Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wo die Liebe beginnt

Wo die Liebe beginnt

Titel: Wo die Liebe beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
Vom Netzwerk:
Er möchte gern romantisch sein und macht mir Geschenke ohne Anlass. Einfach, weil er nett sein will.«
    Ich lächele und denke an die Mütze von Peter. Dann frage ich sie, warum Dad sich solche Mühe gibt.
    Â»Wir haben eine schwierige Phase durchgemacht«, erklärt sie.
    Â»Wann denn?« Das ist mir ja ganz neu. Ich dachte immer, meine Eltern kommen gut miteinander aus. Ich kann mich kaum daran erinnern, dass sie einmal gestritten hätten.
    Â»Ach, ich weiß nicht. Ab und zu hat es mal kleinere Reibereien gegeben. Und auch größere … Aber so ist das eben in Beziehungen. Die verlaufen zyklisch. Man muss sich Mühe geben, geduldig sein und – ja, auch wachsam. Vielleicht solltest du mit Peter in eine Paartherapie gehen. Dadurch könntet ihr wieder gegenseitiges Vertrauen aufbauen. Man muss wachsam sein … und miteinander reden.«
    Â»Bist du denn auch der Meinung, wir sollten es Dad sagen? Das mit Kirby?«
    Ein seltsamer Ausdruck huscht über ihr Gesicht, und dann vergräbt sie sich in den Inhalt ihres Koffers.
    Ich warte auf ihre Antwort, aber sie summt nur nervös und bringt ihre Kosmetika ins Bad. »Mom? Hast du meine Frage gehört?« Als sie zurückkommt, spüre ich einen deutlichen Stimmungswechsel bei ihr.
    Â»Liebling …«, beginnt sie. Das Zittern in ihrer Stimme beunruhigt mich. Hat sie vielleicht Krebs oder eine andere schlimme Krankheit? »Dein Vater …« Sie bricht ab, atmet tief durch und setzt wieder neu an. »Dein Vater weiß es schon.«
    Â»Du meinst, du hast mit ihm gesprochen? Heute Abend?« Theoretisch hätte sie ihn zwischen Hauptgang und Dessert anrufen können, als sie kurz auf der Toilette war.
    Â»Nein«, sagt sie mit einer Grimasse.
    Â»Seit wann weiß er es?« Ich versuche verzweifelt, meine Gefühle unter Kontrolle zu halten – eine Mischung aus Schock, Beschämung und dem Gefühl, hintergangen worden zu sein.
    Â»So ziemlich von Anfang an«, gesteht sie.
    Ich starre sie an und gehe aus dem Zimmer.
    Wenige Minuten später kommt sie zu mir in die dunkle Küche, setzt sich neben mich auf den Barhocker und fängt an zu reden. Sie sagt, es sei einfach zu schwer gewesen. Eine Abtreibung hätte sie ihm verschweigen können, nicht aber die Schwangerschaft und die Geburt. Und außerdem fand sie es richtig, es ihm zu erzählen. Ich war zwar schon erwachsen damals, aber immer noch sein kleines Mädchen, und er hätte das Recht gehabt, alles über sein Kind zu erfahren. Sein einziges Kind.
    Widerstrebend akzeptiere ich ihre Erklärung. Immerhin habe ich diesen Gedanken auch schon gehabt, seit Kirby hier gewesen ist. Was ich aber nicht akzeptieren kann, ist die Tatsache, dass sie mir nie gesagt hat, dass er es weiß. Dass sie nie mit offenen Karten gespielt haben. Dass meine Eltern diejenigen mit dem Geheimnis waren – und ich diejenige war, die von nichts wusste. All die Jahre über. Ich weiß ja noch nicht einmal, was mein Vater über die ganze Sache denkt. Ich frage meine Mutter danach und betrachte ihre Hände. Wann haben sie sich eigentlich in die Hände einer älteren Frau verwandelt?
    Sie atmet tief durch und sagt: »Also, zunächst mal war dein Vater wütend, dass ich dich zu einer Abtreibung begleiten wollte, ohne zuerst mit ihm darüber zu sprechen. Er wollte unbedingt, dass du das Baby zur Welt bringst.«
    Â»Ach ja?« Meine Kehle schnürt sich zu. Ich bin froh, das zu erfahren, aber auch traurig, dass er nie die Gelegenheit dazu hatte, Kirby im Arm zu halten oder sich von ihr zu verabschieden. Wenn meine Mutter ehrlich zu mir gewesen wäre, hätte er dabei sein können.
    Â»Du weißt doch, dass er gegen Abtreibung ist. Er meint, du hättest eine solche Entscheidung irgendwann bereut.«
    Ich nicke und frage mich, ob mein Wissen von seinen Überzeugungen meine endgültige Entscheidung beeinflusst hat. Auf einmal fallen mir einige Bemerkungen kontra Abtreibung ein, die er während des Präsidentschaftswahlkampfs 1996 gemacht hat. Damals dachte ich, er hätte einfach seine grundlegende politische Meinung geäußert, aber vielleicht hat er ja versucht, mir eine Botschaft zu senden. Jetzt muss ich alles neu beleuchten, alle unsere Unterhaltungen während der vergangenen Jahre. Unser ganzes Beziehungsgefüge erscheint plötzlich in einem anderen Licht. Nichts ist mehr, wie es schien – aber das

Weitere Kostenlose Bücher