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Wo die verlorenen Seelen wohnen

Wo die verlorenen Seelen wohnen

Titel: Wo die verlorenen Seelen wohnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dermot Bolger
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wichtig sind, außer in meinen Liedern. Ich muss die ganze Zeit an dich denken, Geraldine. Aber ich hab bisher einfach nicht den Mut gehabt, dich zu fragen, ob du vielleicht mal mit mir ins Kino gehen willst oder so.«
    »Nutz deine Zeit lieber besser, ich sage nämlich nein.« Als sie merkte, wie niedergeschmettert ich war, strich sie mir sanft über den Arm. »Das klingt jetzt vielleicht total abweisend, aber ich bin noch nicht so weit. Ich kann mich noch nicht wieder auf jemanden einlassen. Schlechte Erfahrungen; da will ich jetzt nicht drüber reden.«
    »Hat es mit Shane zu tun?«
    »Ich hab gedacht, ich würde ihn kennen.« Sie machte eine Pause, suchte nach den richtigen Worten. »Dann war er von einem Tag auf den anderen auf einmal wie verwandelt. Hat er jemals was von seinen Eltern erzählt?«
    »Nur, dass sie gestorben sind und dass er bei einer Tante in England gewohnt hat. Und als sie krank geworden ist, ist er jetzt nach Dublin zurückgekommen.«
    »Erinnerst du dich noch an das Feuer in dem Haus in Sion Hill? Wo alles abgebrannt ist? Vor zwei Jahren?«
    Ich erinnerte mich undeutlich, dass damals in den Nachrichten irgendwas berichtet wurde, aber mehr wusste ich nicht.
    »Und da sind sie ums Leben gekommen?«
    »Es war ihr Traumhaus, das sie sich leider nicht leisten konnten«, sagte Geraldine. »Seine Mutter starb an Rauchvergiftung. Sein Vater schleppte ihren toten Körper nach draußen und schrie dann, dass Shane noch drinnen im Haus sei. Da stand alles schon in Flammen. Die Nachbarn konnten ihn nicht zurückhalten. Er rannte wieder in die Flammen hinein und schrie, dass er seinen Sohn vor dem Ertrinken bewahren müsse – er muss wahnsinnig geworden sein, aus dem Haus schlugen ja die Flammen. Wenige Augenblicke später stürzte das Dach ein.« Geraldine musterte mich von der Seite. »Weißt du, wo Shane die ganze Zeit war?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Er stand unbemerkt in seinem Schlafanzug mitten in der Menge und sagte nichts, als sein Vater zurück ins Haus rannte. In den sicheren Tod.«

N EUNTES K APITEL
    S HANE
    J UNI 2007
    A ls Shane und Geraldine sich am Morgen, nachdem sie das ierste Mal miteinander SMS -Botschaften ausgetauscht hatten, trafen, war es, als müssten sie all die Male wettmachen, an denen sie nichts zueinander gesagt hatten. Auf einmal konnten sie gar nicht aufhören mit dem Reden und Lachen. Die Bibliothekarin wunderte sich, was plötzlich in sie gefahren war. Aber sie blieben auch nicht lang in der Bücherei, sondern schnappten sich nur schnell ein paar Bücher und spazierten danach die Newtown Avenue entlang. Als Geraldine diesmal durch das Gartentor ging, war Shane neben ihr. Alles fühlte sich für ihn neu und aufregend an, und als er vorsichtig die Hängematte neben dem Apfelbaum berührte, lachte Geraldine, weil auf seinem Gesicht ein so ungläubiges Staunen zu sehen war.
    »Das ist eine ganz normale Hängematte, du Dummkopf«, sagte sie. »Du hast doch vorher schon mal eine Hängematte gesehen, oder?«
    Aber für Shane war nichts an ihrem Garten normal. Es fühlte sich für ihn fast so an, als hätte sein Schutzengel ihn hierhergeführt, als hätte eine gute Fee, die wusste, wie einsam er war, ihm den zweiten seiner drei großen Wünsche erfüllt. Sein erster, dringendster Wunsch war und blieb, dass seine Elterngenug Geld hatten, um wieder miteinander glücklich zu sein. Aber an diesem Sommertag wollte er die Probleme zu Hause vergessen. Er war in Geraldines Garten und alles dort hieß ihn willkommen. Ihre Großmutter erschien in der Tür.
    »Na ihr zwei, bleibt ruhig draußen in der Sonne«, sagte sie mit einem Lächeln. »Ihr schaut mir so aus, als hättet ihr nichts gegen Chips und Limonade.«
    Shane verbrachte den ganzen Nachmittag in der Hängematte im Garten, während Geraldine ihm eine CD mit ihren Lieblingssongs brannte. Danach teilten sie sich die Ohrstöpsel ihres iPods, damit sie beide dieselben Lieder hören konnten. Immer wieder verschwand sie im Haus, um ein Buch zu holen, das er noch nicht gelesen hatte. Sie zeigte ihm sogar einen Cartoon, den sie selber gezeichnet hatte, mit Strichmännchen, die solchen Unsinn redeten, dass Shane und Geraldine in endloses Gelächter ausbrachen, als sie sich die Sprechblasen gegenseitig vorlasen. Am späten Nachmittag kehrte Geraldine mit einer zerbeulten Keksdose aus ihrem Zimmer zurück, in der sich ihre größten Schätze befanden.
    Shane spürte, dass sie manche von diesen Erinnerungsstücken noch nie jemand

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