Wo Licht im Wege steht
Sie damit sagen?« fragte Mrs. Fulton und sah mich an.
Sellers schoß mir ebenfalls einen strafenden Blick aus den Augenwinkeln zu.
»Sie müssen vergangene Nacht keinen schlechten Schock bekommen haben«, fuhr ich unbeirrt fort. »Wann erfuhren Sie, daß Ihr Mann tot sei?«
»Gegen ein Uhr. Die Polizei kam und holte mich aus dem Bett. Aber was hat eigentlich Ihre Frage nach meinem Alibi zu bedeuten?«
»Er wollte nur wissen, wo Sie waren«, warf Sellers grinsend ein, »er versuchte, Sie auf indirekte Weise auszuhorchen.«
»Wo ich war? Wieso? Ich war natürlich zu Hause.«
»War jemand bei Ihnen?«
»Nein, was soll diese Frage? Mein Mann war nicht da, und die Kinder und ich waren allein.«
»Wo befanden sich die Kinder?«
»Um diese Zeit natürlich im Bett.«
»Ich meinte um 10.15 Uhr.«
»Das meinte ich auch.«
Sellers warf ihr einen prüfenden Blick zu, dann sah er mich an.
»Lam«, sagte er, »Sie kommen doch wirklich auf die verteufeltsten Ideen.«
»Aber wieso denn?« fragte ich unschuldig.
Sellers fuhr fort. »Also, Mrs. Fulton, mir ist es selbst höchst peinlich, darüber zu sprechen, aber um der Ordnung willen wollen wir es tun. Theoretisch besteht natürlich die Möglichkeit, daß Sie heimlich Ihr Haus verließen, nach >Kozy Dell< fuhren, Ihren Mann dort fanden, ihm eine Szene machten...«
»So ein Blödsinn!« unterbrach sie ihn.
»Und diese Szene«, fuhr Sellers fort, »konnte dann den Anlaß gegeben haben, daß Ihr Mann seine Geliebte erschoß und anschließend Selbstmord beging.«
»Seien Sie doch kein Narr!«
»Irgendwie ist die ganze Geschichte völlig undurchsichtig.«
»Vor allem«, sagte sie, »erklären Sie mir doch bitte einmal, wie ich hierher gekommen sein soll? Ich hatte doch keinen Wagen.«
»Woher wissen wir das? Sie haben uns erzählt, Ihr Mann sei mit seinem Wagen unterwegs gewesen, aber - bei Gott, Lam, Ihre Idee ist vielleicht gar nicht so töricht! Dover Fulton hatte seinen Wagen überhaupt nicht dabei. Vielleicht ließ er ihn zu Hause, seine Frau nahm ihn, fuhr zum Kozy-Dell-Hotel, machte eine Szene - und alles endete mit dieser Schießerei. Nachher fürchtete sie sich, den Wagen zurückzufahren. Sie...«
Sellers verstummte. Er dachte nach.
»Ihnen fällt wohl nichts mehr ein?« fragte ihn Mrs. Fulton bitter.
»Doch, ich muß nur mal überlegen«, antwortete er. »Können Sie irgendwie beweisen, wo Sie um zehn Uhr fünfzehn waren?«
Sie zögerte einen Augenblick, dann sagte sie: »Ja, ich glaube schon.«
»Und wie?«
»Ein Herr rief mich ungefähr um diese Zeit an. Er fragte nach meinem Mann. Dann erzählte er mir etwas von einer Lucille Hart. Er glaubte, sie sei meine Schwester. Als ich ihm sagte, daß ich nie e ine Schwester gehabt hätte, legte er den Hörer auf. Diesen Mann müssen wir finden, und er wird...«
»Ganz hübsch«, meinte Sellers, »diesen Burschen sollen wir aus drei oder vier Millionen Menschen herausfinden, die...«
»Das dürfte doch nicht so schwer sein. Setzen Sie einen Aufruf 'n die Zeitungen...«
»Das wäre möglich«, unterbrach Sellers sie. »Sie waren am Apparat, als er anrief?«
»Ja.«
»Glauben Sie, daß er Ihre Stimme wiedererkennen würde?«
»Er wird es wohl, nehme ich an. Auf jeden Fall würde er Ihnen bestätigen können, daß eine Frau - und kein Kind beispielsweise -zu dieser Zeit aus meinem Haus mit ihm sprach. Sehr wahrscheinlich müßte das doch Ihre völlig verrückte Theorie über den Haufen werfen.«
Sellers lenkte den Wagen eine Weile schweigsam weiter.
»Und wie, glauben Sie denn, sei ich wieder nach Hause gekommen?« fragte Mrs. Fulton weiter.
»Indem Sie ein Auto anhielten! Sie schlossen Ihren Wagen ab, als Sie dort ankamen, und später hatten Sie Angst... Moment mal, Donald Lams Geschäftskarte lag in dem Wagen, und - haben Sie eine Geldbörse bei sich?«
»Ja, hier ist sie, in meiner Tasche.«
»Zeigen Sie mal her.«
Sie öffnete die Tasche, und Sellers fuhr den Polizeiwagen an den Straßenrand. Er besah sich die Geldbörse, die Irene Fulton ihm gab.
»Das beweist noch nichts«, meinte er dann nachdenklich.
»Aber das, was Sie behaupten, ist doch völlig aus der Luft gegriffen«, warf sie wütend ein. »Finden Sie nicht, daß ich gerade Sorgen genug habe? Müssen Sie mir nun auch noch solche Märchen aufhalsen?«
»Das stimmt allerdings«, sagte er und startete den Wagen wieder. Aber auf dem ganzen Weg nach San Robles blieb er ungewöhnlich schweigsam. Er schaltete keine Sirene ein, und er fuhr
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