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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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Assistenten, das Feuer wieder anfachte, notierte ich am Rand eines der alchemistischen Bücher aus dem Bestand der de Clermonts, was schiefgelaufen war und was dagegen unternommen werden konnte. Ich war nicht die Erste, die den breiten Rand des Buches für Notizen verwendete, und einige der früheren Kritzeleien hatten mir schon gute Dienste erwiesen. Irgendwann würden es meine vielleicht auch tun.
    Étienne, mein zweiter fehlgeleiteter Assistent, kam in den Raum gelaufen, flüsterte seinem Partner etwas ins Ohr und erhielt im Austausch etwas Glänzendes.
    » Milord encore«, flüsterte der Junge im Gegenzug.
    »Worauf wettest du, Thomas?«, wollte ich wissen. Die beiden sahen mich verständnislos an und zuckten mit den Achseln. Sie taten so bemüht gleichgültig, dass ich unwillkürlich um Matthews Wohlergehen fürchtete. »Die Scheune, wo steht die?«, fragte ich und zerrte mir die Schürze vom Leib.
    Äußerst widerstrebend führten Thomas und Étienne mich durch das Haupttor der Burg und zu einem Bau aus Holz und Stein. Eine Rampe führte auf ein breites, verriegeltes Tor unter einem steilen Dach zu, aber die Jungen deuteten stattdessen auf eine Leiter am anderen Ende. Die Sprossen verloren sich in der nach Heu duftenden Dunkelheit.
    Thomas stieg voran, ermahnte uns mit ausgreifenden Gesten leise zu sein und beschwor mich mit einem Mienenspiel, das einem Stummfilmschauspieler Ehre gemacht hätte, keinen Mucks von mir zu geben. Étienne hielt die Leiter, während ich nach oben kletterte, und gleich darauf zog mich der Dorfschmied auf den staubigen Heuboden.
    Mein Erscheinen wurde von der halben Belegschaft von Sept-Tours interessiert, aber nicht überrascht zur Kenntnis genommen. Ich hatte es eigenartig gefunden, dass nur ein einsamer Posten vor dem Schlosstor Wache stand. Wie sich herausstellte, waren die anderen Wachsoldaten hier, zusammen mit Catrine, ihrer älteren Schwester Jehanne, dem Großteil der Küchenmannschaft und den Kammerdienern.
    Ein weiches, scharfes Sausen, wie ich es noch nie gehört hatte, lenkte meinen Blick ab. Das harte Klirren und das Kreischen von Metall auf Metall waren leichter zu erkennen. Matthew und sein Vater hatten das Messerwerfen beendet und sich in den bewaffneten Kampf begeben. Ich presste die Hand auf den Mund, um einen Aufschrei zu unterdrücken, als die Spitze von Philippes Schwert Matthews Schulter durchbohrte. Blutige Risse bedeckten ihre Hemden, Hosen und Beinlinge. Offenbar kämpften sie schon länger, und offenbar war dies kein ritualisiertes Fechtduell.
    Alain und Pierre standen schweigend an der gegenüberliegenden Wand. Der gestampfte Boden um sie herum war wie ein Nadelkissen gespickt mit den verschiedensten Waffen, die gerade nicht benötigt wurden. Beide Diener der de Clermonts bekamen genau mit, was um sie herum passierte, und registrierten somit auch meine Ankunft. Sie sahen verstohlen zum Heuboden auf und warfen einander kurz einen besorgten Blick zu. Matthew bemerkte nichts. Er hatte mir den Rücken zugewandt, und in der Scheune roch es zu stark, als dass er mich wahrgenommen hätte. Philippe, der in meine Richtung sah, bemerkte mich entweder nicht oder interessierte sich nicht für mich.
    Matthews Klinge durchstach Philippes Arm. Als Philippe das Gesicht verzog, feixte sein Sohn ironisch. »Nicht schmerzhaft nenne, was wohl dir tut«, murmelte Matthew.
    »Ich hätte dich nie Griechisch lernen lassen sollen – oder Englisch. Deine Kenntnisse haben mir nichts als Leid eingebracht«, erwiderte Philippe ungerührt und zog die Klinge aus seinem Arm.
    Schwerter schlugen, klirrten, wirbelten. Matthew hatte aufgrund seiner Größe einen leichten Vorteil, und dank seiner längeren Arme konnte er weiter ausgreifen und vorrücken. Er kämpfte mit einer langen, leicht zitternden Klinge, die er teils mit einer, teils mit beiden Händen führte. Das Heft wechselte ständig in seinem Griff, um die Attacken seines Vaters zu kontern. Aber Philippe war kräftiger und teilte mit dem kürzeren Schwert, das er locker mit einer Hand führte, gemeine Streiche aus. Außerdem trug Philippe ein rundes Schild, mit dem er Matthews Schläge abwehrte. Falls Matthew anfangs ebenfalls ein solches Schild geführt hatte, war es inzwischen verschwunden. Obwohl die beiden Männer sich körperlich in nichts nachstanden, kämpften sie völlig unterschiedlich. Philippe genoss den Waffengang und kommentierte den Kampf, während er Matthews Schläge parierte. Matthew andererseits blieb still und

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