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Wo die toten Kinder leben (German Edition)

Wo die toten Kinder leben (German Edition)

Titel: Wo die toten Kinder leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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mitgenommen.“
„Ihre Kamera, auf der die Aufnahmen mit den Kindern waren?“
Wittgen nickte. „Ja. Die Aufnahmen meines letzten Kindercamps. …Er und ich – wir hatten dasselbe Kameramodell. Erst als ich die Dateien sichtete, merkte ich, was passiert war und versuchte, das Schlimmste zu verhindern.“
„Und Sie haben ihn schließlich umgebracht“, warf ich ein.
Wittgen bedachte mich erneut mit diesem kurzen Blick, aus dem Ekel sprach, bevor er sich wieder ganz und gar auf Paul konzentrierte: „Nein! Glaub’ ihr kein Wort! Alle Frauen sind Huren. …Ich habe diesen Idioten nicht umgebracht. Es gelang mir ja nicht einmal, ihn zu erreichen. – Er hatte sich zu dem Zeitpunkt bereits selbst ertränkt, aber das erfuhr ich erst im Nachhinein. Deshalb schickte ich einen meiner Freunde. Er fuhr zu der Wohnung von diesem Schwarz und hat nach den Fotos gesucht. Aber er fand nur die Kamera, nicht die Speicherkarte, weil du und deine Nutte uns in die Quere gekommen seid.“
Wittgen hustete. Es dauerte lange, bis er wieder zu Atem kam. „Wirklich schade, dass du oder zumindest deine Schlampe damals nicht verreckt seid, Pfaffe.“
Pauls Hände, die bewegungslos an seinen Seiten herunterhingen, ballten sich zu Fäusten, um sich wieder zu entspannen. „Ich warte jetzt auf Ihre Beichte. Ihnen bleibt nicht mehr viel Zeit.“
„Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Ich habe nichts Falsches getan. Ich habe nur ein paar Lümmel durchgenommen. Wenn Du gesehen hättest, wie willig sie sich mir hingegeben haben! Sie haben sich mir entgegengestreckt , sich regelrecht dargeboten ! …Du solltest das auch einmal probieren. Dann wüsstest du, wovon ich spreche. …Ich verlange jetzt meine Absolution. Sofort!“
Paul schüttelte langsam den Kopf. „Nein.“
„Du weißt doch, sobald du mir meine Absolution gegeben hast, ist alles, was ich gemacht habe, hinfällig. Ich bin ein Geistlicher. Und ich habe das Recht, sofort in den Himmel zu kommen. Und du, …du machst mir den Weg dorthin frei.“
„Rechte“, erwiderte Paul ungläubig. „Sie meinen, Sie haben Rechte?“
„Selbstverständlich. Ein Recht auf Absolution. Und dann auf den Weg ins ewige Jerusalem.“
„Letzte Chance.“ Paul Stimme hatte jegliches Gefühl verloren. „Sie müssen Ihre Sünden aufrichtig bereuen. Sonst kann ich nichts für Sie tun.“
Wittgen blieb stumm. Sein Blick hatte sich von Paul gelöst und fuhr unruhig über die schmucklosen Wände des Zimmers und die kahle Decke.
„Meine Absolution“, wiederholte er schließlich. Er atmete rasselnd.
Paul streckte seine Hand nach der goldenen runden Dose aus, die auf dem Beistelltisch stand. Er verharrte in seiner Bewegung, als würde er nachdenken. Dann ergriff er die Dose und steckte sie entschlossen in seine Jackentasche. Ebenso verfuhr er mit den anderen Gegenständen.
Wittgen beobachtete ihn ungläubig. „Was machst du?“
Paul antwortete nicht.
„Ich habe ein Recht auf meine Absolution! Du musst sie mir geben!“
„Was passiert, wenn ich ablehne? Was passiert, wenn Sie sie nicht erhalten?“, entgegnete Paul.
Wittgens Gesicht wurde noch eine Spur blutleerer und fahler. Seine Wangen schienen von einem Augenblick zum anderen eingefallen. „Du weißt, ich habe nicht mehr lange. Ich kann es spüren. Du kannst mich nicht im Stich lassen!“
Paul knöpfte sich seine Jacke zu. „Jetzt flehen Sie um Gnade. Und in Ihrem Leben, haben Sie den Kindern, die Ihnen ausgeliefert waren,… Haben Sie da jemals Gnade walten lassen?“
Der Körper Wittgens bäumte sich auf. Er streckte seine Arme nach vorne. Einige der Nadeln, die in ihm steckten, sprangen heraus. Blut tropfte. „Du verdammtes Schwein! Du kannst mich doch hier nicht so zurücklassen!“, keuchte er.
Pauls Gesicht war wie aus Stein gehauen. Seine Hand fuhr in die Jacke. Er zog einen Zigarillo heraus, betrachtete ihn aufmerksam und rollte ihn zwischen seinen Fingern. Dann wandte er sich Wittgen zu.
Ganz ruhig und ohne Hast sprach er die folgenden Worte: „Fahr‘ zur Hölle.“

38
     
„ V ivian Kern. Sie war die Cornelias beste Freundin. Die beiden waren laut Frau Heinze unzertrennlich.“
„Was wissen wir von ihr?“, fragte ich.
„Dem Vater gehört eine Firma – der zweitgrößte Arbeitgeber am Ort. Sie selbst studiert…“, Paul blätterte in seinen Unterlagen, „…ach ja, Betriebswirtschaft.“
„Hat sie Geschwister?“
„Nein.“
„Ein Einzelkind, also. Wie Cornelia“, sinnierte ich.
„Und Bernhard“, ergänzte Paul.
Das

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