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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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Diana?«
    »Ja«, flüsterte ich.
    »Kommt einen Schritt näher.«
    Als ich es tat, begann Matthew um sich zu schlagen, obwohl sein Vater mit aller Kraft seine Luftröhre zudrückte. Ich schrie auf, und Matthew begann noch wilder um sich zu dreschen.
    »Matthew ist im Blutrausch. Wir Manjasang sind der Natur näher als andere Kreaturen – wir sind Raubtiere geblieben, selbst wenn wir noch so viele Sprachen beherrschen und noch so feine Kleider tragen. Das ist der Wolf in ihm, der sich befreien will, um töten zu können.«
    »Im Blutrausch?« Meine Worte waren nur noch ein Hauch.
    »Nicht alle unserer Art sind dafür anfällig. Die Krankheit liegt Ysabeau im Blut, sie wurde ihr von ihrem Schöpfer vererbt und von ihr an ihre Kinder weitergegeben. Ysabeau und Louis leiden nicht darunter, Matthew und Louisa schon. Und Matthews Sohn Benjamin hat die Neigung ebenfalls geerbt.«
    Ich wusste zwar nichts über Matthews Sohn, aber über Louisa hatte Matthew mir haarsträubende Geschichten erzählt. Offenbar lag Matthew dieselbe Neigung zum Exzess im Blut – und er würde sie womöglich an unsere Kinder weitergeben, falls wir je welche bekommen sollten. Gerade hatte ich noch geglaubt, ich würde endlich all die Geheimnisse kennen, die Matthew daran hinderten, mit mir zu schlafen, da tauchte schon das nächste auf: die Angst vor einer Erbkrankheit.
    »Was löst ihn aus?« Ich zwängte die Worte durch meine enge Kehle.
    »Vieles, und er wird schlimmer, wenn Matthew müde oder hungrig ist. Matthew gehört nicht mehr sich selbst, wenn er im Rausch ist, und manchmal handelt er dabei gegen seine wahre Natur.«
    Eleanor. War an diesem Blutrausch etwa eine von Matthews großen Lieben zugrunde gegangen, gefangen in Jerusalem zwischen einem wütenden Matthew und Baldwin? Plötzlich erschienen mir die ständigen Warnungen vor seinem besitzergreifenden Wesen nicht mehr so weit hergeholt. Genau wie bei meinen Angstattacken handelte es sich dabei um eine physiologische Reaktion, die Matthew vielleicht nie völlig beherrschen würde.
    »Habt Ihr ihn darum heute herbestellt? Weil Ihr ihn zwingen wolltet, der Welt seine Verletzlichkeit zu zeigen?«, wollte ich wütend von Philippe wissen. »Wie konntet Ihr das tun? Ihr seid sein Vater!«
    »Wir sind eine verräterische Spezies. Ich könnte mich eines Tages gegen ihn wenden.« Philippe zuckte mit den Achseln. »Oder gegen Euch, Hexe.«
    Im nächsten Moment hatte Matthew sich erhoben und Philippe an die Wand gegenüber gepresst. Doch bevor er daraus Vorteil schlagen konnte, packte Philippe ihn am Hals. Auge in Auge standen sich die beiden gegenüber.
    »Matthew!«, sagte Philippe scharf.
    Sein Sohn drückte weiter zu, inzwischen hatte er nichts Menschliches mehr an sich. Er wurde nur noch von dem Wunsch getrieben, seinen Gegner zu bezwingen und ihn notfalls zu töten. In unserer kurzen Beziehung hatte es schon öfter Momente gegeben, in denen mir die furchterregenden Erzählungen über die Vampire glaubhaft erschienen waren, und dies war einer davon. Aber ich wollte meinen Matthew zurückhaben. Ich machte einen Schritt auf ihn zu, was ihn nur noch wütender zu machen schien.
    »Keinen Schritt näher, Diana.«
    »Das wollt Ihr nicht, Milord«, mischte sich Pierre ein und eilte an die Seite seines Herrn. Er hob den Arm. Ich hörte ein Knacken, dann sah ich Pierres Arm nutzlos nach unten fallen, an Schulter und Ellbogen gebrochen, während aus einer Wunde am Hals das Blut spritzte. Pierre wand sich und presste die Finger der gesunden Hand auf den ungestümen Biss.
    »Matthew!«, schrie ich.
    Das hätte ich lieber nicht getan. Mein verzweifelter Schrei machte ihn nur noch wilder. Pierre war für ihn nicht mehr als ein lästiges Hindernis. Ohne den Hals seines Vaters loszulassen, schleuderte Matthew Pierre quer durch den Raum, sodass er gegen die Scheunenwand krachte.
    »Still, Diana. Matthew ist jenseits aller guten Worte. Matthaios!« , bellte Philippe unvermittelt. Matthews Griff lockerte sich nicht.
    »Ich weiß, was du getan hast.« Philippe wartete ab, bis seine Worte in Matthews Bewusstsein gedrungen waren. »Hörst du mich, Matthew? Ich kenne meine Zukunft. Du hättest den Zorn niedergekämpft, wenn du gekonnt hättest.«
    Philippe hatte richtig geschlossen, dass sein Sohn ihn irgendwann umbringen würde, aber er wusste nicht wie oder warum. Er konnte sich das nur durch Matthews Krankheit erklären.
    »Du verstehst das nicht«, sagte Matthew dumpf. »Das kannst du nicht.«
    »Du benimmst

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