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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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Goody Alsop«, sagte Catherine, und ihr ganzes Gesicht erstrahlte in einem Lächeln.
    »O ja, und ein schwerer Tag für eine so junge Hexe«, ergänzte Goody Alsop. »Für halbe Sachen seid Ihr wirklich nicht zu haben, Diana Roydon. Erst seid Ihr keine gewöhnliche Hexe, sondern eine Weberin. Und dann webt Ihr einen Leitzauber, der einen Vogelbeerbaum wachsen lässt, nur um eine Feuerdrachin zu zähmen. Hätte ich das vorhergesehen, hätte ich es nicht geglaubt.«
    »Ich habe die Göttin gesehen«, sagte ich, während sie mir auf die Füße halfen. »Und einen Drachen.«
    »Das war kein Drache«, sagte Elizabeth.
    »Sie hatte nur zwei Beine«, erklärte Marjorie. »Das macht sie zu einer Kreatur des Wassers wie auch des Feuers, die sich zwischen den Elementen bewegen kann. Die Feuerdrachin steht für die Vereinigung der Gegensätze.«
    »Und was auf die Feuerdrachin zutrifft, trifft auch auf die Vogelbeere zu«, ergänzte Goody Alsop mit stolzem Lächeln. »Es geschieht nicht jeden Tag, dass ein Vogelbeerbaum mit seinen Zweigen nach einer Welt greift, während seine Wurzeln sich in eine andere krallen.«
    Trotz des fröhlichen Geschnatters der Frauen um mich herum merkte ich, dass ich an Matthew dachte. Er wartete im Golden Gosling auf Neuigkeiten. Mein drittes Auge öffnete sich und entdeckte einen verzwirbelten rot-schwarzen Strang, der von meinem Herzen aus durch den Raum und das Schlüsselloch in die Dunkelheit dahinter führte. Ich zupfte behutsam daran, und die Kette in meinem Inneren begann augenblicklich mitfühlend zu klirren.
    »Wenn ich mich nicht sehr irre, wird Master Roydon in Kürze erscheinen, um seine Gemahlin abzuholen«, verkündete Goody Alsop trocken. »Also sollten wir Euch wieder aufrichten, sonst glaubt er noch, er könnte Euch uns nicht anvertrauen.«
    »Matthew hat einen starken Beschützerinstinkt«, entschuldigte ich ihn. »Der noch stärker geworden ist, seit …«
    »Ich habe noch keinen Wearh getroffen, der keinen ausgeprägten Beschützerinstinkt hatte. Das liegt in ihrer Natur.« Goody Alsop half mir auf. Die Luft war wieder in Bewegung geraten und strich mir bei jeder Bewegung sanft über die Haut.
    »Master Roydon hat in diesem Fall nichts zu befürchten«, sagte Elizabeth. »Wir werden dafür sorgen, dass Ihr stets den Weg aus der Dunkelheit findet, so wie Eure Feuerdrachin.«
    »Welche Dunkelheit?«
    Die Hexen verstummten.
    »Welche Dunkelheit?«, wiederholte ich und schob meine Müdigkeit beiseite.
    Goody Alsop seufzte. »Es gibt Hexen – ganz wenige Hexen –, die zwischen dieser Welt und der nächsten pendeln können.«
    »Zeitspinnerinnen«, antwortete ich nickend. »Ja, ich weiß. Ich bin eine davon.«
    »Nicht zwischen dieser Zeit und der nächsten, Diana, sondern zwischen dieser Welt und der nächsten.« Marjorie deutete auf den Ast zu meinen Füßen. »Leben – und Tod. Ihr könnt in beiden Welten sein. Darum hat Euch der Vogelbeerbaum erwählt und nicht die Ulme oder die Birke.«
    »Wir hatten schon gerätselt, ob das geschehen könnte. Schließlich wart Ihr in der Lage, das Kind eines Wearh zu empfangen.« Goody Alsop sah mich eindringlich an. Mir war das Blut aus dem Gesicht gesackt. »Was ist denn, Diana?«
    »Die Quitten. Und die Blumen.« Meine Knie begannen wieder zu schlottern, aber ich blieb krampfhaft stehen. »Mary Sidneys Schuhe. Und die Eiche in Madison.«
    »Und der Wearh «, ergänzte Goody Alsop leise. Sie hatte begriffen, ohne dass ich deutlicher zu werden brauchte. »So viele Zeichen deuten darauf hin.«
    Von draußen war ein dumpfes Pochen zu hören.
    »Er darf das nicht wissen«, beschwor ich Goody Alsop und griff nach ihrer Hand. »Noch nicht. Das ist zu früh nach dem Baby, und Matthew will nicht, dass ich mich in Fragen von Leben und Tod einmische.«
    »Dafür ist es ein bisschen spät«, kommentierte sie traurig.
    »Diana!« Matthews Faust donnerte gegen die Tür.
    »Der Wearh wird noch das Holz zertrümmern«, bemerkte Marjorie. »Zwar wird Master Roydon den Bindezauber nicht brechen und eintreten können, aber die Tür wird schrecklich krachen, wenn sie nachgibt. Denkt an Eure Nachbarn, Goody Alsop.«
    Goody Alsop schwenkte die Hand. Die Luft verdichtete und entspannte sich gleich darauf wieder.
    Einen Herzschlag später stand Matthew vor mir. Seine grauen Augen tasteten mich ab. »Was ist hier passiert?«
    »Wenn Diana möchte, dass Ihr es erfahrt, wird sie es Euch erzählen«, sagte Goody Alsop. Sie wandte sich mir zu. »Im Lichte dessen, was

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