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Wo die toten Kinder leben (German Edition)

Wo die toten Kinder leben (German Edition)

Titel: Wo die toten Kinder leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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Motorengeräusch meines Golfs erschien überlaut. Ich bremste, weil die Strecke gesperrt war.
„Was gibt‘s?“, fragte Paul und riss seinen Blick von den Papieren los.
„Siehst du doch. Die Brücke wird renoviert. Wir müssen einen Umweg nehmen.“
„Das hat dir dein schlaues Navi nicht gesagt?“, stichelte Paul.
„So schlau ist es auch wieder nicht. Das Teil ist von Aldi. Du kannst mir ja zum Geburtstag ein richtiges schenken, was sich ohne Zusatzkosten aktualisiert.“
Paul grinste.
Die Ausweichroute führte uns ein Stück weiter über eine andere Brücke. Der Fluss darunter war breit, sein Wasser braun und schlammig. Dann schlängelte sich die Straße leicht bergan. Die Gegend veränderte sich. Eine Villa reihte sich an die andere.
„Ich glaube nicht, dass es Sinn macht“, begann ich.
„Doch“, bekräftigte Paul. „Wir können es wenigstens einmal versuchen.“
„Aber jetzt, um diese Zeit, wird wohl kaum einer zuhause sein.“
„Das weißt du doch nicht. Vielleicht können wir uns einen Eindruck verschaffen. Und vielleicht erwischen wir zumindest ihre Mutter.“
Das Haus, vor dem wir jetzt hielten, stand weit zurück. Davor der obligatorische schmiedeeiserne Zaun, dahinter ein penibel angelegter Garten. Wir schauten aus unserem Wagen in das Grundstück hinein. Kein Licht, das Gebäude schien absolut verlassen.
„Ganz schön wohlhabend“, sagte ich.
Paul verzog einen Mundwinkel. „Herrn Kern gehört die zweitgrößte Firma in der Gegend. Und da kommt schon einiges zusammen.“
„Du bleibst am besten sitzen und ich schaue, ob ich jemanden erwische“, sagte ich, halb im Aussteigen. Paul wollte protestieren, aber dann nickte er dankbar. Ich wusste, dass ihm seine Rippenprellung noch immer Schmerzen verursachte, auch wenn er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
Ich klingelte am Gartentor und blickte freundlich in die Überwachungskamera, die an einem der Pfosten befestigt war.
Im Haus blieb alles still.
Ich versuchte es noch zweimal erfolglos, dann kehrte ich in mein Auto zurück.
„Niemand da“, sagte ich, ließ mich auf meinen Sitz fallen und schlug die Fahrertür zu.
„Du hattest recht“, meinte Paul.
„Wie immer“, ergänzte ich.
Paul seufzte und holte sich einen Zigarillo aus der Tasche. Er machte Anstalten, sich Feuer zu geben, doch als er meinen strafenden Blick bemerkte, steckte er ihn unangezündet zurück in die Packung. „Dann fahren wir zur nächsten Adresse auf Frau Heinzes Liste. Oder willst du hier warten?“
„Das kann Stunden dauern und ist nicht so lustig, wie es in Polizeifilmen immer rüberkommt. Das ist echt öde. Lass uns lieber weiterfahren. Wir kommen dann später zurück.“
Ich wollte den Zündschlüssel drehen, als sich am Haus ein Schatten bewegte. Er wurde kleiner und größer, verschwand und erschien wieder.
„Achte mal auf den Eingang“, sagte ich.
Paul kniff die Augen zusammen, starrte angestrengt auf das Gebäude und meinte nach einer Weile: „Was soll da sein?“
„Siehst du den Schatten?“
„Ja“, meinte er. „Aber ich weiß nicht, was das bedeuten soll.“
„Ich schon. Das ist die Tür. Sie ist offen und schwingt hin und her.“
Das Gartentor war nicht verschlossen. Wir gingen nebeneinander über das breite Kopfsteinpflaster, das zum Haus hinaufführte. Ich hatte meine Jacke leicht zurückgeschlagen. Meine Hand ruhte auf dem Gummigriff der Neun-Millimeter.
Je näher wir kamen, desto deutlicher konnten wir erkennen, dass die Haustür tatsächlich nur angelehnt war und vor und zurück pendelte.
Wir verharrten kurz vor dem Gebäude. Ich trat sacht gegen die Tür, die weit nach innen schwang.
„Hallo?“, rief ich. „Ist jemand zuhause?“
Niemand antwortete mir.
Ich gab Paul ein Zeichen mit dem Kopf und wir traten ein. Wir kamen in eine Vorhalle, sie war aufgeräumt. Auf dem Boden lag ein moderner hellblauer Designerteppich. Darauf hatte jemand braune Farbe ausgeschüttet. Ich fuhr mit einer Fußspitze hinein und zog sie zurück.
„Blut“, sagte ich.
Meine Neun-Millimeter ruhte jetzt in meiner Hand und ich drückte den Sicherungshebel nach unten. Es knackte leise.
Wir folgten den Blutspritzern durch die Tür und gelangten in ein verlassenes Wohnzimmer. Auch hier war alles ordentlich. Das einzige, was störte, war ein Stück Holz, das auf dem Couchtisch lag. An den Nägeln, die durch die Latte geschlagen waren, klebte Blut und etwas, was aussah, wie Gewebe.
Paul eilte hin und wollte es ergreifen, um es sich näher anzusehen.
„Stopp!“,

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