Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wo die Nelkenbaeume bluehen

Wo die Nelkenbaeume bluehen

Titel: Wo die Nelkenbaeume bluehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Stevens
Vom Netzwerk:
Jahren um Rachel, sodass sie für ihn inzwischen schon fast zur Familie gehörte. Nur an drei Abenden in der Woche hatte sie frei und wurde durch eine andere Pflegekraft vertreten, die zwar ebenfalls sehr freundlich und tüchtig, aber dennoch nicht mit Ngabile zu vergleichen war.
    Es war die Art und Weise, wie sie Rachel behandelte, die Stephen beeindruckte. So, als wäre sie hellwach und bekäme alles mit, was um sie herum passierte. Es war sicher nicht leicht, über so lange Zeit mit einem Menschen zu arbeiten, der niemals auch nur die geringste Regung zeigte. Doch Ngabile beklagte sich nie. Ganz im Gegenteil sogar.
    Selbst ihm fiel es nach all den Jahren noch immer schwer, seine Schwester in diesem Zustand zu sehen. Er fühlte sich in ihrer Gegenwart seltsam befangen und wusste nie recht, wie er mit ihr umgehen sollte. Vermutlich gerade weil sie sich früher so nahgestanden hatten und weil er sich schuldig daran fühlte, dass heute alles anders war.
    Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich schräg neben Rachel. Keine Regung deutete darauf hin, dass sie seine Anwesenheit überhaupt bemerkte. Zwar behauptete Ngabile, dass es kleine Veränderungen in ihrer Mimik gab, an denen man ablesen konnte, wie Rachel sich fühlte. Doch die Ärzte hielten es für unwahrscheinlich, dass sie etwas von dem mitbekam, was um sie herum passierte. Und vielleicht, so dachte Stephen manchmal, war das auch besser so.
    Trotzdem nahm er jetzt die Hand seiner Schwester, die sich weich und warm in seiner anfühlte. Er räusperte sich angestrengt. Es fiel ihm immer schwer, Rachel gegenüber die richtigen Worte zu finden – ob sie ihn nun hören konnte oder nicht. „Ich weiß nicht mehr weiter, Rachel“, sagte er schließlich. „Oh Gott, wie sehr wünschte ich mir, dass du mir einen Rat geben könntest, so wie früher. Es geht wieder einmal um das Hotel. Natürlich, worum auch sonst? Ich weiß, ich habe dir beim letzten Mal versprochen, dass wir jetzt bald mit den Bauarbeiten beginnen können, aber … es ist etwas dazwischengekommen.“ Er atmete tief durch. „Oder besser – jemand ist dazwischengekommen.“ Mit der freien Hand fuhr er sich durchs Haar. „Eine Frau.“
    Stephen wusste genau, was die „alte“ Rachel zu ihm gesagt hätte. Ihm war fast, als könnte er ihre Stimme hören: „Eine Frau, natürlich!“ Dann hätte sie gelacht. „Du bist und bleibst ein Schwerenöter, Bruderherz. Aber nun erzähl erst mal, was passiert ist …“
    „Ich weiß auch nicht …“ Ratlos schüttelte er den Kopf. „Es ist alles so kompliziert. Als der alte Bennett starb, kurz nachdem die Bank ihm den Kredit aufgekündigt und eine Zwangsversteigerung des Grundstücks eingeleitet hatte, dachte ich, dass jetzt endlich alles seinen Gang gehen würde. Doch dann tauchte sie auf und schnappte mir die Farm vor der Nase weg. Ihr Name ist Lena. Ich …“ Er fuhr sich mit der flachen Hand übers Gesicht. „Ich habe sie geküsst. Zwei Mal! Ich weiß nicht, was da zwischen uns vorgeht, aber fest steht, dass da etwas ist.“ Hilfe suchend schaute er seine Schwester an. „Sag mir, was ich tun soll, Rach! Du hast mir immer prophezeit, dass mir eines Tages eine Frau begegnet, die mein Leben verändern wird. Aber warum muss es ausgerechnet sie sein? Lena steht all meinen Plänen im Wege. Und dann sind da auch noch Roz und ihr Vater! Ich weiß wirklich nicht mehr weiter.“
    Früher hätte Rachel den Arm um ihn gelegt und ihm gesagt, dass schon alles gut werden würde. Und dann hätten sie gemeinsam nach einer Lösung für sein Problem gesucht.
    Doch die alte Rachel gab es nicht mehr. Und die junge Frau, die im Rollstuhl vor der Balkontür saß, würde ihm keinen Ratschlag geben.
    Sie redete überhaupt nicht mehr.
    Stephen stand auf und trat hinter seine Schwester. Dann küsste er sie auf das kupferrote Haar und verließ das Zimmer. Er wünschte Ngabile hastig eine gute Nacht, dann eilte er, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Stufen zu seinem Zimmer hinauf.
    Als er die Tür hinter sich zugeschlagen hatte, presste er die Handballen auf die Augen und unterdrückte ein Aufstöhnen. Dann ließ er sich an der Tür hinabsinken blieb auf dem Boden sitzen, das rechte Bein ausgestreckt, das linke angewinkelt und bis zur Brust herangezogen.
    Er stützte den Kopf aufs Knie und vergrub die Hände in den Haaren. Für gewöhnlich gelang es ihm recht gut, den Geistern der Vergangenheit Einhalt zu gebieten. Doch heute Abend hatte er ihnen nichts

Weitere Kostenlose Bücher