Wo die Nelkenbaeume bluehen
lassen.
Und so ging er einfach über ihren Einwurf weg, als hätte er ihn gar nicht gehört. „Ihr wisst doch, dass wir alle hier wegmüssen, wenn dieser Engländer bei der Versteigerung den Zuschlag für die Farm bekommt.“
Imani zuckte mit den Schultern. „Und, was bitte sollen wir dagegen unternehmen? Als ob sich irgendjemand für das interessieren würde, was wir sagen oder tun.“
Hashim lächelte. „Das werden wir ja sehen“, sagte er. „Hört zu, ich habe da eine Idee …“
Stephen seufzte. Drei Tage waren vergangen, seit er Lena geküsst hatte, und sie wollte ihm einfach nicht aus dem Kopf gehen. Doch jetzt hatte er Wichtigeres zu tun. Heute war der Termin für die Zwangsversteigerung der Bennett-Farm.
Er sah Rachels Hinterkopf durch die offen stehende Verandatür, während er in den Spiegel blickte und seine Krawatte richtete. Wenn er sie so sah – mit einer karierten Decke über den Beinen, die zum Teil ihren Rollstuhl verdeckte, dasitzend und aufs Meer hinausblickend, rechnete er fast damit, dass sie jeden Moment einfach aufstehen und mit ihrem ansteckenden Lächeln zu ihm ins Zimmer treten würde.
Doch das würde niemals geschehen.
Deine Schuld …
Manchmal fing er an, das Schicksal für seine Grausamkeit zu verfluchen. Aber dann erinnerte er sich stets daran, was Ngabile, Rachels Pflegerin, einmal zu ihm gesagt hatte.
„Sie lebt“, waren ihre Worte gewesen. „Dafür sollten Sie dankbar sein. Viele haben in jenen Tagen Menschen verloren, die sie liebten.“
Nur – hatte er das im Grunde nicht auch? Die Rachel, die er von früher kannte, seine kleine Schwester, mit der er aufgewachsen war, existierte nicht mehr. Ihr Körper saß zwar dort draußen auf der Veranda, doch das, was sie einst ausgemacht hatte, war fort. Durch eine Kopfverletzung ausgelöscht wie eine Kerzenflamme vom Wind, vor nunmehr beinahe zwanzig Jahren.
War es unter diesen Umständen eine Gnade, dass sie lebte? An manchen Tagen fragte er sich, was Rachel sich wohl gewünscht hätte. Und er war sich beinahe sicher, dass sie lieber gestorben wäre, als wie eine seelenlose Hülle dahinzuvegetieren.
Nicht einmal das hast du richtig gemacht .
Er schüttelte den schmerzlichen Gedanken ab und fokussierte sich stattdessen darauf, was vor ihm lag.
Endlich war der große Tag gekommen, an dem die Versteigerung der Spice-Farm stattfand. Endlich rückte die Realisierung seines größten Projekts in greifbare Nähe. Jahrelang hatte er versucht, Rafe Bennett zum Verkauf seines Lands zu bewegen, doch der alte Sturkopf war nicht zur Vernunft zu bringen gewesen. Nun stand seinem Vorhaben nichts mehr im Wege.
Er wandte sich vom Spiegel ab und trat hinaus auf die Veranda. Rachels Blick ging ins Leere. Die Ärzte glaubten nicht, dass sie von ihrer Umwelt noch etwas mitbekam. Doch Stephen war es egal, was diese Quacksalber sagten. Sie war seine Schwester.
„Ich muss los, Rach“, flüsterte er und küsste sie sanft auf die Stirn. „Die Versteigerung, du weißt schon. Drück mir die Daumen, okay?“
Rachel regte sich nicht.
Natürlich nicht, wie sollte sie auch?
Einmal noch streichelte Stephen ihr über ihr prachtvolles kupferfarbenes Haar, ehe er zurück ins Haus ging. Ngabile war in der Küche und bereitete das Mittagessen vor.
„Es scheint ihr heute recht gut zu gehen“, sagte er zu Rachels Pflegerin.
Sie drehte sich zu ihm und schenkte ihm ein Lächeln. „Sie hat einen Bruder, der sie liebt und auf Händen trägt“, entgegnete sie. „Da kann es ihr doch nur gut gehen.“
Stephen wusste, dass sie es ehrlich meinte, daher freuten ihn ihre Worte umso mehr. „Ich muss jetzt los“, sagte er.
Ngabile seufzte. „Ich würde Ihnen ja viel Erfolg wünschen, aber …“ Lächelnd zuckte sie die Schultern. „Wir wissen wohl beide, dass ich das in diesem Fall leider nicht kann.“
„Dafür habe ich Verständnis“, entgegnete er, denn er wusste, dass Ngabile und Aaliyah, Rafe Bennetts Haushälterin, miteinander verwandt waren. „Und ich weiß auch, dass Sie über meine Pläne, die ich mit dem Grundstück habe, nicht besonders glücklich sind.“
„Nein“, erwiderte sie ehrlich. „Aber Sie müssen tun, was Sie tun müssen. Das verstehe ich.“
Stephen schenkte ihr ein Lächeln, dann verließ er die Küche, nahm seine Schlüssel vom Kommodenschrank und trat aus dem Haus. Ihm fiel beinahe sofort auf, dass etwas nicht stimmte, doch er brauchte einen Moment, um die Ursache hierfür zu erkennen.
„ Hiyo haiwezi kuwa kweli
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