertränkt oder beides. Ich werfe einen Blick auf die Wand, die über und über mit Gekritzel bedeckt ist â hauptsächlich mit Textzeilen aus seichten Popsongs, zum Beispiel: Where would we be if we couldnât dream? Das wäre sogar ein vernünftiges Zitat, wenn sie es nicht ausgerechnet aus einem Jonas-Brothers-Song hätte.
»Meine Eltern haben mir gesagt, was passiert ist«, sage ich, und kaum sind die Worte raus, fängt sie auch schon an zu heulen. Ich umarme sie.
»Es tut mir leid«, schluchzt sie. »Ich habe dich so mies behandelt â¦Â«
»Das stimmt«, sage ich und lächele sie an.
»Tut mir leid«, wiederholt sie. »Ich weià nicht, was mit mir los ist ⦠Ich bin ständig so deprimiert ⦠und ich habe die Nase voll davon, kein Geld und nie was Schickes zum Anziehen zu haben.«
»Ich weiÃ, Belinda.«
Sie schüttelt den Kopf. »Für dich ist alles anders. Du hast keinen Versager zum Vater â du hast zwei Dads und zwei Moms, und eine davon hat total viel Geld. Charlotte hat mir erzählt, dass du deinen leiblichen Vater kennenlernen wolltest. Und, ist er jetzt ein echter Rockstar?«
Ich zucke mit den Schultern und versuche, alles ein bisschen herunterzuspielen. »Also, cool ist er schon ⦠aber wir können ein anderes Mal darüber reden.«
Sie putzt sich die Nase. »Wahrscheinlich war ich ein bisschen neidisch auf dich. Du erlebst gerade so aufregende Dinge, und du hast Philip. Er findet dich echt toll.«
»Jake findet dich doch auch toll.«
»Nein, der ist wie alle anderen. Er will bloà Sex, mehr nicht.«
»Sie wollen doch alle Sex«, lächele ich, aber ich weià auch, dass Belinda recht hat â mit mir und Philip ist es anders.
»Und deine Eltern. Ich weiÃ, dass du sie doof findest, aber sie sind wirklich super!«
Ich lache verächtlich. »Da sind wir wohl verschiedener Meinung.«
»Nein, im Ernst. Ohne deinen Vater hätte man mich in Handschellen abgeführt. Ich schulde ihm wirklich was. Mehr als die vierhundert Dollar, die er für mich ausgelegt hat. Du hast so ein Glück mit deinen Eltern. Ich habe mir immer solche Eltern wie deine gewünscht.«
Ãberrascht sehe ich sie an. Das ist ja etwas ganz Neues. Das hat sie bisher noch nie gesagt, wenn ich über meine Eltern hergezogen bin.
»Sie sind vielleicht streng, aber sie wollen dein Bestes«, sagt sie.
»Deine Mutter will doch auch dein Bestes.«
»Ja, aber sie ist nie da. Ich weiÃ, das ist nicht ihre Schuld, sie muss arbeiten ⦠Ach, ich weià nicht. Das ist einfach so doof. Ja, ich habe Mist gebaut, und dafür gibt es keine Entschuldigung ⦠aber ich ertrage das alles nicht mehr.«
Ich nehme sie noch einmal in die Arme. Warum habe ich nicht gemerkt, dass es meiner besten Freundin so schlecht geht? Na ja, aber geht es uns nicht allen irgendwann mal schlecht? AuÃer Charlotte vielleicht. Und wer weiÃ, auch Charlotte hat wahrscheinlich weniger gute
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