Wo die Nelkenbaeume bluehen
sie schließlich unbeschadet das Farmhaus erreichte.
Als sie oben in ihrem Zimmer ankam, ließ sie sich, nass wie sie war, aufs Bett fallen und vergrub das Gesicht im Kopfkissen. Das Schlimmste an der ganzen Sache war, dass sie es in vollen Zügen genossen hatte. Das Zusammensein mit Stephen, den Kuss …
Allein der Gedanke daran ließ erneut Schmetterlinge in ihrem Bauch aufflattern. Doch genau das durfte nicht sein. Nach Andys Tod hatte sie sich geschworen, dass es niemals einen anderen für sie geben würde.
Sie liebte Andy doch! Sie würde ihn immer lieben!
Das Klingeln ihres Handys riss Lena aus ihren Gedanken. Zunächst ignorierte sie den Anruf. Es kamen ohnehin nur zwei Personen infrage, die versuchen könnten, sie zu erreichen: Patrick oder Stephen. Und sie wusste nicht, mit wem sie im Augenblick weniger gern sprechen wollte.
Doch nachdem sie sich ein wenig beruhigt hatte, nahm sie das Telefon schließlich zur Hand, das inzwischen beinahe vorwurfsvoll schwieg. Sechs Anrufe in Abwesenheit und eine Sprachnachricht auf ihrer Mailbox. Allesamt von Patrick.
Seufzend wischte Lena sich die Tränen von den Wangen und rief die Sprachnachricht ab. Als sie Patricks Stimme hörte, regte sich ihr schlechtes Gewissen. Seit Tagen versuchte er nun schon, sie zu erreichen. Doch sie hatte ihn nicht ein einziges Mal zurückgerufen, und das nur, weil sie keine Lust hatte, sich mit ihm auseinanderzusetzen.
„Lena, was ist eigentlich los?“, fragte er. „Du lässt überhaupt nichts mehr von dir hören. Hast du dein altes Leben etwa schon hinter dir gelassen?“
Lena schloss die Augen. Sie fühlte sich fürchterlich. Wenn Patrick wüsste, was sie vorhin mit Stephen gemacht hatte … Sie mochte gar nicht darüber nachdenken!
Rücklings ließ sie sich zurück aufs Bett sinken. Dabei fiel ihr Blick auf das Foto von Andy auf ihrem Nachttisch.
Irrte sie sich, oder hatte sein Blick plötzlich etwas Vorwurfsvolles?
Unsinn! Das war schließlich nur ein Foto!
Sie versuchte, den Gedanken zu verdrängen, doch irgendwann hielt sie es nicht mehr länger aus. Sie nahm das Bild und drehte es so, dass es mit der Vorderseite auf dem Block lag, auf dem sie Fathiyas Erzählungen von den Erlebnissen ihrer Großmutter und ihres Großonkel notiert hatte.
Wichtige Notizen, mit denen sie sich seitdem nur ein einziges Mal kurz befasst hatte.
Aufschluchzend wandte sie sich ab und schlang die Arme um ihren Körper.
In dieser Nacht weinte sie sich in den Schlaf.
„Waren wir nicht eigentlich heute Abend verabredet?“ Roz‘ Stimme am anderen Ende der Leitung klang freundlich wie immer. Falls sie ärgerlich sein sollte, weil Stephen sie versetzt hatte, dann ließ sie es sich nicht anmerken.
Seufzend fuhr er sich durchs Haar. Er hatte das Boot zurück zum Anleger gebracht und war dann auf direktem Wege nach Hause gefahren. Seine Verabredung mit Roz hatte er über das, was zwischen Lena und ihm vorgefallen war, vollkommen vergessen.
„Tut mir leid, es ist mir etwas Wichtiges dazwischengekommen. Ich musste nach Kitale fahren. Es wird auch noch ein bisschen dauern, bis ich wieder zurück bin. Unser Date holen wir nach, okay?“
„Ich müsste wirklich dringend etwas mit dir besprechen“, entgegnete sie und klang ein bisschen enttäuscht. „Kannst du heute Abend nicht wenigstens eine halbe Stunde für mich entbehren? Bitte, Stephen, es ist extrem wichtig.“
Er zögerte. Es machte ihm keinen Spaß, Roz anzulügen. Sie war eine warmherzige und liebenswerte Frau und verdiente einen Mann, der sie auf Händen trug und ihr jeden Wunsch von den Augen ablas.
Dummerweise konnte er dieser Mann nicht sein.
Er hatte es versucht. Doch bei jedem gemeinsamen Treffen war ihm nur noch deutlicher klar geworden, dass er sie zwar als gute Freundin mochte und schätzte, doch das, was sie und ihr Vater sich von ihm wünschten, niemals sein konnte.
Irgendetwas sagte ihm, dass Roz dafür Verständnis aufbringen würde – ihr Vater hingegen nicht. Und wenn er Collin McFarlane gegen sich aufbrachte, dann war Rachels und sein Traum von ihrem Hotel endgültig ausgeträumt.
Wenn er das nicht ohnehin schon ist. Die Farm gehört jetzt Lena, schon vergessen?
Nein, wie sollte er das vergessen? Das war ja das Schlimme: Er konnte nichts, was Lena betraf, vergessen. Immerzu schlich sie sich in seine Gedanken und nachts inzwischen sogar in seine Träume. Und was waren das für Träume!
Es war Wahnsinn gewesen, sie vorhin zu küssen. Er konnte von Glück reden, dass
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