Wo geht's hier nach Arabien
entwickelt sich ein nettes Gespräch zwischen einem jungen » Studenten« aus Deutschland und einem Syrer, der einmal Deutsch gelernt hat.
Von wem? Doch nicht von dem Deutschen da hinten, wie heiÃt der noch? Georg Fischer?
» Doch, doch, von dem. Von Georg Fischer.« Er lacht. Kurz.
Ich frage ihn noch, scherzend: » Wo wohnt denn der?«
Da wird der alte Mann böse.
» Gehen Sie. Gehen Sie. Bitte gehen Sie. Jetzt!«
Ich gehe.
Im Laufe meiner Reisen treffe ich in Syrien und im Libanon noch einen Schreibwarenbesitzer, der Alois Brunner kennt, zwei ehemalige Chemielaborantinnen aus der DDR, die in Damaskus der Liebe wegen hängen geblieben waren, einen palästinensischen Journalisten, einen indischen Diplomaten, einen Nähereibesitzer, einen Wäschereiinhaber und noch einige andere, sie alle kennen ihn, wissen etwas.
Die ganze Welt sucht Alois Brunner, angeblich weià niemand, wo sich der Verbrecher aufhält. Fragt man aber einfach im Laden gegenüber, weià jeder Bescheid.
Einmal will man ihn sogar in Argentinien gesehen haben. Zur Ablenkung. Doch dann kommt wieder eine ominöse Meldung aus Syrien. Ein Gerücht. Direkt aus Damaskus.
Es ist im Mai des Jahres 2001. Der Papst besucht Syrien. Der alte Diktator ist tot, der neue verspricht Reformen. Und dann der Hammer: » Sie backen ihm keine Plätzchen mehr!«
Dieser Hinweis breitet sich wie ein Lauffeuer aus. » Sie«, das sind die Damen der Nazigemeinde von Damaskus, die offenbar dafür bekannt sind, für Brunner Plätzchen zu backen. Das ist jetzt vorbei. HeiÃt das gar, er ist tot? Oder hat er davon nur Durchfall bekommen? Alle Möglichkeiten werden erörtert.
Doch auch zu diesem Zeitpunkt sagen mir ein paar Leute, die mich für einen der ihren, also einen rechtslastigen Sympathisanten, halten: Alois Brunner lebt.
Irgendwann hat mich in München einer der LKA-Beamten einmal auf ein Bier eingeladen. Aus einem wurden mehrere. Da weiht mich der LKA-Beamte in seinen Geheimplan ein. Ob man nicht mit einem Schnellboot vor der Küste warten und ich den betäubten Brunner dorthin bringen könne.
Kein Problem, sag ich. Ãberhaupt kein Problem.
Und wann?
Egal. Nur nicht am mittleren Juliwochenende. Da ist das FuÃballturnier LKA gegen BND.
Karlheinz Stockhausen
Wo: Höhle im Libanon
Wann: 22. bis 25. November 1969
Warum: musikalisches Experiment
E in für alle Mal: Stalaktiten sind die, die von der Decke hängen. Stalagmiten wachsen vom Boden in die Höhe. So viel zur ewigen Frage um die Tropfsteinhöhlen. Der Libanon ist berühmt für Bürgerkrieg, ständige politische Unruhe und Autobomben, für Naturwunder weniger. Doch abseits aller Schlagzeilen über wilde SchieÃereien gibt es dort auch eine der gewaltigsten Tropfsteinhöhlen der Erde, die » Jeita-Grotte«. Die Höhle ist so bemerkenswert, dass sie sogar um die Aufnahme in die Liste der » 7 neuen Wunder der Natur«, analog zu den alten und sogenannten » neuen« sieben Weltwundern, kämpft. Schärfste Konkurrenten sind dabei die Niagarafälle, der Everest und, wohl nur für Schwarzwälder verständlich, der Schwarzwald.
Der Sinn einer Tropfsteinhöhle ist klar: Höhlentaucher tauchen dort, Forscher forschen, und Familien machen bei entsprechenden touristischen Angeboten Familienausflüge dorthin. Ein Konzertbesuch gehört meistens nicht dazu. Wieso auch? Unter einem herkömmlichen Konzertbesuch stellt man sich im Allgemeinen etwas anderes vor, nämlich Folgendes: Vorbei am Einlasspersonal gibt man seine Garderobe ab, anschlieÃend, nach dem Kauf des Programmheftes, setzt man sich auf gepolsterte Klappstühle, während des Konzertes klatscht man nur, wenn auch andere klatschen, und in der Pause gibt es Häppchen und ein Blubbergetränk für die Dame. Hinterher hat man vielleicht eine Meinung und findet die Aufführung gut oder weniger gut.
Aber Karlheinz Stockhausen hat sich die Jeita-Grotte ausgesucht. An vier Abenden im November 1969 spielt er tief drin in der Erde Auszüge aus seinem Werk. Die Kompositionen heiÃen Spiral, Setz die Segel zur Sonne, Telemusik, Stimmung und Hymnen. In der Höhle herrschen bis zu 95 Prozent Luftfeuchtigkeit, die Menschen stehen dicht gedrängt auf den schmalen Stegen und Brückchen, die man durch das verzweigte Höhlensystem gelegt hat, und als Karlheinz Stockhausen mit seinem Konzert beginnt, wird
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