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Wo niemand dich findet

Wo niemand dich findet

Titel: Wo niemand dich findet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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wusste es. Er wusste genau, in welchem Zustand sie
war. Er wusste, wer sie war – sie fühlte es mit jeder Faser ihres Körpers, als er über sie glitt und sie das Geräusch seines Reißverschlusses hörte.
    Sie schloss die Augen und war den Tränen nahe, als er sich über ihr bewegte. Sie hörte nur noch, wie ein Plastikpäckchen aufgerissen wurde. Sie biss sich auf die Lippen und wartete, ohne ein Wort zu sprechen, aus Angst sie könnte in Tränen ausbrechen, wenn sie nur einen einzigen Ton ausstieß.
    Und dann drückte er ihre Knie auseinander und drang in sie ein.
    Ihr war, als würden all ihre Nerven zugleich berührt. Sie schlang sich um ihn und zog ihn so nah zu sich, wie sie konnte. Ihre Hände fuhren durch sein Haar und drückten seinen Mund gegen ihren. Sie bewegte sich fordernd unter ihm, doch er ließ sich nicht drängen, sondern quälte sie Minute um Minute, bis sie dachte, sie müsste sterben.
    Er flüsterte ihren Namen.
    Sie schlug die Augen auf und sah ihm ins Gesicht. Der Ausdruck in seinen Augen ließ ihr Herz höher schlagen.
    Er liebte sie. Mit jeder sanften kraftvollen Bewegung bewies er ihr, dass sie sich irrte, bewies ihr, dass sie einander gehörten, eins waren, dass es nicht nur um Sex ging. Und dass sie beide es wussten.
    Er musste die Überraschung in ihrem Gesicht gesehen haben, denn um seine Mundwinkel spielte ein kleines Lächeln. Er nahm ihre Hände von seinem Nacken und legte sie über ihren Kopf. Von Lust und Vergnügen erfüllt bewegte sie sich unter ihm, gab jeden Widerstand auf und überließ sich seinem Willen.

    Er merkte es augenblicklich, als sie sich ihm ganz hingab. Sie spürte es an der Reaktion seines Körpers, an der Art, mit der er in sie drang, kräftig und besitzergreifend. Dabei ließ er ihre Hände nicht los, gab ihr keine Möglichkeit, ihren Willen zu behaupten, obwohl sie stöhnte und kämpfte und sich wand. Und gerade als sie das Gefühl hatte, nicht mehr zu können, sterben zu müssen, ließ er ihre Hände los und flüsterte ihren Namen, und sie schlang die Arme um ihn und kam.
     
    Am nächsten Morgen war er verschwunden.
    Alex blinzelte in das Tageslicht, das durch die Fenster ins Zimmer fiel. Sie tastete sich in Gedanken wie durch einen Schleier, versuchte sich zu erinnern.
    Er war vor Morgengrauen aufgebrochen. Das Zimmer war noch ganz dunkel gewesen. Sie hatte erschöpft und befriedigt dagelegen, nach einem weiteren stürmischen Liebesakt. Nur das leise Klirren seiner Schlüssel hatte sie gehört, als er zur Tür hinausgeschlüpft war.
    Sie setzte sich auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Das Bett war zerwühlt, das Zimmer sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Ihr Kleid lag in einem Knäuel auf dem Sessel, auf den er es gestern Nacht geworfen hatte. Die Handtasche lag auf dem Boden, ebenso ihr Rucksack und das dünne, handtellergroße Smartphone, das ihr nicht nur Datum, Uhrzeit und Wetter mitteilte, sondern auch alles, was sie heute zu tun hatte – wenn sie nur einen Blick darauf warf.
    Sie stieg aus dem Bett und ging zu der breiten Balkontür. Im Gehen zog sie sich die Bettdecke um die Schultern. Nachdem sie die Tür geöffnet hatte, trat sie hinaus.
    Draußen vermischte sich der Klang von Zydeco-Musik mit dem Lärm des Vormittagsverkehrs. Nach dem wolkenverhangenen Himmel zu schließen, würde es auch heute regnen. Sie ließ den Blick über die Straße schweifen, hinauf bis zu der Stelle, wo sie gestern – vermutlich – seinen Wagen gesehen hatte.
    Dort parkte nun ein schwarzer Lieferwagen.
    Sie ließ sich auf dem Balkonstuhl nieder und sah zum Himmel. Sie dachte an gestern, ging das Geschehen in Gedanken durch, jede Sekunde, seit sie die Bar betreten hatte. Sie begriff, was er getan hatte.
    Das alte Spiel, verführen und verweigern, nur umgekehrt. Er hatte ihr erst das gegeben, was sie nicht gewollt hatte, dann alles, was sie gewollt hatte. Jetzt war er weg. Sie war allein. Keine Verpflichtung, kein Stress, keine Kopfschmerzen. Genau so wie sie es sich gewünscht hatte.
    Sie kuschelte sich in den Stuhl, zog die Decke enger um sich und fühlte sich leer.

26
    Mia stürmte in ihr Arbeitszimmer und knallte die Akte auf die Ablage.
    »Scheiße!«, fluchte sie. Geräuschvoll zog sie sich die Gummihandschuhe aus und warf sie in den Behälter für Risikoabfälle. Sie vergrub den Kopf in den Händen und versuchte die Tränen zu unterdrücken, die ihr in die Augen traten. In Momenten wie diesen war sie froh, dass sie allein in einem Zimmer

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