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Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)

Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)

Titel: Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Johnson
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haben, ob das, was im Netz möglich ist, sich auch auf die Innovationsräume der realen Welt übertragen lässt. Nur weil etwas bei Google funktioniert, heißt das noch lange nicht, dass es auch bei gemeinnützigen Organisationen mit chronisch unterbesetzter Belegschaft, der Autoindustrie oder Stadtverwaltungen funktioniert. Betrachten Sie die folgenden Seiten also als einen Versuch zu zeigen, dass die Wunder, die wir im World Wide Web gesehen haben, auf eine lange Geschichte zurückgehen, die älter ist als das Internet und deren Mechanismen sich auch in anderen Umgebungen reproduzieren lassen.

I.
DAS NÄCHSTMÖGLICHE

Irgendwann in den späten 1870er Jahren nahm sich der Arzt Stephane Tarnier einen Tag frei und ging statt in die Maternité de Paris, das Geburtskrankenhaus für mittellose Frauen in Paris, in den nahegelegenen Zoo. Irgendwo zwischen Elefanten- und Reptiliengehegen und den Gärten des im Jardin des Plantes gelegenen Zoos entdeckte Tarnier einen Brutkasten für Hühnereier. Er beobachtete eine Weile, wie die frisch geschlüpften Küken in der Wärme des Brutkastens umhertapsten, da kam ihm eine Idee, und es dauerte nicht lange, da hatte er Odile Martin, die Tierpflegerin, die sich um die Küken des Zoos kümmerte, beauftragt, ein solches Gerät für Menschenbabys zu bauen. Im Vergleich zur heutigen Zeit war die Säuglingssterblichkeit im späten 19. Jahrhundert unglaublich hoch, selbst in einer so modernen Stadt wie Paris. Jedes fünfte Baby starb noch vor dem Krabbelalter, und bei untergewichtigen Frühchen waren die Überlebensaussichten noch schlechter. Tarnier wusste, dass Wärme ein ganz entscheidender Überlebensfaktor für die Frühchen war, und er wusste auch, wie versessen die französische Ärzteschaft auf Statistiken war. Sobald er also den hölzernen Brutkasten, der von mit heißem Wasser gefüllten Flaschen darunter beheizt wurde, im Krankenhaus installiert hatte, machte Tarnier eine Studie mit fünfhundert Babys. Das Ergebnis war frappierend:Während bisher 66 Prozent aller untergewichtigen Babys innerhalb weniger Wochen nach der Geburt gestorben waren, starben von denen in Tarniers Brutkasten nur noch 38 Prozent. Indem er die Frühchen wie Küken im benachbarten Zoo behandelte, war es Tarnier gelungen, die Sterblichkeitsrate beinahe zu halbieren.
    Tarniers Brutkasten war nicht das erste Gerät dieser Art, und der Prototyp, den er mit Martin gebaut hatte, sollte in den folgenden Jahrzehnten noch weiter verbessert werden, aber es war Tarniers Statistik, die der Inkubation von Frühchen den entscheidenden Vorschub leistete: Schon wenige Jahre später verfügten die Pariser Behörden, dass in jeder Geburtsklinik der Stadt ein Inkubator zu stehen habe. 1896 stellte der geschäftstüchtige Arzt Alexandre Lion gar mehrere Inkubatoren auf der großen Berliner Gewerbeausstellung aus – mit echten Babys darin. Lions »Kinderbrutanstalt« genannte Installation avancierte zum Geheimtipp der Ausstellung und setzte einen bizarren Trend von Nebenausstellungen mit Inkubatoren in Gang, der bis ins 20. Jahrhundert andauern sollte. Auf Coney Island gab es bis in die frühen vierziger Jahre eine fest installierte Inkubatorenausstellung. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs gehörten moderne Inkubatoren mit extra Sauerstoffzufuhr und anderen Verbesserungen zur Standardausrüstung in allen amerikanischen Krankenhäusern, was zwischen 1950 und 1998 zu einem beeindruckenden Rückgang der Säuglingssterblichkeit von 75 Prozent führte. Brutkästen kommen zwar nur bei Babys zum Einsatz, aber wenn man bedenkt, wie viele Lebensjahre sie den kleinen Patienten schenken, kann man sie mit gewissem Recht als die bahnbrechendste Entwicklung im Gesundheitswesen des 20. Jahrhunderts bezeichnen. Strahlentherapie oder eine Bypassoperation mögen dem Erkrankten ein paar Lebensjahrzehnte mehr verschaffen, aber nur der Brutkasten kann ein ganzes Leben schenken.
    In den Entwicklungsländern sind die Aussichten jedoch nach wie vor düster. Während die Säuglingssterblichkeit in Europa und den USA unter einem Promille liegt, ist sie in Ländern wie Liberia oder Äthiopien einhundertmal höher, und viele der verstorbenen Babys sind Frühchen, die in einem Inkubator überlebt hätten. Doch moderne Brutkästen sind komplizierte und teure Geräte. Die Standardausführung amerikanischer Kliniken kostet über 40.000 Dollar. Allerdings sind die hohen Anschaffungskosten noch das geringere Hindernis, denn komplizierte Geräte sind

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