Wo die Nelkenbaeume bluehen
du ihm wohl besser selbst, Stephen.“
„Bitte. Auf dich hört er!“
Ein Seufzen erklang am anderen Ende der Leitung. „Also schön, wenn es unbedingt sein muss …“
„Dafür bin ich dir auf ewig dankbar“, entgegnete er.
„Dankbar genug, um mir eine Stunde deiner kostbaren Zeit zu schenken?“, fragte sie.
Stephen verzog das Gesicht. Ihm stand der Sinn absolut nicht danach, sich mit ihr zu treffen. „Im Augenblick ist es wirklich ungünstig“, erklärte er. Das entsprach zwar der Wahrheit, war jedoch nicht der einzige Grund, warum er sich lieber nicht mit Roz verabreden wollte. Er mochte sie. Wirklich. Doch wenn er Zeit mit ihr verbrachte, dann war es, als würde er Zeit mit seiner Schwester verbringen. Es knisterte nicht. Kein bisschen. Und genau das war das Problem. Denn sowohl Roz als auch ihr Vater schienen davon auszugehen, dass sich zwischen ihnen etwas entwickeln würde. Und Stephen fürchtete, dass ihr gemeinsamer Deal Geschichte wäre, wenn er ihre Erwartungen enttäuschte.
„Na, komm schon.“ Roz war offenbar nicht bereit, sich so leicht geschlagen zu geben. „Ein halbes Stündchen. Ich komme heute Abend zu dir. Ich würde wirklich gern etwas mit dir besprechen. Es ist wichtig.“
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Was sollte er jetzt machen? Er brauchte Roz‘ Hilfe und wollte sie auch nicht vor den Kopf stoßen. Sie war ein wirklich liebenswerter Mensch und verdiente es nicht, dass er sie hinhielt. Doch was blieb ihm anderes übrig?
„Tut mir leid, es geht wirklich nicht“, sagte er schließlich, und fühlte sich dabei wie ein elender Feigling. „Ich melde mich bei dir, sobald ich es einrichten kann, okay? Haya, baadaye .“
Er beendete das Gespräch und steckte das Handy zurück in seine Sakkotasche. Was für eine Katastrophe. Jetzt, wo die Situation sich derart zu seinen Ungunsten verändert hatte, durfte er McFarlane erst recht keinen Anlass geben, abzuspringen.
„Eine Freundin von dir?“
Stephen schaute auf. Erneut begegnete er Lenas Blick im Rückspiegel. Irritiert hob er eine Braue. War das Eifersucht, die das Grün ihrer Augen zum Blitzen brachte?
Nein, sagte er zu sich selbst. Wohl kaum. Bisher hatte Lena ihm nie einen Anlass gegeben, anzunehmen, dass sie mehr für ihn empfand. Wobei – so ganz stimmte das nicht. An jenem Abend, als sie zusammen gegessen hatten, hatte sie seinen Kuss zuerst erwidert, bevor sie ihn dann weggestoßen hatte.
Tat sie nur so unnahbar?
Was interessiert dich das? Sie hat dir gerade die Bennett-Farm vor der Nase weggeschnappt, schon vergessen? Und wenn McFarlane herausfindet, dass du eine andere Frau als seine Tochter auch nur anschaust …
„Nein“, antwortete er dennoch. „Nur eine geschäftliche Angelegenheit. Ich …“ Wieder fing sein Handy an zu summen, und er zuckte die Schultern. „Entschuldige kurz.“
Er holte den Apparat aus der Tasche und schaute aufs Display. „Danke, Roz“, murmelte er, denn bei dem Anrufer handelte es sich um niemand anderen als Roz‘ Vater, Collin McFarlane. Ihre Warnung war nicht eine Minute zu früh gekommen.
Besser, er wartete ab, bis der McFarlane sich wieder ein wenig beruhigt hatte. Der Hotelier war ein Hitzkopf, der schon beim geringsten Anlass die Beherrschung verlor. Stephen hatte die Erfahrung gemacht, dass man Menschen wie ihn am besten zunächst einmal ein Weilchen abkühlen ließ. Wenn die erste heiße Wut verraucht war, konnte man wieder halbwegs vernünftig mit ihnen reden.
„Willst du nicht rangehen?“, fragte Lena, als sein Telefon nach mehr als einer halben Minute noch immer brummte.
Kurz entschlossen drückte Stephen den roten Hörer, um das Gespräch abzuweisen. „Nein“, sagte er. „Das ist nicht so wichtig.“
Nur Sekunden später verkündete ein aufsteigender Dreiklang, dass er eine Kurznachricht erhalten hatte, doch Stephen schaute gar nicht erst nach. Er wusste auch so, dass sie von McFarlane stammte, doch damit würde er sich später befassen.
Ihn beschäftigte ein ganz anderes Problem. Denn ganz gleich, ob es ihm gelang, McFarlane zu besänftigen, die Situation blieb verfahren. Die Tatsache, dass Lena ihm die Bennett-Farm vor der Nase weggeschnappt hatte, stellte für ihn einen herben Rückschlag dar.
Das Hotelprojekt, um das es sich drehte, sollte an einem ganz bestimmten Strand in einer ganz bestimmten Bucht entstehen. Seit Jahren schon kaufte Stephen jedes Grundstück in unmittelbarer Nähe auf, und inzwischen gehörte ihm ein ganzer Küstenabschnitt
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