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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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gehabt, in Savichs Reichweite zu geraten.
    Kein Wunder, dass Savich die Flucht nicht gelungen war. So einfach war das.
    »Savich, ich glaub das einfach nicht.«
    »Die haben sich dran geweidet, dass ich nicht vom Fleck kam, egal, wie ich fluchte und schimpfte. Haben mich ausgelacht. Die wussten genau, wie weit die Kette reicht. Danke, dass du diesen Mistkerl nah genug rangebracht hast.«
    »Savich«, sagte Laura ruhig, während ich sämtliche Schlüssel ausprobierte, die Molinas mir gegeben hatte. »Er ist Alyssum Tarchers Schwager, John Molinas.«
    »Ah, ja, erinnere mich.«
    Schließlich fand Laura den Schlüssel, der ins Kettenschloss an Savichs rechtem Fuß passte. Als sie von ihm abfiel, bückte er sich und rieb sich das Fußgelenk. Er zog die Socke herunter. Das Gelenk war grün und blau und geschwollen, aber Abschürfungen waren nicht zu sehen. »Diese dicken Wollsocken hab ich Sherlock zu verdanken. Bin froh, das Ding endlich los zu sein.« Er klang immer mehr wie er selber, was mich zutiefst erleichterte.
    Uns blieb keine Wahl, als zu warten, bis Molinas wieder zu sich kam. In einer Ecke auf einem wackligen Tisch stand ein Eimer Wasser. Laura kippte ihn kurzerhand über Molinas.
    Savich richtete Sherlock ein wenig auf und zog sie an sich. »Sherlock. Komm, Liebes, wach auf. Ich weiß, du kannst es. Komm, wach auf.« Ich sah zu, wie er Sherlock leicht an die Wangen schlug. »Komm schon, Schätzchen, mach die Augen auf. He, ich lass mich das nächste Mal im Trainingsraum von dir aufs Kreuz legen, wenn du willst, aber du musst jetzt aufwachen.«
    Da öffnete sie endlich ihre Augen und blinzelte zu ihm auf. Sie wirkte benommen und total ausgelaugt. »Dillon?«, nuschelte sie undeutlich.
    »Sie erkennt dich«, sagte Laura, »das ist ein gutes Zeichen.«
    »Ich bin’s, Sherlock. Alles ist gut. Mac und Laura sind hier. Wir gehen jetzt.«
    »Er ist da, Dillon«, wisperte sie und rieb sich die Schläfe. »Da, in meinem linken Ohr. Er lacht. Er lässt mich einfach nicht in Ruhe, dauernd lacht er. Er hört einfach nicht auf. Bitte, Dillon, mach, dass er aufhört.« Die Augen fielen ihr zu, und sie sank in Savichs Armen zusammen.
    »Spricht sie von Marlin Jones?«, fragte ich und trat Molinas leicht in die Rippen. Er war noch immer nicht ganz zu Atem gekommen.
    »Ja«, antwortete Savich, ohne den Blick von Sherlocks kalkweißem Gesicht abzuwenden. »Diese Droge hat ihn wieder zurückgebracht. Er ist da, in ihrem Gehirn, schrecklicher als je zuvor, was wirklich was heißen will. Und er lässt sich nicht abschütteln. Er ist da drin, so real, wie du vor mir stehst.«
    »Bei mir war’s das Gleiche«, sagte ich langsam, »aber es passierte nur einmal. Hab den Bombenanschlag in Tunesien noch mal durchlebt. Du hast Recht. Die Erinnerung war schlimmer als die Realität. Paul behauptete, die Droge soll die Intensität der Erinnerungen reduzieren, nicht verstärken.«
    Molinas kämpfte sich in eine sitzende Position. »Ja, die Droge sollte die physischen Symptome reduzieren. Das hat man mir versprochen. Aber etwas ist schief gelaufen. Die Erinnerungen werden statt dessen stark intensiviert.
    Es ist, wie Sie sagen, die Droge soll die physischen Symptome eigentlich auflösen und nach wiederholter Verabreichung sollte auch der Druck der Erinnerung, das Trauma verschwinden. Aber es funktioniert nicht.«
    Ich ging vor Molinas in die Hocke. »Was geschah mit Ihrer Tochter?«
    »Sie wurde vor drei Jahren direkt auf dem Campus ihrer Privatschule vergewaltigt. Sie war erst fünfzehn. Vier ältere Jungen haben sie vergewaltigt. Es hat sie vollkommen zerstört. Man versprach mir, die Droge würde helfen. Das ist der einzige Grund, warum ich mich überhaupt mit Alyssum und Del Cabrizo eingelassen habe. Um meiner Tochter zu helfen.
    Deshalb habe ich ihr die Droge gegeben. Ich habe sie ihr selbst injiziert. Aber es funktionierte nicht. Ihre Erinnerungen an jene Nacht sind jetzt noch viel stärker geworden. Diese Droge bringt sie um!«
    »Deshalb haben Sie Sherlock also eine noch höhere Dosis gegeben und andere Drogen dazugemischt?«, fragte ich grimmig.
    Molinas blickte in Savichs Augen und las darin seinen eigenen Tod. Da beugte er sich vor und erbrach sich auf den Fußboden.
    Savich trug Sherlock. Sie war jetzt wieder bei Bewusstsein, aber ihre Lider waren schwer, ihr Blick nur vage. Er hatte sie in sämtliche Decken gewickelt, die es in der kleinen Zelle gab. Ihre Stille war beunruhigend, sie machte mir Sorgen. Meine Sherlock mit ihrer

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