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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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und Barken, die über die Themse setzten. Auf diese Entfernung wirkten sie wie Glühwürmchen vor dem dunklen Fluss. Ich hörte Lachen, Musik, die vielen Alltagsgeräusche, an die ich mich während unserer Monate hier so gewöhnt hatte.
    »Du hast also die Königin getroffen, die Börse bei Nacht gesehen und in einem Theaterstück mitgespielt, statt es nur anzusehen«, zählte Matthew an den Fingern ab.
    »Außerdem haben wir Ashmole 782 gefunden. Und ich habe entdeckt, dass ich eine Weberin bin und dass die Magie sich nicht so diszipliniert verhält, wie ich es gerne hätte.« Ich ließ den Blick über die Stadt schweifen und dachte daran, wie wir hier angekommen waren und wie Matthew mir damals die verschiedenen Wahrzeichen gezeigt hatte, damit ich mich nicht verlief. Inzwischen konnte ich sie selbst aufzählen. »Da drüben liegt Bridewell.« Ich streckte den Finger aus. »Und da steht St. Paul’s. Und da sind die Bärenarenen.« Ich wandte mich dem schweigenden Vampir an meiner Seite zu. »Danke für diesen Abend, Matthew. Wir hatten nie ein richtiges Date – in aller Öffentlichkeit, so wie heute. Es war bezaubernd.«
    »Ich habe dich nicht so umworben, wie du es verdienst. Wir hätten mehr Abende so wie heute mit Tanzen und unter dem Sternenhimmel verbringen sollen.« Er legte den Kopf in den Nacken, und der Mond schien auf seine blasse Haut.
    »Du glühst ja«, sagte ich leise und strich über sein Kinn.
    »Du auch.« Matthews Hände legten sich auf meine Taille und schlossen unser Kind in die Umarmung ein. »Dabei fällt mir etwas ein. Dein Vater hat uns eine ganze Liste an Aufgaben mitgegeben.«
    »Wir haben uns amüsiert. Du hast gezaubert, indem du mir die Börse gezeigt und mich mit diesem Ausblick überrascht hast.«
    »Damit bleiben nur noch zwei Punkte. Die Dame hat die Wahl: Ich kann den Mond anheulen, oder wir können ein bisschen knutschen.«
    Ich lächelte und senkte eigenartig schüchtern den Blick. Matthew legte den Kopf in den Nacken und holte tief Luft.
    »Kein Heulen. Damit hetzt du uns nur die Nachtwache auf den Hals«, protestierte ich lachend.
    »Dann bleibt nur noch knutschen«, sagte er leise und drückte seine Lippen auf meine.
    Am nächsten Morgen saßen alle gähnend beim Frühstück, nachdem jeder bis in die frühen Morgenstunden unterwegs gewesen war. Tom und Jack waren gerade erst aufgestanden und verschlangen Schüsseln voller Haferbrei, als Gallowglass ins Zimmer trat und Matthew etwas ins Ohr flüsterte. Als ich Matthews traurige Miene sah, dörrte mein Mund aus.
    »Wo ist mein Dad?« Ich sprang auf.
    »Er ist heimgekehrt«, sagte Gallowglass beinahe schroff.
    »Warum hast du ihn nicht aufgehalten?« Ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen schossen. »Er kann doch nicht einfach so verschwinden. Ich hätte wenigstens noch ein paar Stunden mit ihm verbringen wollen.«
    »Dir hätte keine Zeit der Welt genügt, Tantchen«, erklärte Gallowglass mir traurig.
    »Aber er hat sich nicht verabschiedet«, flüsterte ich wie betäubt.
    »Ein Vater sollte sich niemals endgültig von seinem Kind verabschieden müssen«, sagte Matthew.
    »Stephen hat mich gebeten, dir das zu geben«, sagte Gallowglass. Es war ein Papier, das zu einem Origamiboot gefaltet war.
    »Schwäne hatte Daddy einfach nicht drauf.« Ich wischte mir über die Augen. »Aber im Bootefalten war er wirklich gut.« Behutsam faltete ich das Blatt auf.
    Diana:
    Du bist all das geworden, was wir uns immer erträumt haben.
    Das Leben bildet den starken Kettfaden der Zeit. Der Tod ist nur der Schussfaden. Durch deine Kinder und deren Kinder werde ich ewig leben.
    Dad
    P.S. Wenn du in Hamlet die Zeile » Etwas ist faul im Staate Dänemark « liest, dann denk an mich.
    »Du sagst selbst, dass Magie nichts anderes ist als wahr gewordenes Begehren. Vielleicht sind Zauberformeln nur Worte, die du mit ganzem Herzen glaubst«, sagte Matthew und legte mir die Hände auf die Schultern. »Er liebt dich. Und wird dich immer lieben. Genau wie ich.«
    Seine Worte durchdrangen all die Fäden, die uns verbanden, Hexe und Vampir. Sie ließen keinen Zweifel an seinen Gefühlen.
    »Ich liebe dich auch«, flüsterte ich und verstärkte seinen Zauberspruch durch meinen.

39
    M ein Vater hatte London verlassen, ohne sich zu verabschieden. Ich war entschlossen, nicht so sang- und klanglos zu verschwinden. Daher bildeten meine letzten Tage in London ein komplexes Gewebe aus Worten und Wünschen, Zauberformeln und Magie.
    Als ich dem Haus meiner

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