Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wo fehlt's Doktor?

Wo fehlt's Doktor?

Titel: Wo fehlt's Doktor? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
Vom Netzwerk:
das Weekend besonders ins Gewicht fiele - aber man gewöhnt sich eben daran, die Arbeitswoche vom Vergnügen zu trennen. Ich meine, am Wochenende mäht man den Rasen und so weiter... Ja, bestimmt am Samstagabend. Du erinnerst mich doch, nicht wahr? Ich bin in letzter Zeit immer so müde.«
    »Du bist sehr lieb, Lionel. Sei nicht böse, daß ich mich plötzlich nicht mehr in der Gewalt hatte.« Sie betupfte die Augen mit dem Rand einer Serviette. »Edgar muß jeden Augenblick eintreffen. Ich muß halbwegs lebensfroh aus-sehen.«
    Die Türglocke läutete. Der Dean hörte, wie Muriel aus ihrer Wohnung hinunterlief, wo sie den Großteil des Nachmittags Trübsal blasend verbracht hatte. Aus dem Nebenhaus ertönte ein fürchterlicher Krach. Er sprang auf. »Du lieber Himmel, was führt Lancelot mit Frankie auf? Schmeißt er sie die Treppe hinunter?«
     

17
     
    »Nein, wie ungeschickt!« sagte Frankie mit einem süßen Lächeln.
    Sir Lancelot beäugte schuldbewußt die über den Fußboden verstreuten Scherben des Eßgeschirrs, das er auf dem Tablett gehabt hatte. »Es ist wirklich hoffnungslos, Frankie, wenn ich in meinem vorgerückten Alter versuche, den Butler zu spielen...«
    Frankie nahm die blaugemusterte Schürze, die Miß Mac-Nish zurückgelassen hatte, von einem Haken und band sie sich um. »Ich werde, wie gesagt, unser Abendessen kochen. Du hast doch sicher noch eine Menge anderer Teller. Einige von denen hier wirst du kitten können. Obwohl es wahrscheinlich weit weniger anstrengend wäre, sie zusammenzukehren und in den Mistkübel zu werfen.«
    »Warum gehen wir nicht, wie ich vorgeschlagen habe, in ein Restaurant? Es gibt auch um die Ecke ein Lokal, aus dem sich die Studenten täglich Pakete mit Fisch und Chips holen.«
    »Bitte, gieß mir noch ein wenig von diesem tollen Wodka ein, Liebling, und überlaß mir alles andere.«
    »Du weißt hoffentlich, daß das echter Wodka ist? Das Geschenk eines Patienten von der Russischen Botschaft.«
    »Ich trinke nie etwas anderes.«
    »Ich stelle mir vor, daß die Russen damit die Tundra auftauen.«
    »Hat deine ungetreue Köchin etwas Eßbares zurückgelassen?«
    »Ein paar Filetsteaks müssen, glaube ich, noch im Haus sein.«
    »Wenn du Sahne, Pilze und Zwiebeln hast, mache ich dir ein erstklassiges Boeuf Stroganoff. Das wird zum Wodka passen.«
    Als Sir Lancelot mit zwei Wassergläsern, in denen Eisstückchen klirrten, wiederkam, hantierte Frankie bereits mit der Bratpfanne. Sie griff lächelnd nach ihrem Glas, und er bemerkte das charakteristische leise Zittern ihrer Nasenflügel. Es jagte immer leichte Schauer über seinen Rücken.
    »Ein hübsches kleines Nest hast du dir hier eingerichtet, Lancelot.«
    »Ich hätte dich schon längst eingeladen, meine Liebe. Aber ich nahm an, du wärst zu beschäftigt. Es scheint kein Tag zu vergehen, an dem du nicht in den Nachrichten genannt wirst.«
    »Oh, die Nachrichten!« Sie rümpfte wieder die Nase. In Sir Lancelots Glas klirrte das Eis. »Zu viele Nachrichten! Nachrichtenexplosion in allen Massenmedien, wie ich immer sage. Kaum hat man die Augen geöffnet, schon starrt man auf Nachrichten - und das tut man, bis man den Fernsehapparat abdreht und schlafen geht. Es würde auf dieser Welt viel ruhiger zugehen, wenn man auf die gute alte Praxis zurückgriffe, die wichtigsten Nachrichten per Aushang in den Kneipen publik zu machen.«
    »Manchmal wünsche ich mir, ich hätte mich auch in der Politik versucht.« - »Wirklich?« Sie schien überrascht zu sein. »Du bist doch ein viel zu guter Arzt...« - »Ja, vielleicht ein zu erfahrener...«
    Die in Streifen geschnittenen Steaks brutzelten duftend in der Butter. »Wir Ärzte sehen Probleme klar und leidenschaftslos, Lancelot. In der Politik sehen wir sie nur aus unserem eigenen Gesichtswinkel... Es ist etwa so wie mit einer Lungenentzündung, die ein Neurochirurg als Bandschaden und ein Dermatologe als Gürtelrose diagnostiziert. Kein Wunder, daß die Welt so lendenlahm der Jahrtausendwende entgegenschleicht.«
    »Es muß befriedigend sein, zum Wohl des Staats nicht nur durch Steuerzahlen beizutragen...«
    »Steuern! Mehr Macht für den Staat! Und der moderne Staat ist ein eifersüchtiger Gott!« Sie leerte die Pilze in die Pfanne. »Mittelstands-Idealisten wie du kommen jetzt leider unter die Räder. Schon heute sind die meisten Exemplare deiner Art hoffnungslos versteinert oder sie sind in den tieferen wirtschaftlichen Schichten zerquetscht worden...«
    »Ich weiß nicht

Weitere Kostenlose Bücher