Wo die Wahrheit ruht
seiner untrüglichen Spürnase, tauchte jedes Mal auf. Normalerweise redeten sie dann ein paar Takte miteinander und pflaumten sich an wie zu Teenagerzeiten, bis einer die Lust verlor und sich verabschiedete.
Diesmal würde die Sache jedoch anders verlaufen. Nun, da Matts Vater im Gefängnis saß und Josh die Oberhand hatte, würde der Polizeichef die Situation bis ins Letzte ausreizen und jede Minute auskosten. Vermutlich wartete er nur darauf, dass Matt zum Gefängnis kam, um sich vor ihm aufspielen zu können.
Matt nahm sich fest vor, cool zu bleiben. Gleich bei der ersten höhnischen Bemerkung auszurasten, würde weder etwas an der Situation ändern, noch würde es seinem Vater helfen.
Nicht immer war das Verhältnis zwischen ihm und Josh so angespannt gewesen. Nach dem ersten Schuljahr waren sie sogar eine ganze Zeit lang die dicksten Freunde gewesen. Zusammen mit George Renchaw, dem Dritten im Bunde, galten sie über mehrere Jahre als unzertrennlich. Ihr kleines Trio hatten sie, wenig originell, “Die drei Musketiere” genannt. Aber sie waren damals schließlich kleine Jungs und von jedem, der Schwert und Federhut trug, mächtig beeindruckt gewesen. Gemeinsam hatten sie jede Menge Streiche und allerlei Unsinn getrieben. Allein George hatte dafür gesorgt, dass sie den Bogen nicht überspannten. Fleißig und vernünftig wie er war, hatte er immer aufgepasst, dass seine Freunde nicht zu weit gingen.
In der achten Klasse hatte sich plötzlich alles geändert. Ein neues Mädchen war in Joshs Nachbarhaus eingezogen, und alle drei Jungen hatten sich kopfüber in sie verliebt. Als sich Mary Ellen Sanders dann für Matt entschied, zeigte sich George als guter Verlierer, Josh jedoch erklärte Matt den Krieg.
Selbst lange nachdem Mary Ellen aus ihrer aller Leben verschwunden war, steigerte sich Joshs Feindseligkeit gegenüber Matt weiter. Matt und George schlossen zu der Zeit, als Josh den Militärdienst beendete, das College ab. In jenem Sommer vergrößerte ein weiteres Ereignis die Kluft zwischen ihnen. Matts ehemalige Freundin, die neunzehnjährige Felicia Newman, verschwand. Als die Vermutung laut wurde, dass ein Verbrechen dahintersteckte, und mehrere junge Männer verhört wurden, hatte Josh sofort mit dem Finger auf Matt gezeigt und behauptet, er habe gehört, wie sich die beiden gestritten hätten. Fred Baxter, dem damaligen Polizeichef, blieb keine andere Wahl, als seinen eigenen Sohn zum Verhör aufs Revier zu zitieren. Wenige Tage später wurde dann jedoch Dusty Colburn verhaftet, ein geistig behinderter Mann, der für Felicia geschwärmt hatte. Damit wurde der Verdacht gegen Matt wieder fallen gelassen. Bestürzung und Fassungslosigkeit machten sich nach diesem schrecklichen Verbrechen breit. Eine Handvoll Leute zeigten sich nicht restlich davon überzeugt, dass der Richtige verhaftet worden war. Und obwohl niemand ernsthaft daran glaubte, dass der Sohn des Polizeichefs der Täter war, so hatten Joshs unberechtigte Anschuldigungen Matt eine wichtige Lehre erteilt: New Hope war zu klein für sie beide. Als Josh verkündete, dass er bei der Polizei von New Hope anheuern werde, beschloss Matt, dieser Stadt den Rücken zu kehren. Zwei Monate später hatte er die Aufnahmeprüfung für die FBI-Akademie in Quantico, Virginia, geschafft.
Nachdem er die FBI-Akademie erfolgreich absolviert hatte, war die Nachricht, dass ein Sohn der Stadt sich ab sofort Federal Agent würde nennen können, wochenlang Gesprächsthema Nummer eins gewesen. Eifersüchtig auf die Aufmerksamkeit, die Matt zuteil wurde, bewarb sich Josh, zu der Zeit frisch gebackener Polizeibeamter beim New Hope Polizeirevier, um einen Job bei Interpol, der internationalen Polizeiorganisation zur weltweiten Verbrechensverfolgung. Doch obwohl Polizeichef Baxter dem jungen Polizeibeamten ein gutes Zeugnis ausstellte, war es nicht gut genug, um in die Eliteorganisation aufgenommen zu werden.
Seine Wut und Verbitterung hatte sich Josh nicht anmerken lassen. Dennoch wusste Matt, dass Josh tief in seinem Inneren Fred dafür verantwortlich machte, ihm diese einmalige Karrierechance ruiniert zu haben.
Joshs Feindseligkeit mochte sich besänftigt haben, als Fred ihn vor einem Jahr als seinen Nachfolger vorgeschlagen hatte, doch sicher konnte man da nicht sein.
George Renchaw hatte ebenfalls Karriere gemacht. Nach mehreren Jahren als Justiziar einer großen New Yorker Firma hatte er seinen Job gekündigt und war nach New Hope zurückgekehrt. Als
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