Wo geht's hier nach Arabien
insektenverseuchteste Hütte der Sahara mitschleppen würde. Tut er aber nicht. Es ist nur eine Phantasie, ausgelebt in der leblosen Stadthalle eines x-beliebigen Ortes, Beginn 20 Uhr. Wie aufregend muss es sein, wenn einem der Wüstensturm nachts das Zelt in Stücke reiÃt. In Wahrheit ist es natürlich nicht romantisch, sondern höchst ärgerlich. Egal. Es herrscht die Sehnsucht nach dem Kick. Michael Martin erzählt Einschlafgeschichten für Erwachsene (oder die sich dafür halten). Er ist zweifelsohne der Benjamin Blümchen der Sahara.
Natürlich sind auch Männer im Publikum. Steuerberater, Finanzbeamte, die ganzen Rüdiger Nehbergs der Deutschen Bank. Die interessieren sich weniger für das Aussehen des Abenteurers, sondern für Aufnahmetechnik und Ausrüstung. Und die ist wie immer groÃartig bei Michael Martin. Alle im Publikum verbindet das gute Gefühl, engagiert für die Erhaltung der Natur einzutreten. SchlieÃlich hat Michael Martin im Jahr 2005 auf der Weltklimakonferenz einen Vortrag gehalten über, ja was wohl: Wüsten. Michael Martin gibt sich als Naturschützer. Leider ist eine Fotoausrüstung ziemlich teuer. Also müssen Sponsoren her. Auf den unzähligen Werbetafeln kann der interessierte Zuhörer dann die bekannten Naturschützer ablesen, die den rasenden Fotografen finanziell unterstützen: BMW, Nikon, Globetrotter. Aber Globetrotter rettet keine aussterbenden Tierarten, sondern ist eine schnöde Versandhandelsfirma kapitalistischer Prägung, die uns Reisende mit Navigationsgeräten und überflüssiger Astronautennahrung ausrüstet, wenn wir nur für einen Nachmittag zum Spaziergang in den Bayerischen Wald fahren. Der Mitinhaber Denart wurde in den sechziger Jahren berühmt, als er in einem Sarg den Nil abwärts paddelte. Der Sponsor Travel Overland ist eine hundertprozentige Tochter des Otto Konzerns, der eher dafür bekannt ist, auch noch gierig Quelle geschluckt zu haben als für ausgeprägten Naturschutz. Seiâs drum. Der Mann hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Wer schafft das schon. Als Jugendlicher schnappte er sich ein Mofa und fuhr damit zum ersten Mal nach Marokko. Das nordafrikanische Land war damals fast der einzige arabische Staat, auf den sich der sogenannte Westen verlassen konnte. Diktatur und Hippieparadies. Hassan II. regierte als König von 1961 bis 1999, seine Abstammung führte er bis auf den Propheten Muhammad zurück. Die Geschäfte Europas liefen glänzend mit ihm, sogar die Amerikaner durften ein bisschen Militär ins Land bringen. Es gibt keinen Politiker jener Zeit, der sich nicht gerne neben dem strahlenden Märchenkönig fotografieren lieÃ. Erst nach seinem Tod war er nicht mehr der liebe Freund, sondern plötzlich ein » Despot«. Er lieà Menschen verschwinden in südamerikanischem AusmaÃ, die Menschenrechte waren ihm unbekannt, und bis heute ist es nicht gelungen, das Analphabetentum der Bevölkerung in den Griff zu bekommen. Hassans Regierungszeit war eine derartige Katastrophe, dass sogar sein Sohn, der nun als König Mohammed VI. das Land regiert, im Jahr 2004 eine » Wahrheitskommission« einrichtete, die die Machenschaften des Vaters aufdecken und wenn möglich wiedergutmachen soll. Wie so oft, hätte man früher hinschauen sollen.
Also, liebe Sahara-Biker:
» Schau nicht links,
schau nicht rechts,
schau nur geradeaus,
dann kommst mit schönen Wüstenbildern
du nach Haus.«
Alois Brunner
Wo: Syrien
Wann: von (unbekannt) bis (noch unbekannter)
Warum: Sauerkrauthandel eines Massenmörders
Die manuelle Herstellung von Sauerkraut dauert vier bis sechs Wochen. WeiÃkohl wird in Streifen geschnitten, kräftig gesalzen und gepresst. Kommt zu viel Luft dazwischen, fault die Pampe. Wer es richtig macht, setzt einen Gärungsprozess in Gang.Am Ende steht eine der gesündesten Speisen der Erde auf dem Tisch: kalorienarm und fettlos, vitaminreich und mineralstoffhaltig. Die alten Griechen wussten es ebenso zu schätzen wie die Chinesen. Sauerkraut ist gesund. Warum nicht auch für die Araber? Da er nur mehr ein Auge hatte und an seiner linken Hand vier Finger fehlten, holte sich Alois Brunner für seine Sauerkrautproduktion in Damaskus ein paar hilfsbereite Studenten in seine Wohnung. Hätte Brunner geahnt, dass das Sauerkraut mit ziemlicher Sicherheit mit der jüdischen Küche nach Westeuropa
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