Wo niemand dich findet
Zahnarzt denken.
»Ich mache nur schnell einen TMB-Test«, sagte Mia und nahm etwas aus einer Schublade. Von einer großen Rolle riss sie ein Stück Papier ab, legte es auf den Tisch und ließ den Inhalt der Plastiktüte daraufgleiten. Dann stippte sie mit einem Baumwolltupfer in eine Flüssigkeit und beugte sich über den Ohrstöpsel.
»Was ist das?«, erkundigte sich Alex.
»Destilliertes Wasser.« Vorsichtig betupfte Mia den Ohrstöpsel, bis die Spitze des Tupfers rosa gefärbt war. Danach befeuchtete sie einen Papierstreifen mit dem Wasser und drückte den Tupfer dagegen. »Das ist ein Hemastix-Streifen.« Sie sah auf. »Mal sehen, ob sich die Farbe verändert. Das funktioniert wie bei den Schwangerschaftstests aus der Apotheke.«
Troy rückte näher. Alex zog einen Hocker heran und setzte sich. In kurzer Zeit verfärbte sich das Papier grünblau.
»Es ist Blut«, verkündete Mia. »Die nächste Frage lautet: Ist es menschliches Blut? Ich tippe ja, weil es auf einem Ohrstöpsel ist, aber hundert Prozent sicher ist das nicht. Erst heute Morgen habe ich Blut vom Stiefel eines unter Mordverdacht Stehenden untersucht. Leider war es Odocoileus virgianus . Weißwedelhirsch.« Sie seufzte. »Dem Detective wird das gar nicht gefallen. Aber egal, ich mache sicherheitshalber noch einen Präzipitin-Test.«
Alex betrachtete den Baumwolltupfer. »Haben Sie keine Angst, dass Sie die Probe verunreinigen?«
»Das ist schon okay. Heute gibt es Möglichkeiten, die DNA zu rekonstruieren, sodass wir selbst mit der kleinsten Menge arbeiten können. Wenn nötig, reicht sogar ein Haarfollikel.«
»In Anbetracht der Umstände bin ich ziemlich sicher, dass das menschliches Blut ist«, meinte Alex. »Die Frage ist nur, wessen?«
»Sie möchten also ein DNA-Profil«, stellte Mia fest.
»Vermutlich, ja.« Alex warf Troy einen Blick zu. Hatte er das nicht angekündigt, als er den Termin vereinbart hatte?
»Und vermutlich möchten Sie auch, dass wir das Ergebnis mit unserer Datenbank abgleichen?«
»Das kommt drauf an.« Troy setzte sich auf den Hocker neben Alex. Seine Nähe machte sie etwas sicherer. »Alex glaubt, das Blut stammt von einem Mordopfer.«
Mia hob die Augenbrauen. »Ein Opfer? Wäre das nicht im Verzeichnis vermisster Personen zu finden?«
»Was ist das?«, fragte Alex.
»Die nationale Gendatenbank besteht im Wesentlichen aus drei großen Bereichen«, sagte Troy. »Einer dient zur Erfassung der Profile, die an Tatorten gewonnen werden – das ist das forensische Verzeichnis. Dann gibt es die DNA-Profile der Täter. Und der dritte Bereich erfasst vermisste Personen. Das sind Profile, die man noch keiner Person zuordnen konnte.«
»Dazu gehören außerdem gespendete DNA-Profile«, fügte Mia hinzu. »Zum Beispiel von Familien, die einen Verwandten suchen und hoffen, dass er eines Tages auftaucht.«
»Verstehe.« Ihre Unkenntnis war Alex ein wenig peinlich. »Tut mir leid, dass ich das nicht wusste, aber das ist leider nicht mein Fachgebiet. Bei mir geht es eher um Personensuche im Cyberspace. Ich habe noch nie versucht, jemanden anhand von Genmaterial zu finden.« Alex sah Troy an.
»Ich glaube aber nicht, dass Melanie in der Datenbank ist. Na ja, immerhin bin ich die Einzige, die glaubt, dass sie verschwunden ist. Und sie hat auch kein Vorstrafenregister.«
Mia hatte den Kopf zur Seite gelegt und war offenkundig etwas verwirrt. »Sorry, aber irgendwie begreife
ich nicht ganz, worum es geht. Ihre Abteilung glaubt, dass jemand ermordet wurde. Und man hat Sie hierhergeschickt …«
»Ich bin nicht bei der Polizei«, unterbrach Alex. »Ich bin Privatdetektivin. Eine Mandantin von mir ist verschwunden, und ich glaube, dass da etwas faul ist.«
Mia warf Troy einen Blick zu, aus dem Alex jedoch nicht schlau wurde. Was hatte er ihr über den Grund ihres Kommens erzählt? Oder war sie wütend, weil sie ihre Zeit mit einer Privatdetektivin vertrödelte?
»Alex versucht, die Polizei davon zu überzeugen, dass ihre Mandantin tot ist«, sagte Troy. »Sie will, dass man wegen Mord ermittelt. Doch ihr einziges Indiz ist das da …«, Troy nickte in Richtung Ohrstöpsel, »… und das abgefackelte Haus der Mandantin. Alex vermutet, dass der Mörder das Haus angezündet hat, um das Verbrechen zu vertuschen.«
Mia lehnte sich gegen die Ablage und verschränkte die Arme vor der Brust. »Also gibt es keinen Fall. Sie glauben nur, dass dieser Frau etwas zugestoßen ist.«
»Das stimmt, so im Großen und Ganzen«, gestand
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