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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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antwortete nicht, sondern starrte mich weiter an, als hätte sie einen Geist erblickt. Ihre Mutter sah zu mir herüber, um festzustellen, was das Mädchen so fesselte, und schnappte unwillkürlich nach Luft. Ihr Blick kribbelte auf meiner Haut, während sie mein Gesicht und meinen Körper studierte. Auch sie war eine Hexe.
    Ich zwang mich, auf die Pastetenbäckerei zuzugehen. Mit jedem Schritt kam ich den beiden Hexen näher. Die Mutter drückte das Kind an ihre Röcke, und Rebecca wand sich protestierend.
    »Sie sieht aus wie Grand-dame «, flüsterte Rebecca und versuchte, mich genauer in Augenschein zu nehmen.
    »Psst«, befahl ihre Mutter. Sie sah mich entschuldigend an. »Du weißt, dass deine Grand-dame schon gestorben ist, Rebecca.«
    »Ich bin Diana Roydon.« Ich nickte zu dem Schild über ihren Schultern hin. »Ich wohne hier im Hart and Crown.«
    »Aber dann seid Ihr …« Die Frau drückte Rebecca fester an sich und sah mich mit großen Augen an.
    »Ich bin Rebecca White«, sagte das Mädchen, als hätte es die Reaktion seiner Mutter gar nicht bemerkt. Die Kleine sank in einen flachen, flüchtigen Knicks. Auch der kam mir vertraut vor.
    »Es ist mir eine Ehre, Euch kennenzulernen. Seid Ihr neu in Blackfriars?« Ich wollte so lange wie möglich mit den zweien plaudern, und sei es nur, um ihre vertrauten und doch fremden Gesichter zu ergründen.
    »Nein. Wir wohnen bei dem Hospital nahe dem Smithfield Market«, erklärte Rebecca.
    »Ich nehme Patienten bei mir auf, wenn das Krankenhaus überfüllt ist.« Die Frau zögerte. »Ich bin Bridget White, und das ist meine Tochter Rebecca.«
    Auch ohne die vertrauten Vornamen Rebecca und Bridget erkannte ich diese beiden Hexen mit jeder Faser meines Körpers wieder. Bridget Bishop war gegen 1632 geboren worden, und der erste Name im Zauberbuch der Bishops war der von Bridgets Großmutter Rebecca Davies. Würde dieses zehnjährige Mädchen eines Tages heiraten und diesen Namen annehmen?
    Rebeccas Blick wurde von etwas an meinem Hals angezogen. Ich fasste nach oben. Ysabeaus Ohrringe.
    Ich hatte drei Objekte eingesetzt, um mich und Matthew in die Vergangenheit zu bringen: eine handschriftliche Kopie des Doctor Faustus , eine silberne Schachfigur und einen Ohrring, der in Bridget Bishops Puppe versteckt gewesen war. Diesen Ohrring. Ich hielt ihn fest und zog den dünnen Golddraht aus meinem Ohr. Ich hatte bei Jack die Erfahrung gemacht, dass es klug war, Kindern direkt in die Augen zu sehen, wenn man einen bleibenden Eindruck hinterlassen wollte, und ging darum in die Hocke, bis wir auf gleicher Höhe waren.
    »Ich brauche jemanden, der das hier für mich aufbewahrt.« Ich hielt ihr den Ohrring hin. »Eines Tages werde ich ihn brauchen. Würdest du ihn an dich nehmen?«
    Rebecca sah mich ernst an und nickte. Ich nahm ihre Hand, spürte, wie uns das Bewusstsein in einem Strom durchlief, und drückte ihr das Schmuckstück in die Handfläche. Sofort schloss sie die Finger. »Darf ich, Mama?«, flüsterte sie Bridget verspätet zu.
    »Ich denke, das ist schon recht so«, antwortete ihre Mutter skeptisch. »Komm, Rebecca. Wir müssen gehen.«
    »Ich danke dir«, sagte ich, drückte Rebeccas Schulter und sah Bridget an. »Und ich danke Euch.«
    Ich spürte einen leisen Druck in meinem Rücken. Ich wartete, bis Rebecca und Bridget außer Sichtweite waren, und drehte mich dann zu Christopher Marlowe um.
    »Mistress Roydon.« Kits Stimme war heiser, und er sah aus wie der Tod selbst. »Walter hat mir erzählt, dass Ihr heute Abend abreisen werdet.«
    »Ich habe ihn gebeten, Euch das auszurichten.« Ich zwang Kit durch pure Willenskraft, mir in die Augen zu sehen. Auch das konnte ich noch ändern: Ich konnte dafür sorgen, dass sich Matthew von dem Mann verabschieden konnte, der einst sein engster Freund gewesen war.
    Kit sah betreten auf seine Füße und verbarg sein Gesicht. »Ich hätte nicht kommen sollen.«
    »Ich verzeihe Euch, Kit.«
    Marlowes Kopf hob sich überrascht. »Warum?«, fragte er verständnislos.
    »Weil Ihr ihn liebt. Und weil ein Teil von Matthew bei Euch bleiben wird, solange er Euch die Schuld an dem gibt, was mir widerfahren ist. Und zwar für immer«, erklärte ich schlicht. »Kommt mit nach oben, und verabschiedet Euch von ihm.«
    Matthew hatte schon gespürt, dass ich jemanden mitbringen würde, und erwartete uns auf der Treppe. Ich küsste ihn sanft auf den Mund und schob mich an ihm vorbei, um zu unserem Schlafzimmer zu kommen.
    »Dein Vater hat dir

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