Wo die Wasser sich finden australien2
Stimme durch die Küche knisterte, richtete Mrs Lewis sich steif auf, ihre Miene verhärtete sich.
»Diese Funkgespräche sind quasi öffentlich. Viele in der Gegend verwenden denselben Kanal.«
Rebecca senkte den Blick auf die Löcher in ihren Socken. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie Charlies Mutter nicht leiden konnte. Während der letzten Monate hatte sich Mrs Lewis vor Freundlichkeit überschlagen. Sie hatte Rebecca Raum zum Trauern gelassen und sich so intensiv um sie gekümmert, wie Rebecca es zugelassen hatte. Trotzdem war da ein Gefühl von Distanz … und von unausgesprochener Missbilligung. Mr Lewis strahlte das ebenfalls aus. Rebecca war aufgefallen, wie er sie jeden Morgen von Kopf bis Fuß musterte. Anfangs war sie jeden Morgen um Punkt sieben Uhr in ihren Arbeitskleidern im Maschinenschuppen erschienen. Hatte sich zur Arbeit gemeldet wie ein eifriger junger Soldat, der in die Schlacht ziehen will. Aber als Mr Lewis sich nach mehreren Wochen immer noch weigerte, ihr Arbeit zu geben, hatte Rebecca stillschweigend aufgegeben und war dazu übergegangen, stundenlang mit Charlie auf den Landmaschinen zu sitzen oder ihm im Schuppen Schraubenschlüssel oder Schraubenzieher zu reichen.
»Verflucht noch mal, Charlie«, hatte sie ihn eines Morgens angeschrien, »warum sagt er mir nicht ins Gesicht, dass er meint, ich gehöre in die Küche oder den Garten! Er ist noch schlimmer als mein Dad!«
Charlie gab sich redlich Mühe. Er trocknete Rebeccas Tränen um Tom, die im Dunkel der Nacht zu fließen begannen.
Geduldig und ruhig stand er zwischen seiner rastlosen Mutter und Rebeccas stillem Trotz. Aber letztendlich beugte er sich jedes Mal dem Willen seines Vaters. Wenn Mr Lewis von Charlie verlangte, etwas zu erledigen, dann widersprach Charlie ihm nie, auch wenn Rebecca die Arbeit mit Leichtigkeit hätte erledigen können.
Charlie versprach ihr immer wieder, sich ein Wochenende freizunehmen, um Hank und Ink Jet von Waters Meeting zu holen, aber dieses freie Wochenende blieb eine Schimäre. Rebecca liebte Charlie, daran zweifelte sie nicht, aber ihr Groll wuchs unaufhörlich, und manchmal merkte sie beim Sex, dass sie ihn nicht voller Leidenschaft, sondern fast zornig liebte. Zorn auf alles, was ihr im Leben widerfahren war und was ihr nicht widerfahren wollte. Sie hatte das Gefühl, keine Kontrolle zu haben. Verloren zu sein. Manchmal meinte sie, ein fremdes Mädchen zu beobachten. Dieses andere Mädchen lebte in einer Hütte, warf Kissen an die Wand, wiegte sich vor und zurück und versuchte ihr früheres Leben mit Tom und ihren Hunden auf Waters Meeting in Erinnerung zu behalten. Versuchte sich auszumalen, wie ein Leben ohne Charlie wohl aussehen würde – ob sie es wohl ertragen würde, allein und heimatlos zu leben.
Als die Erntezeit nahte und der ganze Distrikt in hektische Aktivität verfiel, erkannten die Lewis’, dass sie Rebecca mehr zutrauen mussten. Immerhin hatte sie einen LKW-Führerschein. Anfangs ließ Mr Lewis sie den Laster nur auf seinem Grundstück fahren, aber als immer weniger Zeit blieb, das Getreide in die Silos zu schaffen, bevor der Regen über den weiten Himmel zog, fand sie sich irgendwann auf der Straße in die Stadt wieder. Ein Hauch von Freiheit in einem Truck.
Als Rebecca diesmal mit den frisch gebackenen Scones auf dem Beifahrersitz von Mrs Lewis wegfuhr, musste sie ein Gähnen unterdrücken. Die Erntetage waren lang, und Rebecca
und Charlie waren durch die weiten Felder getrennt. Immer fuhren sie in entgegengesetzte Richtungen, Charlie im Mähdrescher, sie im Getreidelaster. Zwischendurch trafen sie sich am Feldrand, wenn der Korntank voll war, dann winkte er ihr zu, während sie die Förderschnecke ansetzte, das Getreide in ihren Laster lud und damit zum Silo fuhr. Für Pausen blieb keine Zeit. Es war Erntezeit, und die Sonne schien. Nachdem die letzte Regenfront durchgezogen war, hatte das Wetteramt vorausgesagt, dass es wochenlang nicht regnen würde. Es gab keinen Vorwand für eine Pause. Nach der Getreideernte ging es ans Heumachen. Anschließend musste der Boden für die neue Aussaat vorbereitet werden, und dann fing alles von vorn an. Die Jahre wälzten sich endlos vor ihr aus in dieser befremdlich konturlosen Ebene, in der sie ewig fremd bleiben würde.
Allerdings gab es auch Zeiten, in denen all das dadurch aufgewogen wurde, dass sie mit Charlie zusammen war. Bei Erntebeginn hatte Vorfreude in der Luft gelegen, und Rebecca hatte angefangen, ihr Leben zu
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