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Wo fehlt's Doktor?

Wo fehlt's Doktor?

Titel: Wo fehlt's Doktor? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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europäischen Geschichte änderte.« Miß MacNish stellte die Terrine mit dem Frikassee unsanft auf den Tisch. »Eklige und bösartige Tiere also?«
    »Ich wollte nur sagen, daß sie das in meiner Vorstellung sind«, erklärte er geduldig.
    »Freut mich, Sie wenigstens zugeben zu hören, daß ich mich vielleicht am Abend langweile.« Er bemerkte zwei leuchtend rote Flecke auf ihren sommersprossigen Wangen. »Darüber scheinen Sie sich ja große Sorgen zu machen... Wann haben Sie mich jemals auf ein Plauderstündchen herunter gebeten? Oder auf ein Glas Whisky? Wann denn? Nicht einmal am Heiligen Abend.«
    »Meine liebe Miß MacNish, Sie sehen doch sicher ein, daß so etwas höchst unpassend für einen alleinstehenden Mann wäre?«
    »So. Was bin ich denn? Vielleicht eine Dirne, die Sie innerhalb von zehn Minuten auf dem Kaminvorleger verführt, bevor sie Ihnen das Abendessen kocht? Danke! Jetzt weiß ich, was Sie von mir halten.«
    »Zum Teufel! Ich dachte nicht im geringsten...«
    »Bitte, werden Sie jetzt nicht noch unhöflich.«
    »Können Sie nicht verstehen? Ich schätze Ihre Dienste hoch...«
    »Keineswegs. Zumindest nicht so wie der Dean. Das ganze Jahr lang kommt kein nettes Wort aus Ihrem Mund. Ich möchte exquisite Dinge für Sie kochen, und was verlangen Sie? Frikassee!«
    »Aber was in Gottes Namen hat das alles mit den Katzen zu tun? Miß MacNish...Fiona... erinnern Sie sich nicht, wie Sie als blutjunges Mädchen aus Aberdeen kamen und ich Ihnen einen Posten gab? Als Empfangsfräulein in meiner Ordination in der Harley Street.«
    »Wo ich mich für einen Schundlohn abgerackert hab’? Sie haben meine Unerfahrenheit ausgenützt, um mich auszubeuten. Wenn Sie sich allerdings vorgestellt haben, ich sähe aus wie eins von diesen Mädchen, mit denen man weißen Sklavenhandel betreiben kann...«
    »Sie sind total unmöglich...«
    »Außerdem haben Sie eine ganze Menge sehr unangenehmer Gewohnheiten. Sie lassen Ihre Hose zusammengeknüllt auf dem Boden liegen... und Ihre gekräuselten Haare in der Badewanne...«
    »Ich möchte jetzt mein Nachtmahl essen.«
    Sir Lancelot setzte sich. Ein lautes Quietschen. Kensington, die graue Katze, flüchtete vom Sessel. Sir Lancelot sprang auf. Mit der Zehe stieß er die Katze in das weiche Bauchfell.
    »Du gemeines Vieh!«
    Miß MacNish ergriff die Terrine. Sir Lancelot duckte sich vor dem Wurf, und die Terrine zerschellte an der Wand hinter ihm. Weiße, heiße Flüssigkeit spritzte nach allen Seiten. Dann brach Miß MacNish in Tränen aus, verließ den Salon und stapfte wütend nach oben.
     

8
     
    Der Dean blickte auf, als er den Krach an der Wand hörte.
    »Püh!« Er rümpfte die Nase. Der Lärm war schlimm genug, aber noch unangenehmer war es, immer Sir Lancelots anscheinend ausschließlich aus Zwiebeln bestehende Mahlzeiten riechen zu müssen. Er wandte sich wieder dem Schreibpapier auf seinen Knien zu, als im Nebenhaus eine Tür mit heftigem Knall ins Schloß fiel. »Du meine Güte!« murmelte der Dean. »Man glaubt schon fast, in den Seitengassen Neapels zu wohnen!« Es wäre, dachte er, um so viel angenehmer hier, wenn man Sir Lancelot überreden könnte, auszuziehen. Ja, das schien geradezu lebenswichtig zu werden.
    Er nahm seinen Kugelschreiber, strich eine Zeile durch und ersetzte sie durch eine neue Wendung:
    Sir Lancelots gewohnter Starrsinn wurde allerdings durch die geschickte Überredungskunst ihm nahestehender Kollegen gebrochen; und so war es Sir Lancelot vergönnt , seine letzten Jahre in akademischer Abgeklärtheit als Vizekanzler der Hampton-Wick-Universität zu verleben.
    Jenseits der Wand fiel eine weitere Tür ins Schloß und ließ die Sammlung silberner Sportpokale erzittern. Der Dean begann fieberhaft darüber nachzudenken, wie man Sir Lancelot am leichtesten dazu bringen könnte, sich den akademischen Schwarzen Peter Zuspielen zu lassen. Jedes Angebot, das von ihm selbst käme, würde sofort Verdacht, Feindseligkeit, ja sogar Hohn erregen. Vielleicht, dachte er, könnte man Sir Lancelots Beliebtheit bei den Studenten ins Spiel bringen - obwohl er sich des Gefühls nicht erwehren konnte, daß der Rugby-Club den Chirurgen nur deswegen als Präsidenten beließ, um ihn bei Inter-Spital-Matches gemeinsam mit dem anderen Klub-Maskottchen, einem ausgestopften Gorilla, aufs Spielfeld zu schicken. Die Einladung mußte auf Umwegen erfolgen - am besten durch einen Dritten. Der Dean klopfte mit dem Kugelschreiber an seine Vorderzähne. Warum nicht durch

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