Wo geht’s denn hier ins Paradies?
entstand Unruhe unter den Gästen. Dr. Stettner sprach kurz mit dem Kollegen, dann wurde Ellen auch schon an eine Infusion angeschlossen – und Sekunden später fuhr der Notarztwagen davon.
Für die nächste Viertelstunde war die Stimmung gedrückt. Alle diskutierten, was wohl hinter Ellens Zusammenbruch stecken könnte, doch niemand wusste Genaues.
Erst als Mimi berichtete: „Sie hat seit längerem starke Kopfschmerzen“ – da wurde der Hamburger Arzt aufmerksam.
„Was wissen Sie noch?“, wollte er wissen.
„Nichts.“ Mimi runzelte die Stirn. „Doch, da ist noch was …“ Sie zögerte ein wenig.
„Ja? Sagen Sie’s ruhig. Jede Kleinigkeit kann wichtig sein“, drängte der Arzt.
„Sie hat schon mal Sehstörungen. Wir haben gedacht, das kommt von der Arbeit. Sie schuftet wie verrückt seit einigen Tagen. Aber das Projekt ist ja auch sehr interessant. Wer von uns hat schon mal die Möglichkeit, einen Kostümfilm auszustatten. Ich bin sicher, dass für Ellen damit ein Traum in Erfüllung gegangen ist. Sie hat sich heftig in das Projekt reingehängt.“ Und das nicht nur, um sich abzulenken und weil die Zeit drängt. Sie liebt diesen Job.
Diese Erklärung wollte der Arzt aber nicht akzeptieren. Er wandte sich an Carola: „Ich möchte in die Klinik fahren, in die man Ellen gebracht hat. Diese Sehstörungen … das ist ein Alarmzeichen, und die Kollegen sollten davon so rasch wie möglich erfahren.“
Angstvoll sah Carola ihn an. „Was denkst du denn?“
Zärtlich strich er ihr über das jetzt streichholzkurze blonde Haar. „Mach dir keine Sorgen. Vielleicht ist es gar nichts Schlimmes. Nur – massive Sehstörungen, verbunden mit Kopfschmerz … das kann auf einen Hirntumor hinweisen.“
„Nein …“ Carola taumelte, und rasch hielt er sie fest. Liebevoll drückte er die Lippen an ihre Schläfe.
„Bitte, Schatz, mach dich jetzt nicht verrückt. Ich denke aber, es ist im Interesse deiner Freundin, wenn ich zur Anamnese beisteuere, was ich erfahren habe.“
„Ich komme mit dir.“
Er schüttelte den Kopf. „Unsinn. Du kannst erst mal gar nichts für sie tun. Bleib hier und versuch ein wenig mit Mimi zu feiern. Darum sind wir doch eigentlich gekommen. Ich werde sehen, was ich bei den Kollegen ausrichten kann.“
Schließlich gelang es ihm, unterstützt von Mimi und Claude Schneiders, Caro zum Bleiben zu bewegen. Die junge Frau, die selbst noch nicht ganz genesen war, versuchte sich zwar zu amüsieren, doch immer wieder gingen ihre Gedanken zu Ellen.
Was war los mit der Freundin?
Nach einer Stunde, inzwischen war die Stimmung wieder hervorragend, schlich sich Carola in eine Ecke des Gartens, zog ihr Handy aus der Tasche und wählte Karsten Gerhards Nummer.
+ + +
Grelle Blitze zuckten durch ihren Kopf. Irgendwo dröhnte es wie dumpfes Trommelschlagen. Dann wieder ertönte von weither eine Sirene. Dann glaubte sie Stimmen zu hören.
Aber alles wurde von diesem rasenden Schmerz überlagert, der ihren Kopf förmlich zu spalten schien.
Ellen versuchte sich an die Stirn zu fassen, doch da war jemand, der sie behutsam daran hinderte. „Vorsicht – Sie haben eine Infusion angelegt bekommen.“ Eine warme Männerstimme. Eine sanfte, aber doch energische Hand, die die Ihre festhielt.
Erst nach und nach wurde es Ellen bewusst, dass sie sich in einem Notarztwagen befand. Sie wollte fragen, was denn passiert sei, aber noch ehe sie ein Wort formulieren konnte, spürte sie, dass eine große dunkle Wand auf sie zukam. Wellenförmig bewegte sich die Wand auf sie zu – um sie gleich darauf zu verschlingen.
„Sie ist schon wieder ohnmächtig geworden.“ Der Notarzt sah kurz nach draußen. „Wann sind wir da?“
„Noch drei, vier Minuten.“ Ein älterer Sanitäter antwortete. „Ich hab durchgegeben, dass man gleich alles für eine CT fertig macht.“
„Danke.“
Rasend schnell bewegte sich der Wagen durch den lebhaften Verkehrt. Ellen merkte von alledem nichts. Sie spürte nicht, dass man sie vorsichtig aus dem Wagen hob, in die Ambulanz der Uni-Klinik brachte und nach einer kurzen Untersuchung durch den Dienst habenden Arzt zur Computertomografie rollte.
Sie hatte kein Gefühl für Zeit und Raum. Irgendwann ging die Ohnmacht in einen Dämmerschlaf über, aus dem sie erst erwachte, als sie spürte, dass jemand ihre Hand nahm, dass dieser Jemand sich dann sogar über sie beugte und zärtlich küsste.
Es war ein angenehmes Gefühl. Sie lächelte ein wenig. Aber eigentlich interessierte es
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