Wo Licht im Wege steht
Individuum!«
»Nein, von der Sorte, die Sie beschrieben haben, gibt’s eine Unmenge. Da kann ich Ihnen nicht helfen. Da müssen Sie schon selbst kommen und Umschau halten.«
»Die Taschenausgabe, von der ich sprach, hat ziemlich viel Temperament, und sie ist wirklich ein einmaliges Exemplar.«
»Kennen Sie ihren Namen?«
»Ich kenne nur den Namen, den sie mir angab - und der lautet Lucille Hart.«
»Kenne ich nicht.«
»Vielleicht stimmt sogar das >Lucille<, das >Hart< ist sehr wahrscheinlich erfunden.«
»Warten Sie einen Augenblick. Ich will nachdenken«, sagte er.
Wieder nahm er einen tiefen Zug aus der Zigarette, stieß den Rauch aus und zerdrückte den Stummel im Aschenbecher. Die Schale war nun wirklich bis zum Rand voll. Ich sah auch Zigarettenstummel von einer anderen Sorte darin, sie trugen Spuren von Lippenstift.
»Lucille«, wiederholte er und ließ das Wort klingen.
Er schwieg einen Augenblick, seine Augen hafteten an dem fadenscheinigen Teppich. Dann lehnte er den Kopf in den Nacken, so daß er an seiner Nase vorbeischauen mußte, um mich durch seine halbgeschlossenen Lider ansehen zu können.
»Was bedeutet sie Ihnen?«
»Ich möchte sie nur finden.«
»Das habe ich bereits bemerkt«, entgegnete er trocken. »Ist es geschäftlich oder privat?«
»Ich möchte sagen, ein bißchen von beidem.«
»Erzählen Sic mir über die private Seite.«
»Sie nahm mich mit zu einem Autohotel. Dann ließ sie mich stehen, und ich konnte die dann folgende Geschichte ausbaden.«
Elgin gähnte.
Ich schwieg. Eine Fliege summte durch das Zimmer und schien nach einem Sonnenstrahl zu suchen. Da sie jedoch keinen fand, setzte sie sich auf den Tisch nieder.
Elgin griff nach dem Zigarettenpäckchen. »Nehmen Sie eine?« fragte er mich.
»Nein, danke.«
»Und was ist die berufliche Seite?«
»Das weiß ich selbst nicht sicher. Ich vermute, daß sie in einen Fall verwickelt ist, den ich untersuchen soll.«
»Was ist das für ein Fall?«
»Doppelselbstmord. Aus unglücklicher Liebe. Es steht alles in der Zeitung«, sagte ich und wies mit der Hand auf die zusammengefalteten Blätter.
»Dieses Zeug lese ich nie«, sagte Elgin. »Mich interessieren nur die Auslandsnachrichten, die Sportseiten und manchmal die Berichte über Pferderennen. Oft findet man darin ganz nette Tips.«
»Hier habe ich eine Zündholzschachtel vom >Cabanita<, ist das die Packung, die Sie zur Zeit ausgeben?«
»Ja. Allerdings haben wir nie andere gehabt.«
»Und dann habe ich da noch etwas, das in einer Zigarettenpackung steckte.« Ich zog das Stück Papier heraus, das von der Speisekarte abgerissen war und auf dessen Rückseite die Worte >Kozy Dell Slumber Court< vermerkt standen. Bob Elgin betrachtete es genau.
»Schauen Sie sich auch die Vorderseite an. Wofür halten Sie es? Ich glaube, auch das stammt aus Ihrem Lokal.«
Er drehte es um und sagte: »Das scheint mir auch.«
»Sehen Sie«, sagte ich, »»Mindestpreis fünf Dollar pro Person< stand da und unten in einer Ecke >à la Cabanita spezial<. Das scheint doch von einer Speisekarte abgerissen zu sein?«
»Natürlich.«
»Fällt Ihnen irgend etwas auf?«
»Nein.«
»Eine sehr große Hilfe sind Sie nicht gerade.«
»Schauen Sie, ich bin hier, ich habe Sie empfangen und unterhalte mich mit Ihnen. Ich beantwortete Ihre Fragen. Es mag sein, daß Ihre Lucille eine regelmäßige Besucherin ist, es kann aber auch sein, daß sie nur zufällig zu uns hereinkam. Es tut mir leid, wenn ich Ihnen nicht mehr sagen kann. Nach der Beschreibung, die Sie mir gaben, könnten es viele sein, fast hundert.«
Die Tür vom Schlafzimmer öffnete sich langsam. Heraus kam eine schmiegsame, weiche Blondine in einer prallsitzenden blauen Hose. Sie trug eine winzige Bluse, deren V-förmiger Ausschnitt wesentlich größer war als der Stoffteil. Aus den Sandalen schauten grellrote Zehennägel. Während sie sehr bedächtig in das Zimmer trat, bewegten sich ihre Hüften in wohlberechneter Wirkung.
»Was ist denn hier los?« fragte sie erstaunt.
Bob Elgin sprang auf. »Liebling«, sagte er, »darf ich dir Mr. Lam vorstellen. Er ist Privatdetektiv.«
Dann wandte er sich zu mir. »Das ist meine Frau, Mr. Lam!«
Sie betrachtete mich abschätzend. Vom Kopf bis zu den Füßen und wieder aufwärts. Dann lächelte sie mir zu und gab mir die Hand. »Ich freue mich, Sie zu sehen, Mr. Lam.«
Ich sah auf ihre Hände. Sie trug keinen Ehering.
»Darling«, fuhr sie fort, indem sie in affektierter Weise das »R«
Weitere Kostenlose Bücher