Wo die Nelkenbaeume bluehen
!“, entfuhr es ihm auf Swahili, als er bemerkte, dass beide Reifen auf der rechten Seite seines Wagens platt waren. „Das darf ja wohl nicht wahr sein!“
Mit langen Sätzen stürmte er die Verandastufen hinunter auf seinen Wagen zu und sah, wie sechs halbwüchsige Jungs aufsprangen und hastig die Flucht ergriffen.
„Hey!“, rief er und beschleunigte seine Schritte. „Bleibt stehen, ihr Rotzlöffel!“
Die Jungen dachten natürlich gar nicht daran, ihm zu gehorchen. Im Gegenteil: Sie rannten nur noch schneller. Doch Stephen war nicht gewillt, sie damit durchkommen zu lassen.
Die Jungs schlugen Haken wie die Hasen, und als sie merkten, dass Stephen mit ihnen mithalten konnte, trennten sie sich plötzlich, so als hätten sie ein lautloses Kommando erhalten. Stephen musste sich für einen von ihnen entscheiden. Seine Wahl fiel auf einen Jungen, der ein wenig hinkte und deshalb zurückgefallen war.
Er mobilisierte all seine Kräfte und kam bis auf wenige Schritte Abstand an den Fliehenden heran. Stephen streckte seinen Arm aus und griff nach der Kapuze am Shirt des Jungen. Zweimal entglitt sie seinen Fingern, doch beim dritten Mal schaffte er endlich es, sie festzuhalten.
Mit einem triumphierenden Aufschrei zog er den Flüchtenden zurück. Der dünne Stoff des Shirts machte ein reißendes Geräusch, hielt aber. Der Junge ruderte mit den Armen und versuchte, sich loszureißen – vergeblich. Als Stephen ins Stolpern geriet, riss er ihn mit sich in den Staub.
„Lassen Sie mich los!“, schrie der Junge und startete einen zweiten Versuch, sich aus Stephens Griff zu befreien. „Sie haben kein Recht, mich festzuhalten!“
Doch Stephen war unerbittlich. „Und ihr hattet kein Recht, mir die Reifen zu zerstechen“, gab er hart zurück. Zum ersten Mal hatte er Gelegenheit, den Jungen näher zu betrachten. „Moment mal“, sagte er und runzelte die Stirn. „Dich kenn ich doch! Bist du nicht der Sohn von Rafe Bennetts Haushälterin? Wie heißt du noch gleich?“
Der Kleine zappelte erneut, merkte aber schnell, dass es ihm nicht weiterhalf. Schließlich gab er auf und bedachte Stephen mit einem Blick, der wohl Selbstsicherheit vermitteln sollte, aber eher kläglich wirkte. „Ich muss überhaupt nicht mit Ihnen reden!“
„Das mag schon sein“, entgegnete Stephen und rappelte sich auf, ohne den Jungen dabei auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. „Aber in diesem Fall müsste ich dann wohl die Polizei rufen.“
„Nein!“, rief der Teenager aus und riss entsetzt die Augen auf. „Bitte, halten Sie die bloß da raus! Meine mama gibt mir Hausarrest bis an mein Lebensende, wenn ich Probleme mit der Polizei kriege!“
„Fangen wir also noch mal von vorne an: Wie heißt du?“
„Hashim“, antwortete er widerwillig. „Hashim Maalouf.“
Stephen nickte. „Also hatte ich tatsächlich recht: Du bist Aaliyahs Sohn.“ Er fasste den Jungen am Arm und zog ihn unsanft auf die Füße. „Na komm, schauen wir uns das Malheur einmal zusammen an!“ Als sie den Wagen erreichten, fluchte Stephen laut. Alle vier Reifen waren zerstochen. „Warum, zum Teufel, habt ihr das gemacht? Was …?“ Er unterbrach sich selbst, als es ihm wie Schuppen von den Augen fiel.
Die Versteigerung!
Er warf einen raschen Blick auf seine Armbanduhr und fluchte zum zweiten Mal. Ihm war gar nicht aufgefallen, wie viel Zeit verstrichen war, während er den Jungs nachgehetzt war. Die Versteigerung der Spice-Farm würde in weniger als einer Stunde beginnen. Und für die Strecke von Jambiani nach Sansibar Stadt brauchte man, wenn alles gut lief, mindestens fünfzig Minuten.
Ohne auch nur eine weitere Sekunde zu zögern, zückte er sein Handy, rief im Hotel an und bat einen Angestellten, ihn abzuholen, und fügte hinzu: „Wenn wir es bis Viertel vor eins nach Sansibar Stadt schaffen, zahle ich Ihnen diesen Monat einen Extrabonus.“
Als er das Gespräch beendete, merkte er, dass Hashim sich gerade verdrücken wollte. „Moment mal, junger Mann!“, knurrte er. „Wo willst du denn hin?“
Der Junge erstarrte. „Ich … Sie wollen doch weg, oder?“
„Allerdings“, entgegnete Stephen. „Aber du, mein Freund, wirst mich begleiten.“
Hashim konnte nicht verbergen, wie unwohl er sich in seiner Haut fühlte. Doch ihm blieb nichts anderes übrig, als sich in sein Schicksal zu fügen, als der Wagen kurze Zeit später auf dem Hof vorfuhr.
Die Fahrt nach Sansibar Stadt erschien Stephen wie ein Horrortrip. Es kam ihm vor, als würden
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