Wo die Liebe beginnt
klingelt mein Handy. Ich bin im Wohnzimmer mit Charlotte, der ich alles erzählt habe â bis auf die Tatsache, wie ich mich im Inneren fühle. Aber ich glaube, sie hat es sowieso gemerkt, und sie freut sich total für mich und redet die ganze Zeit über den Schulball. Sie stellt den Fernseher auf stumm, hebt die Brauen und fragt: »Na? Ist er das?«
Ich nehme das Handy vom Couchtisch und lese Philips Namen â natürlich habe ich ihn schon in mein Adressbuch eingegeben. Ich nicke und lächele. Dann renne ich aus dem Zimmer und melde mich erst, als ich schon halb die Stufen hoch bin.
»Na, was machst du so?«, fragt er, als hätten wir schon tausendmal miteinander telefoniert.
»Ach, nicht viel«, erwidere ich ein bisschen auÃer Atem. Ich schlieÃe meine Zimmertür hinter mir und werfe mich aufs Bett. »Bisschen fernsehen und die Hausaufgaben rauszögern, ohne dass es meine Eltern mitkriegen. Wie immer.«
»Ja, das kenne ich«, sagt er und versichert mir noch einmal, dass es ihm neulich wirklich gut gefallen hat. Eine warme Welle schwappt durch meinen Körper, und gleichzeitig habe ich wieder eine sehr intime Vision von uns beiden, dieses Mal aber ganz jugendfrei und romantisch. Philip trägt einen Smoking, ich habe ein wunderschönes Seidenkleid an, und wir tanzen zu langsamer Musik.
»Mir gingâs genauso«, sage ich mutig. Aber dann kriege ich feuchte Hände, Herzrasen und einen trockenen Mund, als ich es schlieÃlich wage: »Du Philip, ich hätte da eine Frage â¦Â«
»Frag.«
Ich atme tief durch und mich überkommen plötzlich Zweifel. »Also, ich weià nicht, ist wohl eine blöde Idee ⦠total kitschig ⦠und eigentlich bin ich gar nicht der Typ dafür ⦠aber vielleicht wird es ja ganz schön ⦠und Belinda und Jake gehen auch hin ⦠also könnten wir vielleicht auch â¦Â«
»Kirby«, sagt Philip endlich. »Willst du mich fragen, ob ich dich zum Schulball begleite?«
»Hm, ja«, lache ich nervös. »Das habe ich zumindest versucht.«
»Dann frag mich doch richtig. Ohne dieses Drumrumgerede.«
»Möchtest du zu unserem Schulball gehen? Mit mir?« Die letzte Frage hänge ich an, damit absolut kein Zweifel besteht, worum es geht.
»Aber gerne«, sagt er, und sein fröhliches Lächeln scheint durch die Telefonleitung zu strahlen.
»Gut«, lächele ich zurück. »Das ist dann also ein Date.«
Gleich am nächsten Tag fährt meine Mutter Charlotte, Belinda und mich zum Brautmodengeschäft, um uns Ballkleider anzusehen. »Es ist höchste Zeit«, sagt Belinda. Immerhin ist der Ball schon in neun Tagen. Bald wird klar, dass sich Belinda und Charlotte hauptsächlich für lange Roben in frischen Frühlingsfarben interessieren, während ich mich eher zu kürzeren, schwarzen Kleidern hingezogen fühle â vielleicht, weil ich mehrere davon in Marians Kleiderschrank gesehen habe. »Kleine Schwarze« hat sie die genannt. Sie meinte auch, jede Frau bräuchte wenigstens eins davon, besser gleich zwei oder drei.
Aber meine Mutter erklärt sofort, dass schwarze Kleider nichts für Teenager sind und rümpft die Nase, sobald ich eins vom Ständer hole. Einmal wähle ich ein Zwanziger-Jahre-Hängerkleid mit Fransen, und wie aufs Stichwort bemerkt sie: »Dieses Kleid ist viel zu reif für dich.«
»Zu reif?«, frage ich. »Ich dachte, du willst, dass ich reif bin.«
»Du weiÃt, was ich meine«, sagt meine Mom.
Charlotte springt mir zur Seite. »Mom, die Schwarze-Kleider-Regel stammt aus deiner Zeit. Heute tragen alle Schwarz. Es gibt sogar Kinderklamotten in Schwarz. Hast du schon mal die Kinder von Angie und Brad gesehen?«
Meine Mom verdreht die Augen und erklärt, wir sollten »diesen Spinnern« bloà nicht nacheifern.
»Egal. Du hast versprochen, nicht über die Kleider zu urteilen«, erinnere ich sie.
»Ich meine es nicht böse, Mrs. Rose, aber aus dem Grund gehe ich nie mit meiner Mom einkaufen«, sagt Belinda. »Das macht eigentlich niemand, den ich kenne.«
»Das stimmt nicht«, entgegnet meine Mom und funkelt Belinda böse an â wie so oft. »Letzte Woche habe ich Mary Margaret mit ihrer Mutter bei Dillardâs gesehen. Sie hatten ein sehr hübsches wadenlanges Kleid in der Hand â¦Â«
»Wadenlang?«, wiederholt Belinda,
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