Wo die Wasser sich finden australien2
er, das verriet ihre hohe, gepresste Stimme.
»Oh. Ähhh … gerne Wein.«
»Um. Wein? Oh. Ach. Wein.«
»Wenn du keinen hast, tut es auch Wasser.«
»Wie steht es mit Bier?«
Frankie fiel ein, dass sie vor Monaten für ihre einsame, vor dem Fernseher begangene Feier des großen Finalspiels in der Australischen Football-Liga ein traurig aussehendes Sixpack gekauft hatte. Die Dosen lagerten immer noch hinten in ihrem zwergenhaften Kühlschrank, wo sie viel zu viel Platz einnahmen. Sie erinnerte sich, dass sie eine rote Bratwurst gegessen und den Anstoß angeschaut hatte, um dann, ohne auch nur ein einziges Bier aufzureißen, zu Bett zu gehen, wo sie weinend der Finalspiele vergangener Zeiten gedacht hatte. In ihrer Erinnerung waren ihre Kinder alle beisammen. Rebecca und die Buben, die in ihren Trikots auf dem Wohnzimmerboden rauften. Lange Wimpel
umrahmten den brummenden und knackenden, weil viel zu laut eingestellten Fernseher. Sie versuchte sich ein paar der selbst gedichteten Gesänge ins Gedächtnis zu rufen, die sich alle nicht wirklich gereimt hatten. Immer wenn sie länger an Footballübertragungen dachte, musste sie unwillkürlich auch an Harry und den leeren Blick denken, mit dem er die Spiele verfolgt hatte.
Manchmal, wenn sie ihn in seinem Sessel thronen sah, die Füße auf einen alten Melkschemel gestützt, hätte sie schwören können, dass er gleich sabbern würde, und malte sich dann aus, wie sie die Hände unter sein Kinn halten würde. Zu anderen Gelegenheiten hätte sie ihn am liebsten links und rechts geohrfeigt und ihn angeschrien: »Sprich mit mir!« Aber das tat sie nie, sie schaltete einfach ab und hoffte, dass das Telefon läuten würde und sie zu einer Kuh, die nicht kalben konnte, oder einem vergifteten Hund gerufen wurde.
Nach der Scheidung hatte Frankie sich zu erklären versucht, was schiefgelaufen war oder, dachte sie spröde, was überhaupt richtig gelaufen war. Sie war immer eine Wissenschaftlerin mit Leidenschaft für ihren Beruf gewesen. Frankie versuchte sich in Erinnerung zu rufen, wann Harry aufgehört hatte, mit ihr zu sprechen. Wann er aufgehört hatte, ihr seine Liebe zu zeigen. Doch sie konnte den Augenblick nie benennen. Irgendwann wurde ihr klar, dass er schon immer still und mürrisch gewesen war. Anfangs hatte er sie unbestreitbar erotisch angezogen. Er war ein durch und durch männlicher Mann – ganz und gar nicht wie die Akademiker, mit denen sie während des Studiums gegangen war. Ihre Freundinnen hatten oft gefragt, warum sie so lange bei ihm geblieben war, und sie hatte damals immer geantwortet: »Wegen der Kinder.« Dennoch wusste sie insgeheim, dass sie nie allein der Kinder wegen bei ihm geblieben wäre. Sie lebte für ihre Arbeit. Sie lebte für ihre Wissenschaft, und je mehr beides sie von ihrer Familie und diesem riesigen, kalten
Haus entfremdete, desto vollständiger fühlte sie sich. Inzwischen nutzte sie ihre Wissenschaft und ihre Arbeit, um die tiefe Kluft, die ihre Schuldgefühle gegraben hatten, zu übertünchen.
In der Küche spannte sie kurz die Muskeln an und seufzte. Peter stand drüben im Wohnzimmer und sah aufmunternd zu ihr herüber.
»Ich bin eigentlich kein Biertrinker, aber ich werde es versuchen. Normalerweise trinke ich nur am Australia Day oder beim Football-Finale Bier.«
»Ach«, lachte Frankie und bückte sich, um das verwelkte Gemüse beiseitezuschieben und das Sixpack herauszuziehen. Sie streckte es ihm entgegen. »Nicht gerade ein Gourmetbier. Sollen wir uns vielleicht eines teilen?«
Es war noch eine halbe Stunde bis zu ihrer Reservierung in einem italienischen Restaurant zwei Straßen weiter. Frankie wünschte, sie hätte einen Hund oder eine Katze, dann hätten sie die Aufmerksamkeit und das Gespräch auf die Fellzeichnung oder die Gewohnheiten des Tieres lenken können, aber ihre Wohnung war aufgeräumt und kalt. Vielleicht sollten sie über Henburys Analdrüsenproblem sprechen, aber dieses Thema hatten sie mehr oder weniger ausgeschöpft, und der Hund hatte seit Monaten keine Unterleibsprobleme mehr.
»Setz dich doch«, sagte sie und schwenkte ihre Hand in Richtung der Couch wie eine Verkäuferin im Teleshop-Kanal.
Das Leder gab ein leises Furzgeräusch von sich, als Peter sich setzte. Er versuchte das Geräusch ein zweites Mal auszulösen, indem er sich zurechtsetzte, nur damit Frankie erkannte, dass er nicht wirklich gefurzt hatte, aber die Couch schwieg eigensinnig.
Peter rutschte an die Polsterkante vor und
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