Wo die Nacht beginnt
ich ihm den Flugzettel aus John Chandlers Geschäft in Cripplegate – mit den Anweisungen, wie man Ungeziefer fängt – und erzählte Monsieur Vallin von unserer Rattenplage. Danach führte eines zum anderen.« Ich blickte ins Innere der Falle. Mit ihren winzigen Zahnrädern und Sprungfedern war sie eine außerordentlich schön gearbeitete Handwerksarbeit.
»Ganz London leidet unter der Rattenplage.« Matthew musste sich bemühen, nicht die Beherrschung zu verlieren. »Trotzdem kenne ich niemanden, der sie mit einem vergoldeten Spielzeug bekämpfen will. Normalerweise genügen ein paar billige Katzen.«
»Ich werde das selbst bezahlen, Matthew.« Das würde wahrscheinlich ein tiefes Loch in meinen Geldbeutel reißen, und ich wäre gezwungen, Walter um neues Geld zu bitten, aber das war nicht zu ändern. Erfahrung war immer wertvoll. Manchmal auch kostspielig. Ich streckte die Hand nach der Falle aus.
»Hat Vallin auch einen Mechanismus eingebaut, der die Stunden schlägt? Wenn dem so wäre und wenn sie damit das einzige kombinierte Schädlingsbekämpfungsmittel und Uhrwerk wäre, ist der Preis womöglich doch nicht überhöht.« Matthew versuchte eine strenge Miene zu machen, aber dann brach das Grinsen durch. Statt mir die Falle zu geben, nahm er meine Hand, hob sie an seinen Mund und küsste sie. »Ich werde die Rechnung begleichen, mon cœur, aber nur, wenn ich dafür das Recht bekomme, dich die nächsten sechzig Jahre damit aufzuziehen.«
In diesem Moment kam George in die Eingangshalle gestürmt, gefolgt von einem Schwall eisiger Luft.
»Ich habe Neuigkeiten!« Er schleuderte den Umhang beiseite und stellte sich in Positur.
Kit ließ stöhnend den Kopf in beide Hände sinken. »Sagt nichts. Dieser Idiot Ponsonby hat Gefallen an Eurer Homerübersetzung gefunden und will sie ohne weitere Korrekturen publizieren.«
»Nicht einmal Ihr werdet mein Wohlgefallen an dem, was ich heute erreicht habe, mindern, Kit.« George sah sich erwartungsvoll um. »Und? Ist keiner von Euch auch nur ein bisschen neugierig?«
»Was gibt es für Neuigkeiten, George?«, fragte Matthew gedankenverloren, warf die Falle in die Luft und fing sie wieder auf.
»Ich habe Mistress Roydons Manuskript gefunden.«
Matthews Finger krallten sich um die Rattenfalle. Der Mechanismus sprang auf. Als er seinen Griff löste, fiel die Falle klappernd auf den Tisch und schnappte zu. »Wo?«
Instinktiv trat George einen Schritt zurück. Ich hatte mich schon öfter den inquisitorischen Fragen meines Gemahls stellen müssen und wusste, wie nervös man wurde, wenn ein Vampir seine ganze Aufmerksamkeit auf einen richtete.
»Ich wusste, dass Ihr sie schließlich finden würdet«, erklärte ich George warmherzig und legte eine Hand auf Matthews Arm, um ihn zu bremsen. Wie nicht anders zu erwarten, beruhigte diese Bemerkung unseren Gast und ließ ihn an den Tisch zurückkehren, wo er einen Stuhl herauszog und sich setzte.
»Ihr Vertrauen bedeutet mir viel, Mistress Roydon«, sagte George und zog die Handschuhe aus. Er schniefte. »Vor allem, da es nicht von allen geteilt wird.«
»Wo. Ist. Es?«, fragte Matthew langsam und mit zusammengebissenen Zähnen.
»An einem Ort, an dem jeder es erwarten würde und wo jeder es sehen kann. Eigentlich überrascht mich, dass wir nicht gleich darauf gekommen sind.« Er hielt wieder inne, um sicherzugehen, dass alle ihm zuhörten. Matthew stieß ein kaum hörbares frustriertes Knurren aus.
»George«, warnte Kit ihn. »Ihr wisst, wie bissig Matthew werden kann.«
»Dr. Dee hat es«, platzte es aus George heraus, als Matthew sein Gewicht auf den anderen Fuß verlagerte.
»Der Astrologe der Königin«, sagte ich. George hatte recht: An ihn hätten wir von Anfang an denken sollen. Dee war ebenfalls Alchemist – und er besaß die umfangreichste Bibliothek in ganz England. »Aber der ist doch in Europa.«
»Dr. Dee ist vor über einem Jahr aus Europa zurückgekehrt. Inzwischen wohnt er außerhalb von London.«
»Bitte sagt mir, dass er weder ein Hexenmeister noch ein Vampir oder Dämon ist«, beschwor ich George.
»Er ist nur ein Mensch – und dazu ein übler Hochstapler«, sagte Marlowe. »Ich würde nichts von dem glauben, was er erzählt, Matt. Er hat den armen Edward schrecklich ausgenutzt und ihn Tag und Nacht gezwungen, in Kristalle zu starren oder mit Engeln über Alchemie zu schwatzen. Und dann hat Dee alles, was er dabei erfahren hat, als sein eigenes Wissen ausgegeben!«
»Den armen Edward?«,
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