Wo die Nelkenbaeume bluehen
zu ihm gesagt, dass sein übersteigertes Selbstvertrauen ihn noch einmal in Teufels Küche bringen würde.
Stephen konnte gar nicht mehr zählen, wie oft ihre Worte sich schon bewahrheitet hatten. Manchmal leider auch mit fatalen Auswirkungen auf das Leben anderer …
Aufseufzend fuhr er sich mit einer Hand durchs Haar. „Tut mir leid, Richard, aber das scheint einfach nicht mein Tag zu sein“, sagte er ins Handy. „Was soll ich jetzt tun?“
Die Stimme des Mechanikers klang fröhlich wie immer, als er erwiderte: „Ich glaube, ich kann mir vorstellen, wo das Problem liegt, Boss. Das kriegen wir schon wieder hin.“ Er erklärte Stephen ganz genau, was er tun musste. Am Ende hielt Stephen ein kleines Teil in der Hand, das er säubern, abtrocknen und anschließend wieder in den Motor einsetzen sollte. Als er das erledigt hatte, rieb er sich die ölverschmierten Hände an einem Lappen ab und fragte: „Und jetzt? Was muss ich als Nächstes machen?“
„Nun schauen wir, ob ich mit meinem Tipp richtig lag“, entgegnete Richard. „Versuchen Sie doch mal, den Motor zu starten, Boss.“
Stephen drückte den Anlasser, doch der Motor stotterte nur und verstummte wieder. „Das scheint nicht funktioniert zu haben“, sagte er. „Ich hoffe, Sie haben noch eine andere Idee.“
Doch Richard war offenbar nicht bereit, die Flinte so schnell ins Korn zu werfen. „Probieren Sie es noch einmal“, wies er Stephen an. „Vielleicht war das Bauteil noch nicht ganz trocken.“
Achselzuckend tat Stephen, wie ihm geheißen – ohne große Hoffnung auf Erfolg. Doch nachdem der Motor zum dritten Mal in Folge gleich wieder abgesoffen war, erklang plötzlich ein Geräusch, das sich fast wie ein menschliches Husten anhörte.
Der Motorblock bockte einmal kurz, wie ein junges Pferd, das zum ersten Mal den Sattel aufgelegt bekommt, dann lief er – stotternd und keuchend zunächst, schließlich immer ruhiger – weiter.
„Sie sind ein Genie!“, stieß Stephen erleichtert hervor. „Wenn Sie heute Abend Schluss machen, kommen Sie doch bei mir im Büro vorbei – ich möchte Sie gern auf ein Tusker einladen.“
Richard lachte. „Gegen ein kühles Bier nach Feierabend habe ich nie etwas einzuwenden, das wissen Sie doch, Boss!“
„Bis später also“, sagte Stephen. „Und danke noch mal. Ohne Sie wäre ich wirklich aufgeschmissen gewesen.“
Er war froh, dass das Problem sich so einfach aus der Welt hatte schaffen lassen. Mitten in der Haupttouristensaison auf ein Boot zu verzichten war nämlich so gut wie unmöglich. Noch schlimmer war es allerdings, wenn bei einem voll mit Urlaubern besetzten Boot plötzlich die Technik versagte …
Die Delfintouren waren ein Zusatzangebot seiner Hotels, das trotz der relativ hohen Kosten von der Mehrzahl der Sansibarreisenden in Anspruch genommen wurde. Stephen konnte das gut verstehen: Wann erhielt man schon einmal die Gelegenheit, wild lebenden Delfinen zu begegnen und unter günstigen Bedingungen sogar mit ihnen zu schwimmen? Die meisten Menschen erlebten so etwas vermutlich in ihrem ganzen Leben nicht. Und obwohl für Stephen, der auf Sansibar aufgewachsen war, eine Delfinsichtung im Grunde nichts Besonderes mehr war, faszinierte ihn der Anblick der majestätischen grauen Meeressäuger doch jedes Mal aufs Neue.
Er drehte das Ruder und wollte gerade wenden, als ihm in einiger Entfernung am Strand eine einsame Person auffiel.
Stephen wusste nicht, woran es lag. Eigentlich konnte er kaum mehr als eine dunkle Silhouette gegen den blendend weißen Sand erkennen. Dennoch ahnte er sofort, dass sie es war.
Lena.
Unwillkürlich fing sein Herz an, schneller zu klopfen. Eine Reaktion, die ihn ärgerte und irritierte, da es keinen nachvollziehbaren Grund dafür gab.
Bisher hatte Lena ihm eigentlich nur Ärger gemacht. Dass sie ihn bei der Versteigerung der Bennett-Farm übertrumpft hatte, war dabei lediglich der krönende Höhepunkt gewesen. Und genau diese Niederlage steckte auch heute noch, fast eine Woche nach der Auktion, wie ein Stachel in seinem Fleisch.
Jahrelang hatte er auf diesen Moment hingearbeitet. Endlich schien die Erfüllung seines großen Traumes – Rachels großen Traumes – in greifbare Nähe gerückt, da hatte ein Dummejungenstreich all seine Hoffnungen wie eine Seifenblase zerplatzen lassen.
Dass Lena die neue Besitzerin der Gewürzfarm war, hatte die Situation vollkommen verändert. Und wenn er ehrlich zu sich selbst sein wollte, wusste er noch immer keinen Weg, wie
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