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Wo niemand dich findet

Wo niemand dich findet

Titel: Wo niemand dich findet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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bläuliches Licht getaucht gewesen, und Regen hatte gegen die Fenster getrommelt. Ein kräftiger wärmender Arm hatte den Griff um sie verstärkt und sie näher an sich gezogen.
    Jetzt war es strahlend hell. Draußen schien das klare Licht des Morgens. Oder war es schon Nachmittag?
    Sie hörte das gedämpfte Murmeln einer Männerstimme und blickte durch die Balkontür hinaus ins Freie. Ein bekanntes Stiefelpaar lag auf der schmiedeeisernen Balkonbrüstung. Nathan telefonierte.
    Alex warf die Bettdecke zur Seite, stieg aus dem Bett und tapste zu ihrer Handtasche. Sie holte das Handy heraus
und berührte den Bildschirm. Schon halb zwei? Sie hatte den ganzen Vormittag verschlafen! Sie tippte die Nummer der Auskunft. Ungeduldig trommelte sie mit den Fingern auf den Tisch, während sie auf die Telefonnummer des Tulane University Hospital wartete. Endlich wurde sie verbunden. Nach einem kurzen Wortwechsel legte sie auf.
    Sie wühlte in ihrem Rucksack, fand aber nichts Frisches zum Anziehen, nicht einmal eine kurze Laufhose. Sie hatte gedacht, dass sie nur kurz übernachten würde, und deswegen lediglich ein T-Shirt, einen Reise-Waschbeutel, Unterwäsche und ein Paar Flip-Flops eingepackt. Die blutigen Kleidungsstücke, die sie im Badezimmer auf dem Boden liegen gelassen hatte, waren weg.
    Etwas ratlos ging sie durch den Raum und zog die Balkontür auf. Nathans und ihr Blick trafen sich, während er telefonierte.
    Sie trat nach draußen, ohne sich darum zu kümmern, dass die Blumenkästen, die von der Balkonbrüstung hingen, ihre recht spärliche Bekleidung kaum verdecken konnten. Unten auf den Gehsteigen wimmelte es von Touristen, die Straßen waren von Autos verstopft. Doch trotz des Verkehrslärms konnte sie den klagenden Klang eines Saxophons hören, das ganz in der Nähe gespielt wurde.
    »Ich hab’s verstanden«, sagte Nathan ins Telefon. »Also dann, ich meld mich später.«
    Alex drehte sich um, als er auflegte. Er sah ihr kurz in die Augen, dann glitt sein Blick zu ihren Beinen.
    »Wo sind meine Jeans?«, fragte sie.
    »Die waren hinüber.«

    Sie hob die Augenbrauen.
    »Ich hab schon viele Jeans saubergemacht. Glaub mir, die war nicht mehr zu retten.«
    Sie lehnte sich gegen die Balkonbrüstung. Dabei sah sie die weiße Kaffeetasse, die neben seinem Stuhl auf dem Boden stand. Und hinter ihm entdeckte sie, auf einem kleinen verzierten Beistelltisch, ein Kaffeekännchen und ein weiteres weißes Kaffeegedeck.
    Sie ging hin und goss sich eine Tasse ein. Ohne Milch trank sie einen großen Schluck. Der Kaffee war lauwarm und sehr stark, so wie der Kaffee, den sie vor ein paar Tagen bei Nathan getrunken hatte, als sie überraschend aufgetaucht war und ihn zum Joggen abgeholt hatte. Das Koffein schoss ihr direkt ins Blut.
    »Ich hab aber nichts anderes zum Anziehen«, sagte sie, nachdem sie sich ihm zugewandt hatte.
    »Doch.«
    »Ich hab nichts dabei …«
    »Ich hab dir in dem Souvenirladen nebenan ein Kleid gekauft.«
    Die Kaffeetasse blieb auf halbem Weg zu ihrem Mund stehen. »Ein Kleid?«
    »Na ja, es ist vielleicht nicht das Tollste. Aber es gab da keine Jeans.«
    Alex verkniff sich eine spitze Bemerkung. Er hatte ihr also ein Kleid gekauft. Dabei trug sie nie welche. Außerdem war ihr völlig schleierhaft, wie es um die modische Auswahl in einem Souvenirladen bestellt sein sollte. Sie musste unwillkürlich an ein schwarzes Teil mit Federboa und einer Mardi-Gras-Maske denken.
    Aber darum würde sie sich später kümmern. Jetzt ließ
sie sich in den Stuhl ihm gegenüber sinken. Sie presste ihre Knie zusammen, um zumindest ein wenig ihre Schicklichkeit zu wahren. Dennoch fiel sein Blick wieder auf ihre Beine.
    »Ich hab grad im Krankenhaus angerufen, aber …«
    »Es gibt keine Veränderung«, vervollständigte er ihren Satz. »Ich hab auch schon zweimal angerufen.«
    »Seit wann bist du auf?«
    »Seit neun.«
    Er hatte also kaum vier Stunden geschlafen. Trotzdem sah er wach aus, frisch geduscht und rasiert. Was hatte er bloß die ganze Zeit gemacht? Und warum hatte sie so lange schlafen?
    »Das liegt an den Medikamenten.« Er nickte in Richtung des verbundenen Arms. »Die haben dich komplett ausgeknockt.«
    Alex betrachtete den Verband, und sein Anblick löste eine Flut von Erinnerungen aus, gefolgt von einem flauen Gefühl im Magen. Wäre sie nur eher da gewesen. Hätte sie Melanie früher herausgeschafft.
    »Alles okay?«
    Sie sah auf, und das Strahlen seiner blauen Augen überraschte sie. Normalerweise blickte

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