Wo die Nelkenbaeume bluehen
die Farm streitig machen wollte, passte ihm natürlich nicht.
Aber auch Aaliyah, die eigentlich ein großes Interesse daran haben musste, dass jemand anderes als Stephen Alistair als neuer Besitzer der Farm aus der Versteigerung hervorging, hatte Bedenken geäußert.
An den Fakten ließ sich nun einmal nicht rütteln: Lena war Lehrerin, keine Gewürzfarmerin. Von vielen der Pflanzen, die hier angebaut wurden, kannte sie nicht einmal den Namen, geschweige denn, dass sie auch nur die leiseste Ahnung hatte, wie und wofür sie benutzt wurden.
„Lena, du machst einen großen Fehler“, verstärkte nun auch Patrick ihre Zweifel. „Komm zur Besinnung! Du gehörst nicht dorthin. Du gehörst hierher, nach Berlin!“
Lena seufzte. Wie sollte sie ihm erklären, dass sie nicht nach Berlin zurückkehren konnte – zumindest nicht in nächster Zeit? Immer wieder musste sie an jene Nacht auf der Dachterrasse denken, als sie beinahe …
Hastig schüttelte sie den Gedanken an jenen fürchterlichen Moment ab. „Ich kann nicht“, stieß sie heiser hervor. „In Berlin erinnert mich alles immerzu an Andy und … Ich kann das ganz einfach nicht!“
Einen Moment lang herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. „Was hast du eigentlich vor?“, fragte er dann. „Ich dachte, du bist nach Sansibar geflogen, um dort für das Buch zu recherchieren, an dem Andy vor seinem Tod gearbeitet hat. Aber wenn man dich jetzt so reden hört, könnte man glauben, du willst ein neues Leben auf dieser Insel anfangen.“
Lena schloss die Augen. „Und wenn es so wäre?“
„Dann stimmt es also. Andy ist gerade einmal seit einem halben Jahr unter der Erde, und du bist jetzt schon dabei, ihn aus deinem Leben zu streichen! Was ist mit dir? Wenn du willst, dass ich dich in Ruhe lasse, musst du es nur sagen. Aber wenn du es nicht tust, dann musst du dich damit abfinden, dass ich dir meine ehrliche Meinung sagen werde, ganz gleich, ob du sie hören willst oder nicht.“
„Tust du das nicht schon die ganze Zeit?“, gab Lena trotzig zurück. „Du versuchst mich doch schon seit dem Tag meiner Abreise davon zu überzeugen, dass ich alles falsch mache.“
„Nein“, sagte Patrick. „Ich versuche lediglich, dich zur Vernunft zu bringen. Das Leben ist kein Buch, Lena. Du kannst nicht einfach eine neue Seite aufschlagen, wenn dir die Handlung der vorherigen nicht gefällt.“
Lena spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Patrick schien zu glauben, dass ihre Reise nach Afrika dazu diente, Andy zu vergessen. Dabei war doch das Gegenteil der Fall! Seit seinem Tod hatte sie sich Andy nirgends so nah gefühlt wie hier.
Und was ist mit Stephen? Du hast ihn wohl kaum geküsst, weil du dich Andy dadurch näher fühlst!
„Hör zu“, sagte sie mit erstickter Stimme. „Ich bin schrecklich müde und möchte jetzt gern schlafen gehen. Ich melde mich wieder bei dir, okay?“
Patrick seufzte erneut. „Tut mir leid, wenn ich dich immer wieder vor den Kopf stoßen muss. Aber du bist nicht nur eine gute Freundin – du bist die Witwe meines besten Freundes. Ich fühle mich für dich verantwortlich, kannst du das verstehen?“
Lena schluckte. Ein gepresstes „Bis dann“, war alles, was sie hervorbrachte, ehe sie die Verbindung unterbrach. Dann – endlich – konnte sie ihren Tränen freien Lauf lassen.
Sie hatte Patrick nichts von dem gemeinsamen Abend mit Stephen erzählt, weil sie deswegen ein schlechtes Gewissen hatte.
Vor allem wegen dem, was danach geschehen war.
Wie konnte sie nur daran denken, jemals wieder einen anderen Mann an sich heranzulassen? Andy war die Liebe ihres Lebens gewesen! Mit ihm hatte sie eine Familie gründen, mit ihm hatte sie alt werden wollen. So ein Gefühl war doch nicht einfach austauschbar wie ein x-beliebiger Gebrauchsgegenstand!
Vielleicht hatte Patrick ja recht. Womöglich war es ein Fehler gewesen, überhaupt herzukommen. Und Andys Wurzeln hatte sie ja nun gefunden. War es an der Zeit, die Reißleine zu ziehen und umzukehren, ehe es zu spät war?
Der Gedanke, dass sie Stephen jederzeit über den Weg laufen könnte und es vermutlich früher oder später auch würde, ließ die Waagschale für eine Rückkehr nach Berlin ausschlagen. Aber einfach aufgeben? Kam das wirklich infrage? Und was würde Andy sich von ihr wünschen? Schließlich war sie auch hergekommen, um sein Buch für ihn zu Ende zu bringen.
Sosehr sie sich auch bemühte, sie konnte sich diese Frage selbst nicht beantworten. Aber vielleicht gab
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