Wo mein Herz zu Hause ist
Wenn es zwischen uns besser läuft, muss sie unbedingt auch Lee und meine Mutter kennenlernen.“
„Kat mag sie jedenfalls jetzt schon.“
„Hat sie das gesagt?“
„Ja, heute beim Abendbrot. Und sie findet Blake süß.“
„Typisch Mädchen.“
„Ja. Ich musste sie dran erinnern, dass er ihr Cousin ist.“
„Und was meinte sie da?“
„Cool. Sie hat sich immer Geschwister oder Cousins und Cousinen gewünscht. Und sie ist ganz verrückt nach Michaela.“
„Und umgekehrt. Michaela beklagt sich schon, dass ich sie Becky nicht anrufen lasse.“
„Und warum tust du es nicht?“
„Weil ich nicht sicher war, dass sie nach Samstag überhaupt etwas mit uns zu tun haben will … ach verdammt, ich mache schon wieder alles falsch, was?“
„Unsinn. Du hast ihr Zeit gegeben, das ist alles. Ich sage ihr, dass sie morgen Michaela anrufen kann, okay?“
„Danke.“
Das Gespräch hatte Addie gutgetan, und sie hatte danach besser geschlafen, sodass sie jetzt ausgeruht vor ihren Schülern stand. Als es zur letzten Stunde klingelte, war sie trotzdem ein Nervenbündel.
Becky setzte sich an ihren Platz, ohne Addie oder sonst jemanden anzusehen. Doch offenbar passte sie gut auf, denn als Addie durch die Klasse ging, sah sie, dass ihre Tochter mit den Dezimalbrüchen keine Schwierigkeiten hatte und sauber und ordentlich von der Tafel abschrieb.
Zum Schlussklingeln stürmten die anderen Schüler so schnell wie möglich hinaus, nur Becky ließ sich Zeit, ihre Tasche zu packen.
Addie lächelte zaghaft. „Mathe macht dir Spaß.“
„Woher weißt du das?“, fragte Becky.
Weil es mir auch so ging und du meine Tochter bist .„Weil du das mit den Brüchen sofort verstanden hast. Und weil du ordentlich mitschreibst.“
Becky hob das Kinn. „Meine Mutter hat mir beigebracht, dass man weniger Fehler macht, wenn man sorgfältig arbeitet.“
Meine Mutter . Die Spitze saß, und Becky wusste es. Trotzdem lächelte Addie tapfer weiter. „Dann denkt sie wie ich.“
„Nein“, erwiderte Becky trotzig. „Das glaube ich nicht. Sie wollte mich. Du nicht.“
Damit drehte sie sich um und marschierte hinaus.
Am Freitagabend saß Becky schweigend im Wagen, als sie mit ihrem Vater zu ihrer Großmutter fuhr. Sie war aufgeregt, aber auch ängstlich. Hedys und Jessys Eltern waren schon vor ihrer Geburt gestorben, und auch sonst gab es keine Verwandten.
Und jetzt hatte sie nicht nur wieder richtige Eltern, sondern auch eine Tante und eine Großmutter. Eigentlich sogar zwei Tanten und Großmütter, wenn sie Addies Mutter und ihre andere Schwester mitzählte.
Addie …
Noch immer wusste sie nicht, wie sie mit der Neuigkeit umgehen sollte. Wenn sie in Addies Matheklasse saß, schlug ihr das Herz immer bis zum Hals, und wenn sie sie nicht sah, musste sie immerzu an sie denken.
Und an Hedy.
Warum war das nur alles so kompliziert? Sie konnte einfach nicht aufhören, die beiden Frauen miteinander zu vergleichen, und hasste sich dafür. Hedy war ihre Mutter.
Aber Addie eben auch. Und Becky mochte sie, auch wenn sie deshalb Hedy gegenüber ein schlechtes Gewissen hatte. Addie hatte ihr erlaubt, bei den Bienen zu helfen. Und sie getröstet, als sie in Tante Kats Haus den Albtraum hatte. Sie hatte ihr versprochen, ihr zu zeigen, wie man Brot backt.
Außerdem war sie Mickys Mutter, und Becky liebte Micky. Ihre kleine Schwester, die mit ihren sieben Jahren in vielen Dingen reifer und gescheiter war als ihre beste Freundin Kirsten auf dem Festland, die sich nur für Jungs und Klamotten interessierte.
„Wir sind da“, unterbrach ihr Vater ihre Gedanken.
Becky hätte sich keine Sorgen machen müssen. Skips Mutter begrüßte sie herzlich und bot ihr nach dem Essen sogar an, sie Miriam zu nennen.
„Kann ich auch Grandma sagen?“, fragte Becky.
„Natürlich, Liebes. Skip, würdest du den Apfelstrudel zum Nachtisch holen? Aber mach ihn bitte kurz warm; dann schmeckt er am besten.“
Ihr Vater war kaum draußen, als Mrs. Daltons Lächeln verschwand und sie Becky ernst ansah.
„Ich wollte kurz allein mit dir sprechen“, erklärte sie.
Beckys Nervosität kehrte zurück. Hatte sie etwas falsch gemacht?
Die Frau sah sie ernst an. „Ich habe jeden Tag gebetet, dass es dir gut geht“, erklärte sie, und Becky sah Tränen in ihren Augen stehen. „Wir haben damals falsch gehandelt, mein Mann und ich. Bitte mach deinen Eltern keine Vorwürfe für das, was sie getan haben. Sie haben sich damals sehr geliebt, weißt du. Sie wollten
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