Wo die Wahrheit ruht
hierher.”
“Matt?”
“Matt Baxter, Freds Sohn. Meine Stieftochter Lucy hat ihn verständigt. Fred hatte ihn nicht belästigen wollen und ständig nur geleiert, dass Josh schon wieder zu Sinnen kommen würde. Als klar wurde, dass er sich diese Hoffnung abschminken musste, hat Lucy ihren Bruder angerufen. Heute müsste er eintreffen.”
“Klärt er Morde auf?”
“Er ist FBI-Agent”, erwiderte sie, als erübrigten sich mit dieser Aussage alle weiteren Erklärungen. “Einer der Besten. Er und Fred sind sich ziemlich ähnlich – zäh, dickköpfig, aufbrausend und dabei sehr clever. Gute Kerle.”
Grace lächelte. “Das klingt, als würde dein Mann dir sehr viel bedeuten.”
“Ich
liebe
meinen Mann”, sagte sie und schaute Grace direkt in die Augen. “Ich weiß, angesichts dessen, was ich getan habe, klingt das verrückt, aber es ist die Wahrheit.”
“Darf ich dich etwas Persönliches fragen?”
Denise zuckte die Achseln. “Das hast du dir wohl verdient.”
“Wenn du Stevens Schwäche für Frauen kanntest und gleichzeitig so starke Gefühle für deinen Mann empfindest, warum hast du dich dann überhaupt auf eine Affäre eingelassen?”
“Wie jede Frau in dieser Stadt bin ich seinem Charme erlegen. Er verströmte ihn förmlich, wie du sicher weißt. Und er hatte Frauen wirklich gern. Er mochte ihre Gesellschaft, liebte es, Komplimente zu machen, an den Geburtstag oder andere besondere Gelegenheiten zu denken. Wenn er sich mit einer Frau unterhielt, gab er ihr das Gefühl, es existiere nur sie allein. Und egal, wie unattraktiv man auch sein mochte, Steven Hatfield gab einem das Gefühl, eine Schönheitskönigin zu sein. Ich war keine Ausnahme, obwohl ich glücklich verheiratet war. Doch Fred war ständig nur damit beschäftigt, anderen aus ihren Krisen zu helfen. Für gemeinsame nette Unternehmungen blieb da kaum Zeit. Als Steven mir dann seine Aufmerksamkeit schenkte, hat sie mir fast den Verstand geraubt.”
“Obwohl du von seinem Ruf als Frauenheld wusstest?”
“Daran habe ich damals keinen Gedanken verschwendet.”
Diese Bemerkung schien sie wieder nervös zu machen, doch Grace verkniff es sich, erneut nachzuhaken. “Wie alt ist deine Stieftochter?”
“Neunzehn.”
“Die Verhaftung ihres Vaters muss sie ziemlich mitgenommen haben.”
“Furchtbar, aber sie lässt sich nicht hängen. Zum Glück stehen wir beide uns sehr nahe. Wir trösten uns gegenseitig.”
Grace konnte ihre Überraschung nicht verbergen. “Sie hat dir verziehen?”
Denise schüttelte langsam den Kopf. “Nein, und ich bin nicht sicher, dass unsere Beziehung jemals wieder so wird, wie sie einmal war, insbesondere falls ihr Vater tatsächlich verurteilt werden sollte. Sie weiß jedoch, dass wir im Moment aufeinander angewiesen sind.”
Eine energische Handbewegung ließ die Armreifen an ihrem Handgelenk klimpern. “Jetzt haben wir aber genug über mich gesprochen. Jetzt will ich alles über dich erfahren.”
“Ich muss leider wieder an die Arbeit gehen”, bedauerte Grace. “Es gibt schrecklich viel zu tun, mehr als ich dachte. Und dann muss ich auch noch zum Cottage, um meine Sachen endlich auszupacken.”
“Okay, dann werde ich dich in Ruhe lassen, aber wie wär's mit einem gemeinsamen Lunch?”
“Ehrlich gesagt, wollte ich heute auf ein Mittagessen verzichten.”
“Du kannst doch nicht mit leerem Magen arbeiten. Ich mache uns Sandwiches, die können wir unterwegs essen, während ich dich in der Stadt herumführe. Alle brennen darauf, dich kennenzulernen oder zumindest mal einen Blick auf dich zu werfen.”
“Woher willst du das wissen?”
“Lorraine hat es mir erzählt. Ihr gehört das
Everything Goes
Café, und sie ist der einzige Mensch in der Stadt, der noch mit mir spricht, abgesehen von Pastor Donnelly.”
Ach, was soll's, dachte Grace. Stevens Buchführung konnte genauso gut noch etwas warten. Und Denise machte wirklich den Eindruck, als ob sie dringend eine Freundin brauchen konnte, selbst wenn ihre Freundschaft nur eine Woche bestehen würde.
6. KAPITEL
S einen Besuchen in New Hope sah Matt jedes Mal mit gemischten Gefühlen entgegen. Es war nicht so, dass er nicht gerne in seine alte Heimatstadt zurückkehrte. Im Gegenteil, nach mehrmonatiger Abwesenheit versetzte es ihn jedes Mal in Hochstimmung, wenn er die Main Street hinunterfuhr und seinen alten Nachbarn zuwinkte.
Nur Josh Nader trübte diese Freude. Egal wie sehr Matt sich auch bemühte, ihm aus dem Weg zu gehen, Josh, mit
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