Wo die Nelkenbaeume bluehen

in der Nähe von Jambiani. Doch wenn man all die Parzellen, die nach und nach in seinen Besitz gelangt waren, auf einer Karte einzeichnete, wurde sehr schnell klar, wo das Problem lag. Genau in der Mitte klaffte nämlich ein Loch: die Bennett-Farm. Und bevor Stephen diese nicht besaß, war nicht einmal daran zu denken, mit den Bauarbeiten anzufangen.
    Doch das Land gehörte jetzt Lena, und damit war die Realisierung seines lang gehegten Traums erneut in unerreichbare Ferne gerückt. Sie stand zwischen ihm und seinem Ziel. Und deshalb konnte er ihr nicht aus dem Weg gehen, obwohl dies für seinen Seelenfrieden mit Sicherheit besser gewesen wäre.
    Nein, er musste sich, ganz im Gegenteil, nun in ihrer Nähe aufhalten und darauf warten, dass sich ihm eine Chance bot, sie zum Verkauf der Spice-Farm zu bewegen.
    Wie er das anstellen wollte, wusste er zwar selbst nicht so genau. Fest stand nur, dass es ihm irgendwie gelingen musste. Denn ohne die Farm würde sein Projekt für alle Zeiten nur auf dem Papier existieren.
    Eine Staubwolke stieg auf, als Lena das alte, vergilbte Tischtuch, das zum Schutz über den Schrank gelegt worden war, herunterzog. Hustend stolperte sie zum Fenster und riss es weit auf, sodass der Staub verfliegen konnte.
    Hier hatte ganz offensichtlich schon sehr lange niemand mehr Ordnung gemacht! Doch in dem Moment, da sie den Gedanken zu Ende gebracht hatte, schämte sie sich auch schon dafür.
    Aaliyah hatte ihr Möglichstes getan, um das Wohnhaus der Farm in einem bewohnbaren Zustand zu halten. Doch diese Aufgabe war für eine einzelne Person kaum zu bewerkstelligen. Und noch dazu hatte Aaliyah gut ein Dutzend Arbeiter und deren Familien zu versorgen und musste darüber hinaus auch auf der Plantage mithelfen, wenn Not am Mann war.
    Aber jetzt war Lena ja da. Und da es im Augenblick sonst nichts gab, womit sie sich nützlich machen konnte, wollte sie zumindest im Haushalt mit anpacken.
    Seit fast einer Woche war sie nun schon die Besitzerin der Bennett’s Clove and Spice Farm , und noch immer erschien ihr dieser Gedanke ganz unwirklich.
    Niemals hätte sie sich träumen lassen, dass aus ihr einmal eine Großgrundbesitzerin werden würde. Doch das Leben lief nun einmal nicht immer in geregelten Bahnen. Wer wusste das besser als sie selbst?
    Unwillkürlich musste sie an Andy denken und auch an ihr ungeborenes Kind. Beide hatte sie an jenem schicksalhaften Abend verloren, und für einen Moment war er wieder da, dieser Schmerz, der ihr fast den Atem raubte. Sie stützte sich auf den Fensterrahmen und wartete darauf, dass der Kummer vorübergehen würde. Und das tat er schließlich auch. Sehr viel schneller, als sie es noch vor ein paar Wochen für möglich gehalten hätte.
    Sie atmete tief durch und schüttelte die letzten Reste von Benommenheit ab. Es gab viel zu tun. Sie hatte keine Zeit, sich in ihrer Trauer zu verkriechen. Übermorgen sollte das große Fest stattfinden, zu dem Aaliyah alle Arbeiter, deren Familien und Freunde eingeladen hatte. Lena war überrascht gewesen, zu erfahren, dass mehr als einhundert Gäste erwartet wurden.
    Eine Feier dieses Ausmaßes zu organisieren hätte zu Hause in Berlin sicher ein kleines Vermögen gekostet. Doch Aaliyah und ihre Helfer waren geübt, mit kleinem Geld Großes auf die Beine zu stellen. An Gemüse und Gewürzen mangelte es nicht auf der Spice-Farm, sodass sie aus dem Vollen schöpfen konnten. Fleisch und Brot hatte der Mann von Aaliyahs Cousine beigesteuert, Getränke würden die Gäste selbst mitbringen.
    Hashim und ein paar andere Kinder waren dabei, die Bäume rund ums Haus mit bunten Papierlampions zu schmücken, und die Männer bauten eine niedrige Bühne aus Orangenkisten, auf der Fadhil und einige Arbeiter für die musikalische Unterhaltung sorgen würden. Aaliyah hatte dafür gesorgt, dass schon am Morgen der Hof blitzblank gefegt worden war. Doch das alles konnte nicht darüber hinwegtäuschen, in welch desolatem Zustand sich das gesamte Anwesen befand.
    Gemeinsam mit Aaliyah hatte sie zwei lange ungenutzte Zimmer im Obergeschoss des Hauses so weit bewohnbar gemacht, dass sie vor zwei Tagen aus dem Hotel aus- und auf der Farm hatte einziehen können. Gemeinsam mit Kater Krümel, der sich in seinem neuen Zuhause gleich heimisch gefühlt hatte. Natürlich war ihr schon vorher klar gewesen, dass es einiges zu tun gab. Aber dass es so schlimm sein würde …
    Es gab so viele Dinge, die dringend repariert und instand gesetzt werden mussten, dass