Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wo niemand dich findet

Wo niemand dich findet

Titel: Wo niemand dich findet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
Vom Netzwerk:
Knoten gebunden. Ihr Blazer hing über der Lehne des Barstuhls. Sie trug einen engen schwarzen Rock und eine weiße Seidenbluse, deren Preis ihm vermutlich den Angstschweiß auf die Stirn getrieben hätte. Doch ihre Einkaufsgewohnheiten waren nicht mehr sein Problem.
    Er ging zu ihr. »Hi«, begrüßte er sie und küsste sie auf die Wange. Sie duftete nach Obsession, was in seinem Kopf ein kleines Alarmlämpchen aufleuchten ließ. Er hatte es immer sehr gemocht, wenn sie dieses Parfüm aufgelegt hatte, und das wusste sie auch.
    »Ich hab dir schon einen Dewar’s Whisky bestellt«, strahlte sie ihn an.
    Vor ihr stand ein Gin Tonic. »Danke«, sagte er mit einem Nicken.
    »Dank dir«, entgegnete sie. »Ich weiß, dass du abends oft am meisten zu tun hast.«
    Eine ihrer kleinen Spitzen. Nathans oft bis spät in die Nacht dauernden Arbeitszeiten waren ein Hauptstreitpunkt in ihrer Ehe gewesen. Der zweite war das liebe Geld.
    Sein Drink kam, und er nahm einen Schluck, wobei er seine Exfrau über den Glasrand musterte. »Du siehst gut aus«, sagte er, weil es der Wahrheit entsprach.
    Sie lächelte. »Du aber auch.«

    Er wartete darauf, dass sie zur Sache kam. Als sie sich eine blonde Strähne hinters Ohr strich, wusste er, dass sie gleich loslegen würde.
    »Ich stoße immer wieder auf deinen Namen.«
    »Lass mich raten«, spöttelte er. »Adameck will, dass ich für ihn arbeite.«
    Nicole sah ihn verdrießlich an. Sie war stellvertretende Bezirksstaatsanwältin und kannte Nathans Meinung über ihren Chef, den Bezirksstaatsanwalt von Travis County.
    »Ich höre ihn von unseren Ermittlern«, sagte sie. »Und von ein paar Polizisten.«
    »Die da wären?«
    »Cernak, McElroy, Webb …«
    »Webb ist ein Angeber.«
    »Darum geht’s nicht. Anscheinend erkundigst du dich recht oft nach Craig Coghan.«
    Nathan lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Bühne, wo eine brünette Frau in einem hautengen schwarzen Kleid das Mikrofon einstellte.
    »Stimmt das?«
    »Stimmt was?«
    »Dass du Fragen nach Coghan stellst.«
    »Ich stelle Fragen nach vielen Leuten«, erwiderte er. »Das ist mein Job.«
    Sie nahm ihr Glas und trank einen Schluck. Er spürte, dass sie gereizt war.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich verstehe dich nicht.«
    »Was verstehst du denn nicht?«
    »Dass jemand so Kluges wie du überhaupt kein politisches Gespür hat.«

    »Ich glaube, der Kerl hat Dreck am Stecken.«
    »Mit dieser Meinung bist du allerdings allein auf weiter Flur.«
    »Ich mein’s aber ernst.«
    »Das ist nicht zu übersehen. Aber glaubst du nicht, dass es besser wäre, die Angelegenheit der Internen Ermittlung zu überlassen? Coghan ist ziemlich gut vernetzt in der Stadt, du tust dir damit keinen Gefallen.«
    Er zuckte die Achseln.
    Sie legte die Hand auf seinen Arm und beugte sich zu ihm. »Hast du dich eigentlich je gefragt, warum du seit zwölf Jahren denselben miesen Job hast und dasselbe miese Gehalt bekommst?«
    »Weil ich ihn gut mache?«
    Genervt schüttelte sie den Kopf. »Immer derselbe Sarkasmus. Ich möchte dir doch nur einen Gefallen tun, Nathan.«
    »Na, dann lass es.«
    Mit einem Seufzer drehte sie den Kopf zur Seite.
    Er fühlte einen Anflug von Schuld. Vielleicht wollte sie ihm ja wirklich einen Gefallen tun. Sie hatte jedoch nie verstanden, was für ihn wichtig war. Sie stammten beide aus einfachen Verhältnissen, aber Nathan verspürte nicht den Wunsch, ein paar Sprossen auf der sozialen Leiter nach oben zu klettern. Im Gegensatz zu Nicole. Er machte ihr daraus gar keinen Vorwurf. Aber anders als sie war er nicht dazu bereit, mit Leuten freundschaftlichen Umgang zu pflegen, die er für Arschlöcher hielt.
    Und wenn die Sesselfurzer bei der Bezirksstaatsanwaltschaft glaubten, Coghan hätte das Rad neu erfunden, und sich an seinen Fragen störten, dann sei’s drum.
Nathan war das scheißegal. Der Bezirksstaatsanwalt war eine Null, und Nathan hatte die Nase voll zu sehen, wie die Mistkerle, die er verhaftete, sich mit Geständnissen für geringfügige Vergehen herauswanden.
    Er nippte an seinem Whisky und versuchte, seine schlechte Laune abzuschütteln. Vergebens. Was machte Alex heute bloß? Nun hatte sie schon den dritten Abend in Folge keine Zeit. Ging sie etwa wieder mit Troy Stockton aus? Nathan hatte der Typ auf Anhieb missfallen. Und er mochte ihn noch weniger, seit er ihn überprüft hatte.
    Er blickte zu Nicole, die schweigend ihre Serviette glatt strich. Klar, er hatte sie mit seiner Leck-mich-am-Arsch-Attitüde vor den Kopf

Weitere Kostenlose Bücher