Wo du nicht bist, kann ich nicht sein
hören: Das ist es nicht.«
»Bitte reg dich nicht auf. Ich bin nicht gekommen, um dich zu verärgern.«
»Das hast du aber getan. Und weiÃt du was? Es ist deine Schuld!«
Mum starrte mich an. »Was in aller Welt willst du damit sagen?«
»Das weiÃt du genau.« Mir war klar, dass ich mich auf dünnem Eis bewegte, aber ich konnte mich nicht zurückhalten. »Du bist diejenige, die mich gezwungen hat, auf dieses College zu gehen und vier Fächer zu wählen, die mir total egal sind. Du wolltest mir nicht zuhören, als ich dir gesagt hab, dass es nicht das ist, was ich machen will.«
»Jonathan, wir haben damals besprochen, warum wir nicht möchten, dass du zur Musikschule gehst.«
»Wir haben nie irgendwas besprochen, ihr habt einfach gesagt, dass ich nicht darf. Ich durfte ja nicht mal Musik als Prüfungsfach nehmen â und jetzt häng ich stattdessen mit Mathe II da, obwohl das total überflüssig ist.«
»Dir scheint nicht klar zu sein, wie begabt du bist und was für eine glänzende Zukunft vor dir liegt. In Physik und Mathe hast du die volle Punktzahl erreicht! So was ist selten. Und das wegzuwerfen, nur weil ⦠weil dir deine Auftritte mit Freya Spaà gemacht haben â¦Â«
»Hast du uns spielen hören, Mum? Wir waren groÃartig â besser noch als groÃartig! Das haben alle gesagt. Das ist auch selten!«
»Natürlich seid ihr gut gewesen, das weià ich. Aber eine Karriere als Musiker ⦠Jonathan, du kannst etwas Besseres erreichen. Mit dem Abschluss, den du machst, wirst du Medizin studieren können ⦠oder Maschinenbau â¦Â«
Wenn ich bis hierher schon wütend gewesen war, dann wurde ich jetzt fuchsteufelswild. »Wie kommst du dazu, mir zu erzählen, ich könnte âºwas Besseres erreichenâ¹? Ich hab bloà darum gebeten, ein einziges Fach wählen zu können, an dem mir was liegt. Ein einziges ScheiÃfach von vieren! Aber nein, nicht mal das durfte ich. Wann verstehst du endlich, dass Musik nicht nur so eine Phase ist, die irgendwann wieder vorbei ist? Sie ist mein Leben, und du hast nicht das Recht, mir das wegzunehmen.«
»Du hast immer noch deine privaten Musikstunden â¦Â«
»Freyas Eltern haben sie aufs Konservatorium gehen lassen, die respektieren ihre Wünsche. Was ist, wenn sie so viel besser wird als ich, dass ich nicht mehr mithalten kann? Was, wenn sie in London jemand anderen findet, weil ich nicht da bin?«
»Was ist hier los?« Dad erschien in der Tür.
»Mal wieder die Schule.« Mum seufzte. »Jonathan findet anscheinend, dass wir sein Leben ruiniert haben â¦Â«
»Das habt ihr auch!«, brüllte ich. »Nie bin ich euch gut genug. Immer muss ich noch besser sein â immer werde ich angetrieben, besser zu sein als alle anderen. Ihr könnt mich einfach nicht so akzeptieren, wie ich bin. So, schluckt das: Ich bin unglücklich, ich hasse das College, ich hasse alle da â und im Moment hasse ich es, ich zu sein. Danke schön dafür, Mum, herzlichen Dank, Dad â ich hoffe, ihr seid jetzt zufrieden.«
»Das ist nicht fair â¦Â«
»Ich wusste, dass du es abstreiten würdest â weil du mir einfach nie zuhörst. Aber weiÃt du was? Ich hör dir auch nicht mehr zu, also geh bitte aus meinem Zimmer und lass mich in Frieden.«
Mum machte den Mund auf, dann klappte sie ihn wieder zu. Sie guckte Dad an, der die Achseln zuckte.
»Gut«, sagte sie angespannt. »Wenn du ruhig darüber reden möchtest, wir sind unten.«
Ich kehrte ihnen den Rücken zu und wenig später fiel die Tür ins Schloss. Erst als ich ganz sicher war, dass sie auÃer Hörweite waren, lieà ich meine Wut an den Möbeln aus und schlug und trat auf den Schreibtisch, das Bett und die Wand ein. Ich hörte erst auf, als mein Stuhl umkippte und ein Bein abbrach. ScheiÃe!, dachte ich, als ich mich hinkniete und den Schaden betrachtete. Es beunruhigte mich immer ziemlich, wenn ich derart ausflippte. Ich würde mich eigentlich nicht als aggressiven Typen bezeichnen, aber der Stuhl war nicht das Erste, was ich kurz und klein gehauen hatte.
Mir war nicht mehr danach, weiter Doctor Who zu gucken. Ich warf mich auf mein Bett, starrte auf meine CD s und meine Gitarre und überlegte, wie in aller Welt ich nur einen Sinn in Mums und Dads Argumenten hatte sehen können. Ich konnte es nicht
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